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Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer

Titel: Fuerchte nicht das tiefe blaue Meer
Autoren: April Genevieve Tucholke
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nett wie ich.« Luke war nach dem Frühstück nach Echo hinuntergegangen, um seiner neuesten Eroberung nachzustellen und zu versuchen, sie am helllichten Tag in dem Café zu begrapschen, in dem sie arbeitete.
    Ich zeigte aus dem Fenster. »Da hinten bei den Apfelbäumen führt ein Weg an dem stillgelegten Bahntunnel vorbei direkt zur Hauptstraße. Ich meine nur … falls du mal zu Fuß in die Stadt willst. Zum Einkaufen oder so. Du kannst natürlich auch deinen Wagen nehmen, aber es ist ein netter Spazier…«
    Ich begann rückwärts aus dem Schlafzimmer zu gehen, ohne den Satz beenden. Plötzlich kam ich mir blöd vor, weil ich so viel redete. Und wenn ich mir blöd vorkam, wurde ich rot. Und ich war mir sicher, dass es diesem aufmerksamen Jungen sofort auffallen würde, wenn meine Wangen sich rot färbten, und dass er auch den Grund dafür ahnen würde.
    »Ach so, die Haustür hat übrigens kein Schloss«, fuhr ich hektisch fort, als ich in das rettende Halbdunkel der Diele trat und meine kühlen Hände ans Gesicht hob. »Du kannst dir eines im Baumarkt besorgen, wenn du möchtest, aber hier ist noch nie etwas geklaut worden.« Ich hielt kurz inne. »Jedenfalls bis jetzt nicht.«
    Ohne seine Reaktion abzuwarten, verließ ich das Gästehaus, lief am eingestürzten Gewächshaus und am Tennisplatz vorbei, umrundete Citizen Kane, rannte die Einfahrt hinunter und bog dann auf die enge Schotterstraße ein, die zu dem einzigen anderen Haus in unserer Straße führte: dem von Sunshine.
    Ich brauchte jemanden, dem ich erzählen konnte, dass ein Junge in unser Gästehaus gezogen war, der sich wie ein Panther bewegte.

Drittes Kapitel
    Sunshine Black hatte weiche hellbraune Haare, die ihr bis zur Taille reichten, und Grübchen in ihren Ellbogen und Knien wie ein wohlgenährtes Baby.
    Sie saß auf der Veranda in ihrer Hollywoodschaukel, ließ ein Bein über die Armlehne baumeln, hielt ein Glas Eistee in der Hand und starrte Löcher in die Luft. Wir waren gleich alt und nicht unbedingt das, was man Freundinnen nennt, aber da wir außer uns keine anderen Nachbarn hatten, vermute ich mal, dass wir letztlich doch irgendwie Freundinnen waren.
    Als ich die schiefen Holzstufen (Sunshines Vater hatte das Haus selbst gebaut) hochstieg, sah sie mir entgegen und nahm das Bein von der Lehne, damit ich mich neben sie setzen konnte.
    »Hey, Violet. Was gibt’s?«
    »Ich habe Neuigkeiten.«
    Über uns stieß eine Krähe einen heiseren Schrei aus, und ich atmete den würzigen Duft der Kiefern ein, den man bei Sunshine stärker riechen konnte als bei uns, weil das kleine Haus weiter vom Meer entfernt inmitten der Bäume stand. Zu beiden Seiten der Veranda rankten sich Tomatenstauden, die ebenfalls ihr zart nach Erde duftendes Aroma verströmten, und ich atmete noch einmal tief ein.
    »Ach ja? Wo steckt Luke? Was macht er heute?«
    »Der gräbt bestimmt wieder Maddy an. Er weiß genau, wie widerlich ich es von ihm finde, dass er sich an sie rangemacht hat, und sie ist so dämlich, sich auch noch auf ihn einzulassen. Dabei tut er das nur, um mich zu ärgern. Ich habe nämlich irgendwann einmal zu ihm gesagt, wie süß ich sie finde, weil sie so etwas Unschuldiges an sich hat, ein bisschen wie eine Prinzessin aus einem Märchen, worauf er sofort beschlossen hat, sie sich zu krallen. Und du weißt ja selbst, was für einen schlechten Einfluss er auf andere Leute hat. Jetzt ist es mit ihrer süßen Unschuld natürlich vorbei. Aber genug von Luke. Ich muss dir was erzählen.«
    Sunshine zog mäßig interessiert eine Braue hoch.
    »Ich habe einen Mieter fürs Gästehaus gefunden«, verkündete ich. »Und er ist sogar schon eingezogen.«
    Sunshines braune Augen weiteten sich leicht. Sie betrachtete immer alles durch halb geschlossene Lider wie Marilyn Monroe, was sie verführerisch wirken ließ. Wahrscheinlich brachte dieser Blick Jungs dazu, sich vorzustellen, wie sie wohl aussehen würde, nachdem sie sie geküsst hatten. Meine eigenen Augen waren offen und groß und ich hatte – laut Luke – einen stechenden, besserwisserischen Blick. Ich glaube, damit meinte er, dass ich einen durchdringenden Blick hatte, was vielleicht dasselbe ist, sich aber tausendmal besser anhört.
    »Was ist es für ein Kerl? Ein alter Lustgreis? Ein Perversling? Ein Serienkiller? Oder ein Vergewaltiger, der sich nachts in dein Zimmer schleicht? Ich hab dir gleich gesagt: Lass die Finger davon und hol dir nicht irgendeinen Fremden ins Haus. Warum suchst du dir nicht
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