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Furor

Furor

Titel: Furor
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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geschenkt hätte. Warum nicht gleich uns Deutschen oder den Japanern? Ein Idealist.« Er schüttelte den Kopf. »Wir brauchten ihn und die anderen. Also mussten wir ihn und die drei Dummköpfe im Unklaren lassen. Und das war gut so. Wie haben die sich angestellt.« Wallroths Empörung war echt. »Dieser Trottel Koch wollte tatsächlich Selbstmord begehen. Hätte er das nur getan. Leider hat dein Vater ihn von der Idee abgebracht. Und Steadman – der arme Kerl hat seitdem keine einzige Studie mehr auf die Reihe gebracht.«
    Sebastian konnte es nicht fassen. Dieser Mann vor ihm hattesich jahrelang als Freund seines Vaters ausgegeben. Diesen Menschen hatte er selbst für einen väterlichen Freund gehalten.
    »Du bist verantwortlich für ein Massaker an den Bewohnern eines ganzen Dorfes. Du hast einen Massenmord organisiert!«
    »Unsinn. Meine Aufgabe war rein wissenschaftlicher Natur. Die Organisation, wie du es nennst, lag nicht in meinen Händen.« Wallroth wirkte jetzt wie in Gedanken versunken. Er sprach nicht zu Sebastian, sondern zum Fenster hinaus.
    »Das Projekt wurde damals zusammen mit einer Regierungsorganisation entwickelt«, fuhr er ruhig fort.
    Sebastian unterbrach ihn. »Der IS/STA?«
    Wallroth schaute auf und nickte. »Fast richtig. Die gab es in dieser Form damals noch nicht.« Er zeigte auf die Papiere in Sebastians Hand. »Es war ein Projekt mit dem Namen MKFUROR. Ein Beamter vom Bundesnachrichtendienst hat das Projekt damals organisiert, das Operationsgebiet ausgesucht und vorbereitet. In Zusammenarbeit mit den Amerikanern natürlich. Und dieser Beamte hat auch dafür gesorgt, dass diejenigen, die gefährlich waren, die ein Risiko für das Projekt oder die Verantwortlichen darstellten, keinen Schaden anrichten konnten. Koch und Berthold, die gingen mich nichts mehr an, nachdem der Versuch abgeschlossen war. Das war eine Sache, die nur Dietz etwas anging.«
    Wallroth hatte den Namen Dietz von sich aus genannt. Sebastian fühlte eine Woge der Erleichterung, die gegen seinen Zorn und Hass anbrandete. Wallroth hatte im Grunde soeben ein Geständnis abgelegt. Allerdings sah er es selbst wohl nicht ganz so. Denn ohne Anzeichen eines schlechten Gewissens erläuterte er Sebastian weiter, was damals geschehen war.
    »Du sagst ›Massenmord‹. Weißt du denn eigentlich, was in diesem Land, in Peru, für Zustände herrschten, als wir damalsdas Projekt dort begannen?« Wallroth gab sich selbst kopfschüttelnd die Antwort. »Dafür bist du noch zu jung. Aber schau doch mal in Richtung Balkan oder Sudan. Was dort los ist. Was bedeutet schon ein kleines Dorf mit ein paar unbedeutenden Menschen?«
    Wallroth sprach leise, aber eindringlich. »In Peru war das Leben eines Indios damals nichts wert. Was leisteten denn diese zurückgebliebenen Bauern auch für ihr Land oder für die Welt? Außerdem wurden sie sowieso ständig umgebracht, wenn nicht vom Militär, dann von den Guerilleros – von linken Idealisten. Was soll da das Aufhebens um ein einzelnes kleines Dorf? Weißt du, mit welcher Geschwindigkeit die Bevölkerung in diesen Ländern wächst? Und außerdem . . .«
    Wallroth sah Sebastian jetzt direkt an. »Außerdem plante das Militär dort sowieso eine Säuberungsaktion. Wir haben nur die Effizienz der Soldaten erhöht.«
    Der Blick des Forschers war eindringlich auf einen Punkt über Sebastians Nasenwurzel gerichtet, seine Gesichtshaut färbte sich langsam wieder von Weiß zu Rot.
    »Es gibt die Pflicht eines jeden Bürgers eines Gemeinwesens, seine Kraft in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen. Unsere Forschung diente und dient dazu, unser Land zu schützen. Ich bin Patriot!«
    Sebastian konnte nicht glauben, was er da hörte.
    »Patriot? Ich wusste nie so genau, was das eigentlich ist. Jemand, der selbst nicht genug leistet, um darauf stolz zu sein, und sich deshalb an seine Nationalität klammert, dachte ich immer. Jemand, der eine Fahnenstange braucht, um sich daran festzuhalten, weil ihm das Rückgrat fehlt, um aufrecht zu stehen. Aber dass es etwas so Widerliches, Ekliges, Menschenverachtendes . . .«
    »Und was meinst du wohl, welchen Zweck unsere Forschungdamals hatte?« Wallroth stand auf, beugte sich über den Tisch und fuhr ihn an. »Du scheinst doch so gut Bescheid zu wissen. Weißt du, worum es damals wirklich ging?« Mit beiden Händen schaufelte der Forscher Luft. Sebastian war sich seiner Sache zwar sicher, aber er war nun doch gespannt:
    »Du hast es mir ja bereits ansatzweise erklärt.
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