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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht!
Autoren: Grafit
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Anzügen warfen sich Geis in den Weg.
    »Spucken Sie es aus! Der Käse ist vergiftet.«
    Vergiftet? Was für ein Unsinn! Der Käse öffnete das Tor zu einer neuen Welt.
    Plötzlich war es still. Jemand übersetzte die Worte ins Englische.
    Der Premierminister fasste sich an den Hals. Er wollte etwas sagen – und schluckte.

54
Spiekeroog, Nordstrand

    Geis redete nicht mehr über sich, seine Gefühle, seine Vergangenheit. Viola wusste nicht, was ihn bewegte. Ob ihn etwas bewegte. Sein Gesicht war so glatt und verschlossen wie in den Tagen, als sie sich kennenlernten, sein Blick oft in die Ferne gerichtet.
    Manchmal lasen sie Zeitung. Dem britischen Premierminister war der Magen ausgepumpt worden, die Ärzte überwachten ihn rund um die Uhr. Noch hielt seine Partei zu ihm, doch die Rücktrittsforderungen wurden lauter. Die Gefahr, dass er sein Amt zu unbedachten, den Interessen Großbritanniens zuwiderlaufenden Handlungen missbrauche, sei zu groß, argumentierte vor allem die Opposition. Und die englische Boulevardpresse hetzte gegen die deutsche Regierung, die es nicht geschafft habe, ihre Staatsgäste zu beschützen.
    Abgesehen vom britischen Premier hatte kein Regierungschef den infizierten Schafskäse gegessen. In allen übrigen Hotels war es gelungen, den Käse sicherzustellen oder das eingeschleuste falsche Servicepersonal rechtzeitig festzunehmen. Abteilungsleiter Lange hatte, nachdem er von seinem Kollegen Wiegand beschuldigt und das heimlich aufgenommene Filmmaterial ausgewertet worden war, den Gang in die Untersuchungshaft angetreten.
    Schöning hielt Geis auf dem Laufenden, was die Ermittlungen anging. Inzwischen hatte man die letzte noch offene Verbindung geschlossen, man wusste, wie der Kontakt zwischen Lange und Eichkorn zustande gekommen war. Die erste Begegnung der beiden lag mehrere Jahre zurück, Eichkorn hatte an einer geheim gehaltenen Expertise für das Bundesinnenministerium mitgewirkt, in der die Auswirkungen von Biowaffenanschlägen abgeschätzt wurden. In diesem Zusammenhang war wohl die Rede auf Eichkorns Spezialgebiet, das Ausschalten von Angst durch genetische Manipulation bei Säugetieren, gekommen. In der Folgezeit hatten sich, wie die Ermittler rekonstruierten, Lange und Eichkorn mehrfach getroffen, aus einem Geheimfonds waren Gelder des Innenministeriums an das Ochtruper Labor geflossen. Die Frage, wer wen für seine Zwecke instrumentalisiert hatte, blieb jedoch offen, da Eichkorn tot war und Lange jede Kooperation verweigerte.
    Geis interessierte sich zwar für den Fortgang der Polizeiarbeit, allerdings schien es Viola, als würde er die Ergebnisse nur mit Distanz betrachten. Sie hatten ihren Urlaub auf Spiekeroog wieder aufgenommen, wanderten oft stundenlang schweigend am Meer entlang, wo sie um diese Jahreszeit nur wenigen anderen Menschen begegneten, und genossen die Strahlen der schwächer werdenden Herbstsonne.
    Eines Abends hatte Geis lange mit Annika telefoniert. Anschließend war er weggegangen und erst gegen Mitternacht zurückgekommen. In seinen Augenrändern hatte Viola die Spuren getrockneter Tränen gesehen. Sie hatte ihn nicht gefragt und er hatte nichts erzählt.
    Das, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte, war eine seltsame Beziehung voller Metamorphosen gewesen, in denen sich mal die eine, mal der andere geängstigt hatte – vor dem Leben, vor dem Partner und vor dem, was die Krankheit anstellte. Gelegentlich dachte Viola darüber nach, welches Stadium sie jetzt erreicht hatten. Sicher war sie sich eigentlich nur in einem Punkt: Es würde kein völliges Zurück geben. Die Vertrautheit, die sich eingestellt hatte, würde andauern. Vielleicht bestand die Kunst des Lebens darin, mit dem zufrieden zu sein, was ist, und nicht ständig mehr zu erwarten.
    Viola nahm sich vor, jeden Tag etwas Neues schön zu finden. Einmal war es eine Bewegung, die ein Mensch machte, dann das Geräusch der brechenden Wellen, ein anderes Mal die Farben der Muscheln, die zu Hunderttausenden am Strand lagen.
    Auf dem feuchten Sand balgten sich zwei Möwen um einen toten Fisch.
    »Du hast gesagt, dass du mich liebst.« Geis hielt den Kopf gesenkt.
    »Ich dachte nicht, dass du dich daran erinnerst.«
    Er blieb stehen. In seinen Augen spiegelte sich das Sonnenlicht.

Danksagung

    Die Handlung und die Figuren dieses Romans sind frei erfunden, einige Forschungsfelder, die beschrieben werden, existieren dagegen tatsächlich. Genetisch veränderte Mäuse, die auf Katzen zulaufen und mit ihnen
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