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Salomos letzte Geliebte

Salomos letzte Geliebte

Titel: Salomos letzte Geliebte
Autoren: Jason Dark
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Ich schwieg zunächst. Meine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. Vor mir auf dem Tisch stand bereits das zweite Bier, das hier, nach bayerischer Tradition, aber nahe der Themse, in Krügen serviert wurde.
    »Wer schaut mich denn an. Ist sie hübsch?«
    »Woher willst du wissen, dass es eine Frau ist?«
    Ich schob meine Sonnenbrille etwas nach unten. »Nun ja, für Männer bin ich wohl kaum interessant. Es sei denn, es geht um berufliche Angelegenheiten.«
    »Du kannst beruhigt sein. Es ist eine Frau.«
    Ich musste schmunzeln, und Glenda erriet meine Gedanken oder glaubte, sie zu erraten.
    »Bilde dir nichts darauf ein. Es ist alles andere als eine Super-Blondine. Kein Schuss für euch Männer, sondern...«
    »Nun mal langsam«, unterbrach ich sie. »Daran habe ich wirklich nicht gedacht.«
    »Sie sieht exotisch aus«, meldete Glenda. »Oder in gewisser Hinsicht«, schränkte sie schnell ein.
    »Wo sitzt sie?«
    »Wenn du dich nach rechts drehst, wirst du sie sehen können. Aber langsam bitte.«
    »Okay.« Ich musste den herrlichen Blick auf die Themse aufgeben und auf die feuchten Auen davor, denen die nicht mehr so hoch stehende Sonne einen butterblumengelben Glanz verlieh. Auch das rollende Wasser verlor ich aus den Augen, ebenso die zahlreichen Schiffe, die durch die Fluten zogen, wobei die Ausflugsdampfer bei diesem Wetter in der Überzahl waren.
    Ich bewegte mich nicht zu auffällig, sondern langsam und dehnte in der Bewegung meine Beine. Auch die Arme reckte ich in die Höhe. So erinnerte ich mehr an einen Menschen, der zu lange gesessen hat und sich strecken musste.
    Glenda und ich waren nicht die einzigen Gäste in diesem Biergarten an der Themse. Er war gut besucht. An den grün gestrichenen Tischen mit den hellen Stühlen davor saßen die Menschen, tranken, aßen hin und wieder etwas, unterhielten sich und genossen diesen wunderbaren Samstag im Juli, der auch Glenda und mich nach draußen getrieben hatte. Was wir am Abend machten, wenn sich die Sonne im Westen versteckte, das wussten wir noch nicht, aber irgendwie würden wir die Stunden schon herumbekommen.
    Die Frau, von der Glenda gesprochen hatte, sah ich an keinem der Tische. Sie wäre mir sicherlich aufgefallen. Ich wollte bei Glenda schon nachfragen, als ich sie doch noch entdeckte.
    Sie saß auf einer Mauer, die wie der Teil einer alten Römerruine aus dem grünen Boden hervorragte. Warum die Mauer dort stand, wusste wohl keiner der Gäste. Da hätte man schon den Betreiber des Lokals und des Biergartens fragen müssen, wobei es kein normales Restaurant war, sondern eine Art Blockhütte mit Grillstelle und Zapfanlage. Im Winter wurde sie sicherlich eingemottet, doch jetzt im Sommer war sie voll in Betrieb, denn es zog zahlreiche Menschen in diese Gegend.
    Möglicherweise war die Mauer auch gegen Hochwasser gebaut worden, wie auch immer. Nun aber war sie tatsächlich von einer Frau besetzt, die in unsere Richtung schaute und den Kopf auch nicht drehte, als sich unsere Blicke begegneten. Sie war allerdings zu weit weg, als dass ich ihren Augenausdruck hätte erkennen können. Es stand nur fest, dass sie uns beobachtete.
    Wie gesagt, sie saß auf der Mauer und ließ die Füße baumeln. Sie bewegte sich leicht hin und her. Neben ihr stand ein mit einer roten Flüssigkeit gefülltes Glas. Es konnte Wein oder Traubensaft sein. Eine Rolle spielte das nicht.
    »Ich sehe sie«, sagte ich.
    »Und? Was sagst du?«
    »Nicht viel.«
    »Das ist keine Antwort, John.«
    »Ich kenne sie nicht.«
    Glenda stöhnte leise auf. »Aber du wirst mir doch zugestehen, dass sie alles andere als normal aussieht. Im Vergleich zu den anderen Gästen hier.«
    »Das schon«, gab ich zu. »Nur denke ich, dass es in London eine multikulturelle Gesellschaft gibt, da fallen exotische Menschen kaum auf.«
    »Stimmt. Aber warum schaut sie uns an?«
    Ich sah die Dinge nicht so eng wie Glenda. Trotzdem betrachtete ich mir die Frau genauer. Sie trug auf keinen Fall eine für Biergärten typische Kleidung, sondern war mit einem langen Gewand bekleidet, das ich nicht als normales Kleid ansah. Es bestand aus braunem Stoff und war mit schmalen Goldfäden durchwebt, was allerdings eine Täuschung sein und auch am Sonnenlicht liegen konnte, das die Frau auf der Mauer beschien. Um ihren Hals hatte sie eine Kette gelegt. An den nackten Füßen trug sie flache Sandalen. Das dunkle Haar wuchs sehr massig auf ihrem Kopf und sah aus wie ein krauser Turban.
    Ihre Haut zeigte einen dunklen Ton.
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