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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic
Autoren: William Gibson
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rüber.«
    »Na ja«, meinte Rydell, »ich will nicht einfach so kündigen.«
    »Das kommt daher, dass sie dich in deinen letzten Jobs immer gefeuert haben«, erklärte Durius. »Ich hab deinen Lebenslauf gesehen.«
    Also überreichte Rydell Mr. Park seine Kündigung, und Mr.
    Park feuerte ihn prompt und begründete dies mit zahlreichen Verstößen Rydells gegen die Firmenpolitik von Lucky Dragon; unter anderem habe er sogar einer Frau, die auf dem Sunset die Kontrolle über ihren Wagen verloren hatte, ärztliche Hilfe angeboten, was die Mutterfirma des Lucky Dragon in einen kostspieligen Versicherungsprozess hätte verwickeln können, behauptete Mr.
    Park.
    »Aber sie ist aus eigener Kraft hier reingekommen«, protestierte Rydell. »Ich hab ihr nur ‘ne Flasche Eistee angeboten und die Verkehrspolizei gerufen.«
    »Cleverer Anwalt behaupten, Eistee verursachen systemischen Schock.«
    »Schock? So ‘n Quatsch.«
    Aber Mr. Park hatte gewusst, dass der letzte Gehaltsscheck kleiner ausfallen würde, wenn er Rydell feuerte, als wenn Rydell kündigte.
    Praisegod, die total sentimental werden konnte, wenn jemand ging, hatte geheult, ihn an ihr Herz gedrückt und ihm dann, als er den Laden verließ, eine brasilianische GPS-Sonnenbrille mit eingebautem Telefon und AM-FM-Radio zugeschoben, so ziemlich den teuersten Artikel, den der Lucky Dragon führte. Rydell hatte sie nicht annehmen wollen, weil er wusste, dass ihr Fehlen bei der nächsten Inventur auffallen würde.
    »Scheiß auf die Inventur«, hatte Praisegod gesagt.
    In seinem Zimmer über Mrs. Siekevitzs Garage, sechs Blocks entfernt und gleich unterhalb vom Sunset, hatte Rydell sich anschließend auf seinem schmalen Bett ausgestreckt und ver-34
    sucht, das Radio in der Brille in Gang zu setzen. Er bekam aber nur atmosphärisches Rauschen herein, leicht moduliert von Ma-riachi-Musik oder etwas Ähnlichem.
    Mit dem GPS, das über ein Wipptastenfeld im rechten Bügel zu bedienen war, hatte er ein bisschen mehr Glück. Der Fünfzehn-Kanal-Empfänger schien prima zu funktionieren, aber die Be-dienungsanleitung war offenbar schlecht übersetzt, und Rydell konnte nur auf einen einzigen Stadtplan zoomen und wieder zurückfahren – einen Stadtplan von Rio, wie er rasch feststellte, nicht von L. A. Trotzdem, dachte er, als er die Brille abnahm, das würde er schon hinkriegen. Dann hatte das Telefon in der linken Schläfe gepiept, und er hatte die Brille wieder aufgesetzt.
    »Ja?«
    »Rydell, he.«
    »He, Durius.«
    »Hast du Lust, morgen mit ‘ner hübschen neuen Karre nach Nordkalifornien zu düsen?«
    »Wer will dahin?«
    »Creedmore heißt der Kerl. Bekannter von ‘nem Bekannten aus dem Programm.«
    Ein Onkel von Rydell war Freimaurer gewesen, und das Programm, an dem Durius da teilnahm, erinnerte ihn daran. »Ja?
    Also, ich meine, ist er in Ordnung?«
    »‘scheinlich nicht«, hatte Durius fröhlich erwidert, »deswegen braucht er ja ‘nen Fahrer. Aber dieser drei Wochen alte ‘lektro muss da rauf geschafft werden, und er sagt, er fährt sich gut. Du warst doch mal Fahrer, oder?«
    »Ja.«
    »Tja, das kostet dich nichts. Dieser Creedmore zahlt die Ge-bühr.«
    Darum fand sich Rydell nun hinter dem Lenkrad eines Hawker-Aichi-Zweisitzers wieder, eines dieser flachen, langen Keile aus Hochleistungsmaterialien, die abzüglich ihrer menschlichen Fracht wahrscheinlich so viel wogen wie zwei kleine Motorräder.
    35
    Das Ding schien kein Gramm Metall dranzuhaben, sondern nur aus stromlinienförmigen, mit Kohlefaser verstärkten Schaum-stoffkernsandwiches zu bestehen. Der Motor saß hinten, und die Treibstoffzellen waren in den Schaumstoffsandwiches verteilt, die gleichzeitig als Chassis und Karosserie dienten. Rydell wollte lieber nicht wissen, was passieren würde, wenn man mit so einem Gerät irgendwo gegenfuhr.
    Es war jedoch praktisch lautlos, fuhr sich prima und schoss mit einem Höllentempo dahin, wenn es erst mal auf Touren gekommen war. Etwas daran erinnerte Rydell an ein Liegefahrrad, das er einmal gefahren hatte, nur dass man nicht treten musste.
    »Du hast mir immer noch nicht gesagt, wem der Wagen ge-hört«, rief er Creedmore in Erinnerung, der gerade die letzten zwei Fingerbreit Wodka gekippt hatte.
    »Freund von mir«, antwortete Creedmore, fuhr das Fenster auf seiner Seite runter und warf die leere Flasche raus.
    »He«, sagte Rydell, »das kostet zehntausend Dollar, wenn du erwischt wirst.«
    »Die können uns mal an die Füße fassen, das können sie«,
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