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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic
Autoren: William Gibson
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Rydell, »wem gehört die Karre hier eigentlich?«
    Creedmore verstummte. Rydell spürte, dass er nervös wurde.
    Rydell hatte sich von Anfang an gefragt, ob der Wagen nicht gestohlen sein könnte. Aber eigentlich hatte er nicht darüber nachdenken wollen, weil er irgendwie nach Nordkalifornien kommen musste. Ein Flugticket hätte er von seiner Abfindung vom Lucky Dragon bezahlen müssen, und damit musste er besonders spar-31
    sam umgehen, bis er festgestellt hatte, ob an dieser Geschichte von Yamasaki, dass er in San Francisco Geld verdienen könnte, was dran war.
    Yamasaki war unergründlich, sagte sich Rydell. Er hatte nie kapiert, was der Mann eigentlich machte. Soweit er wusste, war er so was wie ein freiberuflicher japanischer Anthropologe, der Amerikaner studierte. Vielleicht das japanische Gegenstück der von Lucky Dragon angeheuerten Amerikaner, die ihnen den Floh mit dem Gehweg-Check ins Ohr gesetzt hatten. Guter Mann, dieser Yamasaki, aber schwer zu sagen, was für ein Typ er war. Bei seinem letzten telefonischen Kontakt mit Yamasaki hatte der ihn gebeten, ihm einen Netzläufer zu besorgen, und Rydell hatte ihm diesen Laney geschickt, einen quantitativen Rechercheur, der gerade bei Slitscan aufgehört und im Chateau rum gehockt, Trübsal geblasen und eine gepfefferte Rechnung angehäuft hatte. Laney hatte den Job angenommen und war nach Tokio gegangen, und Rydell war daraufhin gefeuert worden, wegen »Fraternisierens«
    mit den Gästen, wie sie es nannten. So kam es, dass Rydell als Nachtwächter in einem Gemischtwarenladen gelandet war – weil er versucht hatte, Yamasaki zu helfen.
    Jetzt fuhr er mit diesem Hawker-Aichi-Roadster die Five entlang, wobei sein Platz ganz eindeutig hinterm Lenkrad war, hatte keine Ahnung, was ihn erwartete, und fragte sich halb, ob er nicht im Begriff stand, ein gestohlenes Fahrzeug über eine Staats-grenze zu befördern. Und alles, weil Yamasaki sagte, dass eben jener Laney drüben in Tokio ihn für irgendeine Feldarbeit enga-gieren wollte. So hatte Yamasaki es genannt, »Feldarbeit«.
    Und das hatte Rydell genügt – nach einem Gespräch mit Durius.
    Rydell hatte den Lucky Dragon sowieso langsam satt. Mit Mr.
    Park war er nie besonders klargekommen, und in seinen Hinterhofpausen nach dem allmorgendlichen Gehweg-Check hatte er sich allmählich richtig elend gefühlt. Das Grundstück, auf das der Lucky Dragon gestellt worden war, grub sich sozusagen in den 32
    Fuß des dortigen Hangs hinein, und irgendwann hatte man die nackte, beinahe senkrechte Schnittfläche mit irgendeinem merkwürdigen, grauen, gummiartigen Polymerisat erdbebensicher gemacht, einem zähflüssigen, niemals ganz aushärtenden Material, das die Erde dahinter verklebte und alles, was man dagegenwarf oder darandrückte, wie sommerwarmer Teer festhielt. Das Polymerisat war mit Radkappen übersät, weil hier früher Autos gestanden hatten. Mit Radkappen, Flaschen und anderem, undefi-nierbarem Müll. In der Niedergeschlagenheit, die sich in seinen Hinterhofpausen zunehmend auf ihn herabgesenkt hatte, sammelte er immer eine Hand voll Steine auf, stellte sich hin und schleuderte sie mit aller Kraft in das Polymerisat. Sie schlugen nahezu geräuschlos auf und verschwanden vollständig. Sie bohrten sich tief hinein in das Zeug, und dann schloss es sich über ihnen, als ob nichts geschehen wäre. Und Rydell hatte angefangen, darin ein Symbol für allgemeinere Dinge zu sehen: Er war auf seinem Weg durch die Welt wie diese Steine, und das Polymerisat war wie das Leben, das sich über ihm schloss, ohne die geringste Spur von seiner Anwesenheit zu hinterlassen.
    Und wenn Durius nach hinten kam, um selber Pause zu machen und Rydell zu sagen, dass er wieder nach vorn gehen sollte, traf er Rydell manchmal so an, beim Steine werfen.
    »Ziel auf ‘ne Radkappe, Mann«, riet Durius ihm dann, »zer-schmeiß ‘ne Flasche.«
    Aber das wollte Rydell nicht.
    Und als Rydell ihm von Yamasaki und Laney erzählte und sagte, er könne in San Francisco vielleicht ein bisschen Kohle machen, hörte Durius aufmerksam zu, stellte ein paar Fragen und riet Rydell dann, es einfach zu tun.
    »Und was ist mit meinem sicheren Arbeitsplatz?« fragte Rydell.
    »Sicherer Arbeitsplatz? Bei dem Scheißjob hier? Hast du sie nicht mehr alle?«
    »Aber die Sozialleistungen«, konterte Rydell.
    »Hast du schon mal versucht, die Krankenversicherung in An-33
    spruch zu nehmen, die dir hier vertraglich zusteht? Dazu müsstest du nach Tijuana
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