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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht!
Autoren: Grafit
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fest.«
    »Ohne Haftbefehl?«
    »Ich rede mit dem Staatsanwalt. Bis morgen ist Berends vorläufig festgenommen. Dann sehen wir weiter. Wir brauchen Zeugenaussagen. Sprich noch mal mit den Angestellten, die in der Küche gearbeitet haben. Die müssen etwas gesehen haben. Und morgen fahre ich aufs Festland. Falls Hannah in der Lage ist, eine Aussage zu machen, kriegen wir ihn.«
    »Und wenn Berends die Wahrheit sagt? Wenn Hannah ihn tatsächlich angegriffen hat?«
    Geis hob den Kopf. »Glaubst du das?«
    Britta zuckte mit den Schultern. »Möglich wäre es. Aufgestaute Wut. Nach langen Jahren der Demütigung.« Sie blickte ihm in die Augen. »Tu mir einen Gefallen, Martin: Halt dich von ihm fern! Mach Schluss für heute!«
    Geis nickte. »Ich erledige nur noch ein bisschen Bürokram.«

     
    Er hatte keine Lust, den Abend in seiner Wohnung zu verbringen. Das Zweizimmerapartment befand sich nur wenige Meter von der Polizeistation entfernt. Praktisch für einen Single. Und so sah es auch aus. Unpersönlich. In den zwei Jahren hatte er es nicht geschafft, alle Umzugskartons auszupacken oder Bilder aufzuhängen. Die Wohnung war ein Provisorium. Wie sein Leben.
    Geis schlenderte durch die Fußgängerzone Richtung Hafen. Der Platz, an dem er sich am liebsten aufhielt, lag auf dem Wasser. Eine Motorjacht. Nichts Protziges. Ein kleines Shetland-Boot mit Verdeck und Kajüte, das er vor einem Jahr gebraucht gekauft hatte. Bedingt hochseetauglich, aber es reichte, um zum Festland oder einer der anderen ostfriesischen Inseln zu schippern. Was er selten genug tat. Oft saß er im Sommer einfach nur auf dem Boot und guckte zu, wie die Sonne unterging. Leerte dabei ein oder zwei Flaschen Bier und hing seinen Gedanken nach. Kroch anschließend in die Koje. Auf dem Boot fühlte er sich geborgen. Wie in einem Kokon, der ihn vor der Welt abschirmte.
    Im Jachthafen war noch nicht viel los. Auf zwei großen Booten brannte Licht, die anderen dümpelten verlassen in Reih und Glied. Vom Holzsteg aus kletterte Geis über mehrere andere Jachten, bis er sein Shetland erreichte. Den Namen Makabo hatte er vom Vorbesitzer übernommen, er wusste nicht einmal, was er bedeutete. Es bringe Unglück, ein Boot umzubenennen, hatte man ihm gesagt, also ließ er den Schriftzug unverändert. In der Kühlbox standen noch drei Flaschen Bier. Eigentlich war es zu kalt, um auf dem Deck zu sitzen, aber er musste einen klaren Kopf bekommen. Nachdenken. Verstehen. Begreifen. Warum er die alte Geschichte nicht abschließen konnte. Was ihn daran hinderte, ein neues Kapitel anzufangen. Es ging nicht nur um Michaela, seine Exfrau. Oder um Goronek, seinen Exchef. Dass er den Kontakt zu Annika, seiner dreizehnjährigen Tochter, verlor, traf ihn am härtesten. Warum war er nicht in der Lage, eine vernünftige Beziehung zu pflegen?
    Geis zog sein Handy aus der Tasche und schaltete es ein. Drei Anrufe von Fokke Janssen. Auf der Mailbox die Bitte, eher ein Befehl, umgehend zurückzurufen.
    »Geis hier.«
    »Warum melden Sie sich nicht?«
    »Tu ich doch.«
    »Ich habe in der Station angerufen. Ich habe …«
    »Um was geht es?«
    »Wieso erfahre ich vom Staatsanwalt, dass Sie einen Haftbefehl beantragen? So etwas fällt in unsere Zuständigkeit. Dafür haben wir Fachkommissariate.«
    »Bis Ihre Leute hier sind …«
    »Anfangsermittlungen«, unterbrach ihn Janssen. »Alles andere übersteigt Ihre Kompetenz.«
    »Nichts anderes haben wir gemacht.« Geis schilderte den Fall in groben Zügen.
    »Morgen früh habe ich Ihren Bericht«, sagte Janssen. »Einschließlich der Zeugenaussagen. Und dieser Hotelier …«
    »Berends.«
    »… wird nach Aurich überstellt. Sie können ihn nicht auf Ihrer Wache festhalten.«
    »In Ordnung.«
    Geis beendete das Gespräch und wählte die nächste Nummer. »Martin. Kann ich Annika sprechen?«
    »Sie ist bei einer Freundin. Ruf morgen wieder an!«
    »Werde ich.«
    Michaela hatte schon aufgelegt. Die Sonne tauchte ins Wasser.

4
Berlin, Bundesinstitut für Infektionskrankheiten

    Zecken waren faszinierende Tiere. Seit über hundert Millionen Jahren gab es Zecken auf der Erde. Sie hatten schon den Dinosauriern Blut abgezapft, alle Klimaveränderungen überstanden, konnten sich unterschiedlichsten Umweltbedingungen anpassen, jahrelang ohne Nahrungsaufnahme überleben, die Körperfunktionen auf ein Minimum reduzieren und innerhalb weniger Tage ihr eigenes Körpergewicht um das Zweihundertfache steigern. Ein Prunkstück der Evolution. Viel besser
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