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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts
Autoren: Nadine Kühnemann
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dass sich nicht jemand einen Scherz mit dir erlaubt hat?«, keifte er mit einer Stimme, von der ich gar nicht wusste, dass ich sie besaß.
    »Weil alles zusammenpasst. Er hat mir genaustens erläutert, wie der Kompass funktioniert. Du wirst schon sehen, dass ich nicht lüge.«
    Norrizz stieß ein tiefes Knurren aus. »Und wie lange weißt du schon, dass Arc diesen Kompass birgt?«
    »Erst seit ein paar Tagen. Aber ich kommuniziere schon seit Langem mit diesem Wesen jenseits der Dunkelheit . Er hat mir geheißen, dich und Arc hierher zu führen.«
    Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Auch Norrizz benötigte mehrere Sekunden, um ihre Bedeutung in sich aufzunehmen. Ylenia hatte diese Reise geplant? Weshalb?
    »Soll das bedeuten, du hast von Anfang an gewusst, dass die Dunkelheit unser Ziel ist?«
    Ylenia antwortete nicht, aber ihr Schweigen war deutlich genug. Eine Weile sagte niemand ein Wort. Norrizz und ich spürten, dass uns keine andere Wahl blieb, als Ylenia vorerst zu folgen. Ich zermarterte mir den Kopf darüber, wie sie es geschafft haben konnte, mit jemandem auf der anderen Seite der Dunkelheit zu sprechen, kam jedoch zu keinem befriedigenden Schluss. Ylenia beherrschte keine Magie. Vielleicht war sie verrückt. Ich würde alsbald keine Antwort erhalten, zumindest nicht, solange Norrizz noch die Oberhand behielt.
    »Lass uns gehen«, sagte Ylenia nach einer Pause. »Nimm meine Hand, Arc kann deine andere Hand nehmen. Ich erkläre dir alles, wenn wir hier raus sind. Das verspreche ich dir. Du wirst die Rache bekommen, von der du träumst.«
    »Rache?«
    »Ja, Rache. Rache an denjenigen, die dich behandelt haben wie Dreck.«
    Norrizz ließ sich von Ylenia an die Hand nehmen wie ein Kind. Arc tastete ebenfalls nach ihm, bekam seinen Arm zu fassen und griff nach seiner anderen Hand. Gemeinsam setzte sich der Tross in Bewegung.
    »Du sprichst in Rätseln, meine Liebe.«
    »Du wirst es bald verstehen.«
    Norrizz sagte nichts mehr. Ich hingegen hätte ihr liebend gern noch tausend Fragen gestellt. Weil Ylenia mir das Ziel unserer Reise vorenthalten hatte, fühlte ich mich hintergangen. Ich hatte geglaubt, wir vertrauten einander. Sie sagte, dass sie mich liebte … Ich war mit der Situation heillos überfordert, in meinem Gehirn rotierte es. Vorerst zwang ich mich, Ruhe zu bewahren und die weiteren Ereignisse abzuwarten.
    Schon bald verlor ich mein Zeitgefühl. Ich wusste nicht, ob wir uns eine Stunde oder schon einen ganzen Tag im Gänsemarsch vorwärtsbewegten. Ich langweilte mich, weil meine Augen und Ohren arbeitslos waren. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich in meine Gedanken zu vergraben. Norrizz hatte keinen Versuch mehr unternommen, Ylenia Informationen zu entlocken. Anfangs hatte ich mich darüber geärgert, mittlerweile ergab ich mich in mein Schicksal. Einzig Arc sprach noch ein weiteres Mal. Er teilte uns mit, ihm käme die Dunkelheit bekannt vor und er habe das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein. Ich hatte immer geglaubt, ein Technoid speicherte jedes Detail seines Lebens in seinem halbmechanischen Gehirn ab, aber scheinbar hatte ich mich in diesem Punkt geirrt. Kannte ich meinen Freund überhaupt?
    Ich grübelte eingehender über die Details unserer prekären Situation nach. Nach Ylenias Aussage existierte also jemand, der jenseits der Dunkelheit lebte. Dieser Jemand hatte – wie auch immer – mit Ylenia Kontakt aufgenommen und sie darum gebeten, mit mir und Arc hierher zu kommen. Aber weshalb? Was machte Ylenia so sicher, dass dieses Wesen uns nichts Böses antun wollte? Seit wann genau hatte Ylenia gewusst, wohin uns die Reise führen würde? Was hatte der mysteriöse Fremde ihr dafür versprochen? Ylenia war nicht der Typ Mensch, der etwas tat, um anderen einen Gefallen zu tun. Und zu guter Letzt: Was hatte sie damit gemeint, als sie sagte, ich bekäme Gelegenheit zur Rache? Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, ganz und gar nicht. Doch all meine Fragen blieben unbeantwortet, weil Norrizz sich nicht bemüßigt fühlte, sie zu stellen. Er schien die Dinge auf sich zukommen lassen zu wollen. Mich machte es wahnsinnig, nicht zu wissen, was mir bevorstand.
    Irgendwann entschieden wir, eine Rast einzulegen. Eine bleierne Müdigkeit ergriff von Norrizz Besitz, das spürte ich durch den Schleier der Barriere zwischen uns. Ich sah, wie der kleine Lichtpunkt, der die ganze Zeit über in Ylenias Hand geblitzt hatte, verschwand. Vermutlich hatte sie den Kompass in die Tasche ihres
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