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Furor

Furor

Titel: Furor
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHD) zu heilen? Man denke an Vigil ( P rovigil), eine Tablette, die Menschen mit Narkolepsie und anderen Schlafstörungen hilft, ihren Schlaf zu regulieren. Diese Tabletten werden auch von Yuppies eingenommen, die eine durchfeierte Nacht hinter sich und einen arbeitsreichen Tag vor sich haben, oder von Soldaten hinter den feindlichen Linien, die über Tage in ständiger Alarmbereitschaft und einsatzbereit sein müssen.
    Natürlich werden psychoaktive Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Haschisch oder Heroin seit Menschengedenken konsumiert: zur Entspannung, um zu vergessen, um zu träumen oder um Selbstvertrauen aufzubauen. Neu ist jedoch das Designen von immer zielgerichteteren, effizienteren, raffinierteren Drogen, die weniger unangenehme Nebenwirkungen haben – etwa Sucht oder Kater – und auf eine sehr spezifische Weise wirken. ›Furor‹ beschreibt die katastrophalen Folgen einer Droge, die Solidaritätsgefühle innerhalb einer Gruppe von Soldaten verstärken und gleichzeitig Misstrauen und Paranoia gegenüber allen anderen hervorrufen soll. Auch wenn es ein solches Mittel derzeit noch nicht gibt: Es ist im Bereich des Möglichen. Ob diese Droge aus rein praktischer Sicht tatsächlich erstrebenswert wäre, etwa um Armeen zu kontrollieren, ist eine andere Frage.
    Große Hoffnung hatten Geheimdienste und Agenten weltweit auf sogenannte Wahrheitsdrogen gesetzt – allerdings vergeblich. Sie funktionieren nicht. Sodium Amytal , das sogenannte »Wahrheits-Serum«, hat sich bei Versuchen, Informationenaus unwilligen Personen zu holen, als unzuverlässig erwiesen. Unter dem Einfluss von Sodium-Amytal fängt der Befragte zwar an zu plaudern, doch was ausgeplaudert wird, ist meist ausgemachter Unsinn oder erfunden. Man verrät schließlich unter Narkose im Operationssaal dem Chirurgen auch nicht die Nummer seines Schweizer Bankkontos oder seine Liebesaffären.
    Doch statt aus jemandem die Wahrheit herauszuzwingen, lässt sich ein Gehirn durchaus der Lügen überführen. Es ist möglich, dass bildgebende Verfahren zeigen könnten, ob eine bestimmte Hirnregion aktiv ist, wenn eine Person bewusst lügt. Man könnte sich dies als Lügendetektor vorstellen, der jedoch verlässlicher funktioniert als die klassischen Geräte, die die Hautfeuchtigkeit, den Blutdruck oder die Herzschläge überwachen, und so prüfen, ob man sich aufgrund einer Lüge aufregt. Aber auch Hirnbilder könnten hier möglicherweise versagen, wenn Gewohnheitslügner oder Soziopathen befragt werden, die sich beim Lügen nicht aufregen.
    Und was ist mit noch weitergehenden Technologien? Wissenschaftlerteams in den USA leisten bereits jetzt bahnbrechende Arbeiten mit Neuro-Prothesen, die im Schädel in die Hirnsubstanz implantiert werden, um gelähmten Patienten zu ermöglichen, einen Rollstuhl oder einen Roboter allein über die Gedanken zu kontrollieren. Mit experimentellen Untersuchungen an Affen wurden bereits Hirnsignale identifiziert, die vom sensomotorischen zum motorischen Großhirnbereich gehen und für spezifische Bewegungen der Augen oder Glieder verantwortlich sind. Mit Hilfe einer Anordnung von Elektroden, die die elektrische Aktivität von Nervenzellen abhorchen, lässt sich zum Beispiel bestimmen, ob der Affe seine Hand hebt oder senkt, ob er sie nach links oder rechts bewegt. Dem Tier kann nun beigebracht werden, einen Cursor auf einem Bildschirm zu bewegen, indem es bloß an die Bewegung seiner Hand denkt.
    Auch den nächsten Schritt hat eine neu gegründete US-Firma, Cyberkinetics, inzwischen vollzogen: Im Rahmen einer klinischen Pilotstudie mit Patienten, die ihre Hände aufgrund einer Verletzung der Wirbelsäule, eines Schlaganfalls oder Muskeldystrophie nicht mehr benutzen können, hat sie ein elektronisches Gerät in die Hirnrinde einer Versuchsperson eingesetzt. Das Cyberkinetics-System soll Nervensignale lesen, mit denen Muskeln kontrolliert werden. Zu diesem Zeitpunkt versteht die Neurowissenschaft allerdings die stärker zentral kodierten Gedächtnis-Signale noch nicht, die für das Aufrufen von detaillierten Erinnerungen wie in dem Film ›Paychek – Die Abrechnung‹, oder eben für Christian Raabes Memo-Scanner in ›Furor‹ notwendig sind.
    Andere Geräte wurden entworfen, um Signale in die Hirnrinde zu senden, die die fehlenden Informationen zerstörter Augen oder Ohren ersetzen sollen. Wird die Sehrinde, der visuelle Cortex, über eine dort eingepflanzte Gruppe von
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