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Furor

Furor

Titel: Furor
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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eine Woge des Zorns, die ihn alle Vorsätze vergessen ließ.
    »Dein Freund?«, schrie er Wallroth an. »Dein Freund? Wieso hast du ihm dann nicht geholfen, oder Hilfe geholt?«
    »Ich habe keine Hilfe geholt«, erklärte Wallroth, »weil ich wusste, was dein Vater getan hatte. Er war ein konsequenter Mann. Ich war sicher, dass er das, was er vorhatte, gründlich zu Ende bringen würde.«
    »Was meinst du damit?«
    »Er wollte sein Gehirn zerstören.«
    Sebastian war einen Augenblick verwirrt. Beharrte Wallroth darauf, dass sein Vater sich selbst umgebracht hatte? Aber er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Es gab noch mehr zu klären.
    »Du hast doch nur darauf gewartet, dass er endlich sein Ziel erreichte. Du hast hier gesessen, meinem Vater auf die Finger geschaut und auf jeden Hinweis geachtet, auf jede verräterische Silbe in einer zufälligen Äußerung meines Vaters, immer in der Hoffnung, er könnte dir und deinen sauberen Freunden endlich die Möglichkeit in die Hand geben, Erinnerungen von lebendigen Menschen aufzuzeichnen. Nicht wahr? Nicht wahr?«
    Wallroth schwieg.
    »Du hattest doch den Auftrag, ihn zu überwachen, oder?«, fuhr Sebastian fort. »Du wusstest doch, dass er es geschafft hatte, seine eigenen Erinnerungen aufzuzeichnen. Und du bist zu ihm gegangen und hast ihn aufgefordert, dir und deinen Freunden zu zeigen, wie es geht. Denn leider waren alle Daten nur auf seinem Computer gesichert. Auf seiner Festplatte – und in seinem Gehirn.«
    Der Wissenschaftler schüttelte den Kopf und setzte an, etwas zu sagen. Aber Sebastian ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Du und deine Freunde. Deine Freunde von der IS/STA. Ihr wolltet ihn zwingen und habt ihn getötet.«
    Wallroth öffnete den Mund, doch Sebastian überschrie ihn.
    »Gib es doch zu. Gib es endlich zu!« Er holte tief Luft.
    Wallroth, der jetzt zum ersten Mal die Gelegenheit gehabt hätte, zu sagen, was er schon die ganze Zeit hatte sagen wollen, schwieg. Er hatte die Zeigefinger beider Hände an seine Schläfen gelegt und schob die Haut hoch, dass sich über den Jochbeinen tiefe Falten bildeten. Sebastian schaute ihn gespannt und erregt an.
    Schließlich richtete Wallroth sich wieder auf.
    »Er hat sich uns mitsamt seinem Wissen entzogen. Er hat sich getötet und den Schädel eigenhändig zertrümmert. Er wollte sichergehen, dass niemand mehr aus seinem toten Gehirn Informationen würde gewinnen können. Nicht jetzt und niemals. Deshalb waren die Daten auf dem Rechner so wichtig.« Wallroth sah Sebastian jetzt direkt an.
    »Du willst wissen, warum dein Vater gestorben ist. Kennst du den Roman ›Die Fliege‹ von George Langelaan? Ich erzähle dir jetzt die Wahrheit. Du hast Recht. Dein Vater hatte Erfolg mit der Aufzeichnung von Erinnerungen eines lebenden Menschen. Und als uns das klar wurde, wollten wir die Technik von ihm. An dem Abend, an dem er starb, hatten wir einen heftigen Streit, und es war schließlich klar, dass er uns freiwillig nicht helfen würde. Ich drohte ihm tatsächlich damit, dass die Leute von der IS/STA ihn besuchen würden. Deinem Vater waren die Methoden der Abteilung bekannt. Ich erinnerte ihn an Koch und Berthold.« Wallroth lachte verächtlich.
    »Schließlich rief ich Dietz an, und der machte sich auf den Weg zum Institut. Deinem Vater war klar, was passieren würde«, fuhr Wallroth fort. »Er gab scheinbar klein bei und versprach, uns die Daten zu geben. Aber in Wahrheit wollte er auf jeden Fall verhindern, dass wir seine Ergebnisse bekamen. Und deshalb zog er seine Konsequenzen. Wenn er verhindernwollte, dass wir an die Daten herankamen, musste er alle Informationen zerstören.« Der Wissenschaftler schüttelte den Kopf, als könnte er noch immer nicht glauben, was er jetzt erzählen würde.
    »Er ging in sein Büro, angeblich um die Daten zu kopieren, und ich begleitete ihn. Aber als er bemerkte, dass ich ihn nicht allein lassen würde, erklärte er, er müsste auf die Toilette. Ich wartete und versuchte, den PC hochzufahren. Aber dein Vater kam nicht zurück. Dann tauchte Dietz auf, und wir suchten nach ihm. Als wir ihn Stunden später gefunden hatten, hatte er sein Gehirn zerstört – den einzigen Ort, wo wir außer auf seinem Computer nach Hinweisen auf seine Arbeit oder wenigstens auf das Passwort für seinen Computer hätten suchen können. Deshalb war er zum Fahrstuhl gegangen . . . Er benutzte keinen Presslufthammer wie dieser Wissenschaftler in dem Roman, sondern er zerstörte seinen Kopf
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