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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts
Autoren: Nadine Kühnemann
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Obwohl ich nicht gläubig war, betete ich zum heiligen Sinjar. Ich wollte hier nicht sterben.
    Wir rannten und rannten. Arc ächzte und ich merkte ihm deutlich an, dass auch seine Kräfte bald erschöpft sein würden.
    »Wir finden den Weg nicht ohne den Kompass.« Der Gedanke schoss mir in die Glieder wie eine Gewehrkugel. »Wir sind verloren. Wo ist das Teil?«
    »Ich halte den Kompass in der Hand, mit der ich Ylenias Beine festhalte.«
    Ich hätte Arc in diesem Moment am liebsten gedrückt und geküsst, doch uns blieb dazu keine Zeit. Meine Lungen brannten und allmählich drohten die Schmerzen, mich zu übermannen. Mit letzter Kraft schleppte ich mich voran. Ich fühlte mich einer Ohnmacht nahe, jeder Schritt wurde zur Qual.
    Dann stach mir jäh helles Licht in die Augen. Unser Austritt aus der Dunkelheit vollzog sich ebenso rasch und abrupt wie unser Eintritt. Ich hielt mir die Hand vor das Gesicht, dennoch liefen mir Tränen die Wangen hinab. Arc zog mich noch einige Schritte von der schwarzen Wand weg, die hinter uns bedrohlich in den Himmel aufragte. Als mein Blick sich schärfte, griff ich sofort nach Ylenia und zog sie von Arcs Schulter herunter. Sie glitt schlaff in meine Arme. Ich drückte sie an mich und vergrub meine Nase in ihrem Haar. Sie atmete. Ihre Hand glitt zu meinem Hals hinauf. Ihre Haut fühlte sich kalt an.
    »Du bist wach«, hauchte ich.
    »Ja.« Tränen flossen ihre Wangen hinab.
    »Bist du verletzt?«
    »Ich habe einen Schlag auf den Kopf bekommen. Mein Schädel scheint zerspringen zu wollen.« Sie rang sich ein gequältes Lächeln ab. Ich war unendlich glücklich, sie lebend in meinen Armen zu halten. Auch ich vermochte die Tränen nicht länger zurückzuhalten. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich Arc einige Schritte entfernte. Er ließ uns in diesem innigen Moment allein. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchflutete mich. Ich hatte nicht einmal Augen für meine Umgebung.
    »Fyn, was war das?« Ylenia klang weinerlich, zerbrechlich.
    »Ich nehme an, es waren Verrückte, die ohne einen Kompass in der Dunkelheit umhergeirrt sind. Sie müssen uns gefolgt sein. Die Angst hat sie in den Wahnsinn getrieben.«
    Ich hätte Ylenia Vorwürfe machen können, weil sie uns mit ihrem Abenteuergeist in Gefahr gebracht hatte, doch sämtliche Wut auf sie verblasste im Licht der Ereignisse. Wir lebten noch.
    Sie hob ihren Kopf an mein Gesicht und küsste mich. Trotz der Schmerzen durchzuckte mich ein Hochgefühl. Ich sog ihren Duft ein und verlor mich in diesem Augenblick. Heiße Tränen rannen über meine Wangen und vermischten sich mit ihren.
    Nachdem sich unsere Lippen voneinander gelöst hatten, wagte ich einen Blick in unsere Umgebung.
    Wir befanden uns in einer unwirtlichen Gesteinswüste. Schroffe Felsen unterschiedlicher Größe umgaben uns. So weit das Auge reichte, sah ich nichts anderes als Steine. Roter Sand breitete sich unter unseren Füßen aus. Obwohl die Gegend gemeinhin als trist und öde gegolten hätte, erfreute ich mich an ihren Formen und Farben in einem Maß, das ich nie für möglich gehalten hatte. Selbst Grauschattierungen erstrahlten nach der tagelangen Finsternis wie ein Regenbogen vor meinen Augen. Als ich mich umdrehte, ragte die schwarze Wand hinter mir auf. Ich schauderte und wandte mich ab. Wir befanden uns auf der anderen Seite der Dunkelheit , daran bestand kein Zweifel.
    »Ich fürchte mich vor dem Rückweg«, sagte ich. »Ich möchte das nicht noch einmal durchleben, aber uns wird nichts anderes übrig bleiben.« Meine Worte schockierten mich, als ob mir die Wahrheit dahinter erst jetzt bewusst wurde.
    Ylenia schluchzte. Frische Tränen rollten ihren Hals hinab. Sie weinte so bitterlich, dass es mir das Herz zerriss.
    »Wir können nicht zurückgehen. Es darf nicht umsonst gewesen sein. O Fyn, es tut mir so leid.« Ein erneutes Schluchzen schüttelte sie. »Ich habe dir so viel antun müssen, habe so viel geopfert, um meinem Ziel näher zu kommen. Ich habe dich getäuscht, und sehr bald wirst du erfahren, weshalb.« Sie schnappte nach Luft und wischte sich über das nasse Gesicht. »Egal, was auch passiert, du darfst nie vergessen, dass ich dich trotzdem geliebt habe, versprichst du mir das?«
    Ich blieb stumm. In Ermangelung einer Antwort küsste ich sie erneut, denn mir blieben sämtliche Worte im Hals stecken.
    In jenem Moment war mir weder klar, was Ylenia mit ihren seltsamen Andeutungen gemeint haben könnte noch dachte ich über die Gefahren nach, die uns
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