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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet
Autoren: Emma Hamberg
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erwachsen.«
    »Okay.«
    Pelle raucht und hat Maja den Rücken zugekehrt. Sieht in die
Dunkelheit hinaus. Langsam fängt Maja an, den Tisch abzudecken. Pelle hasst
Konflikte, er vermeidet sie um jeden Preis. Lieber bereitet er drei Stunden
lang ein Kaninchen zu, als fünf Minuten zu streiten. Warum können nicht immer
alle fröhlich sein? Warum muss alles so kompliziert sein? Und warum muss Maja
so verdammt anstrengend sein? Maja sieht ihm an, was er gerade denkt. Ein
Röntgenblick in sein Gehirn. Wie er sich nach Ruhe und Frieden sehnt, nach
Kaninchen im Brotmantel mit Senfsoße und angenehmen Gesprächen.
    Maja klappert beim Abdecken absichtlich etwas lauter, damit Pelle
sich vielleicht umdreht und sieht, dass sie für dieses Mal das Kriegsbeil
begräbt. Klapper, klapper. Vielleicht schickt er ihr ja einen Blick zu, der
sagt: Alles wieder in Ordnung. Aber Pelle dreht sich nicht um. Maja schlägt die
Gläser ein klein wenig aneinander.
    »Ich gehe jetzt schlafen. Danke für das leckere Essen. Du hast alles
wunderschön hergerichtet. Ich bin eine undankbare und garstige kleine Frau.«
    Sieh nur! Jetzt dreht er sich um. Jetzt, jetzt, jetzt! Ja, genau.
Pelle zerdrückt den letzten kleinen Stummel des Zigarillos am Fensterrahmen und
schnippt ihn in den Apfelhain hinunter. Er betrachtet Maja, die in seinen viel
zu großen Klamotten dasteht, barfuß und mit Haaren, die noch immer wirr vom
Schlafen sind. Pelle breitet seine zuverlässigen Bildhauerarme aus. Maja
lächelt, stellt die Teller auf den Tisch zurück, geht langsam hinüber und
gleitet in seine nach Zigarillo duftende, warme Umarmung. Er schiebt seine
Finger in ihre Haarnester und versucht, sie zärtlich zu glätten. Das geht nicht
gut, er bleibt hängen.
    »Du machst immer alles so kompliziert, Maja.«
    Maja beißt sich auf die Lippe, um nichts Schnippisches zu erwidern.
Zum Beispiel, was er denn eigentlich mit kompliziert meine, ob es der Wunsch
sei, sich wichtig zu fühlen? Ein Teil des Lebens von anderen Menschen sein zu
wollen, ein kleines Rädchen? Heißt das, kompliziert zu sein? Ja, dann ist sie
wirklich kompliziert.
    Aber diesen Gedanken behält sie für sich. Sie tut so, als sei sie
unkompliziert, legt ihren Kopf auf Pelles zuverlässige, breite Brust und lässt
ihn ihr Haar auskämmen. Das ist doch immerhin was.

     
    5
    A m Hintern ist ihr kalt, aber ihr
Gesicht fühlt sich warm an. Maja sitzt auf einer Klippe, auf ihrem Schoß liegt
ein großer Zeichenblock. Sie schielt zu den Damhirschen hinüber, die aus dem
See trinken, und zu den zwei Tieren, die direkt neben ihr stehen. Völlig
furchtlos. Glotzen nur und fragen, ob sie noch was von ihrem Knäckebrot
bekommen. Sie sind schon ein bisschen anstrengend. Betteln und glotzen ihr über
die Schulter. Ignorieren und locken gleichzeitig.
    Es gibt wirklich viel zu viele Damhirsche auf der Insel, es müssen
welche abgeschossen werden, auch wenn das so entsetzlich traurig ist. Hat nicht
vor einer Weile so ein Typ angerufen und davon geredet, er würde den Bestand
regulieren wollen, wann wollte der noch kommen?
    Maja studiert die weißen Hintern der Damhirsche und die
dunkelbraunen Winterfelle, aus denen sich schon große Büschel lösen. Skizziert
sie auf ihrem Block. Verwischt die Ränder mit dem Finger. Sieht wieder hoch.
Still. Plötzlich sehen auch die Tiere auf, tun teilnahmslos. Ihre Nasenflügel
beben, sie trippeln ein wenig vor und zurück.
    Motorengeräusch? Ein Motorboot. Maja tut es den Damhirschen nach,
sie hebt den Blick zum weit entfernten Festland. Ahnt einen kleinen roten
Außenborder auf dem Weg zur Insel. Josefin. Ja, genau, heute ist Donnerstag.
Herrlich, das bedeutet Nachschub an Marshmallow-Autos.
    Die Damhirsche treten geräuschvoll den Rückzug an, um dann
gleichgültig zum Arboretum der Insel zu spazieren. Maja schlägt den Block zu,
schiebt Stifte und Radiergummi in die Taschen des großen Regenmantels und steht
dann auf, um nach Josefin Ausschau zu halten, die auf die Insel zutuckert.
    Sie winken einander fröhlich zu, Maja hält die Hand über die Augen,
um sich vor der brennenden Frühjahrssonne zu schützen. Das Wasser glitzert. Es
ist fast wie ein sprühendes Augustglitzern, obwohl doch erst April ist.
Vorsichtig watet Maja ein Stück weit in den See hinein.
    Josefin steht in ihrem Boot, das voller Einkaufstüten ist, und hat
ein breites Lächeln aufgelegt. Jetzt ist sie ganz nah. Maja wartet darauf,
einen Tampen oder dergleichen zugeworfen zu bekommen, aber Josefin
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