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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts
Autoren: Nadine Kühnemann
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meine Rufe hatte ich meinen Standort verraten. Ein Unterarm schlang sich um meine Kehle und drückte mich zu Boden.
    »Ihr habt einen Kompass, oder? Wo ist er?«, zischte mir mein Peiniger kalt ins Ohr. Ich wunderte mich über die Sprache, die er benutzte – Alvisch, jene alte Sprache, die heute nicht mehr in Gebrauch war. Man hatte sie mich an der Akademie gelehrt.
    Ich antwortete nicht, das hätte ich auch gar nicht gekonnt, denn der Kerl drückte mir die Luft ab. Er presste mich mit seinem massigen Körper auf den Boden, bis ich rücklings unter ihm begraben lag. Ich hörte meine Wirbelsäule knacken, doch ich ignorierte den Schmerz.
    Er hielt mich mit einem Arm im Würgegriff, mit der freien Hand schlug er mir ins Gesicht. Er traf mich nicht perfekt, seine Faust rutschte an meinem Kieferknochen ab. Bunte Punkte tanzten vor meinen Augen, einen Moment war ich benommen. Einer meiner Arme lag unter mir eingeklemmt, den anderen riss ich mit zur Faust geballter Hand blindlings nach oben. Ich traf seinen Mund und spürte, wie seine Zähne über meine Fingerknöchel schrammten. Der Druck auf meine Kehle ließ nach. Mir gelang es, meinen eingeklemmten Arm unter meinem Körper hervorzuziehen. Mit beiden Fäusten bearbeitete ich die Rippen meines über mir hockenden Gegners. Er heulte zornig auf, doch das darauffolgende Knurren verriet mir, dass er den Kampf noch nicht als beendet betrachtete.
    Erneut schlossen sich seine Hände um meinen Hals. Er war zu schwer, um ihn von mir zu stoßen. Ylenia stöhnte, irgendwo direkt neben mir. Einen Augenblick später hörte ich Knochen knacken, gleichzeitig zuckte mein Peiniger zusammen. Wieder stöhnte Ylenia, und wieder zuckte der Kerl. Ich vermutete, dass sie mit einem Gegenstand nach seinem Kopf schlug. Warmes Blut regnete auf mich herab, doch der Widerling dachte nicht daran, aufzugeben. Er drohte, mich zu erwürgen. Er kämpfte ohne Zurückhaltung oder Angst um den eigenen Leib. Welchem Wahnsinn war er erlegen?
    Ylenia stieß einen wütenden Laut aus. Ich nahm an, sie hämmerte noch immer auf ihn ein. Doch er kümmerte sich nicht um den zusätzlichen Angreifer. Vermutlich wollte er zuerst mich töten, weil er wusste, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde. Tatsächlich wurde mir bereits schwindlig, meine Gedanken sickerten nur noch schwerfällig durch mein Bewusstsein.
    Norrizz, wo bist du, wenn man dich braucht?
    Er hatte mir auch zuvor schon das Leben gerettet, weshalb half er mir jetzt nicht?
    Mein Angreifer nahm eine Hand von meinem Hals, um nach Ylenia in seinem Rücken zu schlagen. Sie heulte auf.
    Mein unabdingbarer Lebenswille regte sich erneut. Ich nutzte den Moment seiner Unaufmerksamkeit und rammte ihm eine Faust in den Bauch. Ich wäre ihm unterlegen gewesen, wenn Arc in diesem Moment nicht neben mir aufgetaucht wäre und ihn von mir hinuntergerissen hätte.
    Ich vernahm einen Schuss aus nächster Nähe, gefolgt von einem Gurgeln. Erneut spritzte Blut auf mich herab. Der leblose Körper des Wahnsinnigen fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
    »Ylenia!« Ich schrie ihren Namen voller Verzweiflung, doch meiner geschundenen Kehle entwich nur ein heiseres Krächzen. Ich bekam keine Antwort. Eiskalte Angst lief mir als Schauder über den Rücken. Hatte der Kerl sie schwer verletzt, als er sie von sich heruntergestoßen hatte? Ich tastete den Boden um mich herum ab, bekam aber nichts zu fassen. Warmes Blut lief mir die Arme hinab. Die Wunde, die mir der erste Angreifer ins Fleisch geschlagen hatte, pochte unerbittlich, doch meine Todesangst ließ mich die Schmerzen vergessen.
    Dann riss mich etwas am Kragen hoch, etwas, das unvorstellbar stark sein musste, weil es mich wie eine Puppe emporheben konnte. Ich schlug und trat um mich, doch dann stieg mir der Geruch von Kettenfett in die Nase. Ich hörte metallisches Knirschen von Gelenken. Arc umfasste meine Taille und trug mich davon.
    »Hier sind noch mehr von ihnen«, sagte er. »Wir müssen schnell verschwinden.«
    »Ich kann allein laufen.«
    »Aber nicht schnell genug. Wir dürfen uns nicht verlieren.«
    »Wo ist Ylenia?«
    »Über meiner Schulter. Sie lebt.«
    Erleichterung brandete über mich hinweg.
    Ich ließ mich widerstandslos von Arc aus der Gefahrenzone tragen. Er setzte mich zurück auf meine Füße. Wir gaben uns die Hände, um uns nicht zu verlieren. Mit jedem Schritt wehte der Geruch von Ylenia zu mir herüber.
    Hinter uns hörte ich das wütende Gebrüll mehrerer Männer. Sie verfolgten uns.
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