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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet
Autoren: Emma Hamberg
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und stumm ist.
Eigentlich der perfekte Name. Wie ein Jingle für ihre eigene Künstlerschaft.
Komm und kauf Majas Kunst, lass dich verführen – sie ist platt, tot und stumm!
    Vom Diwan kann man sich nur schwer erheben. Noch ein paar Minuten,
dann ist Teatime. Maja lässt ihren Hintern auf dem Diwan, die Füße auf dem
Eisbären und sieht durch die riesigen Atelierfenster, die großzügig das stille
Frühjahrsgluckern des Vänersees vor ihr ausbreiten. Das Eis ist mittlerweile
geschmolzen. Kürzlich sind die Hechte wieder zum Leben erwacht und wagen sich
vom Grund des Sees herauf. Bald fangen sie an zu spielen. Spielen. Was für ein
schönes Wort für »sich paaren«. Können wir heute Nachmittag nicht ein bisschen
spielen, du und ich?
    Hier draußen auf der Insel wird zu wenig gespielt. Zumindest, was
die Menschen betrifft.
    Majas Kopf sinkt tiefer in das schwere Goldkissen, sie schüttelt die
Decke ab. Die Sonne wärmt ihr so schön das Gesicht. Wie wäre es mit ein
bisschen Powernapping vor dem Tee? Sie ist zwar erst vor ein paar Stunden
aufgewacht, aber was macht das schon, wenn Maja den Tag verpennt? Hier auf dem
Golddiwan in der Frühjahrssonne? Das ist vollkommen unerheblich. Sie lässt die
Augenlider geschlossen, das Gezwitscher der Vögel entschwebt, es wird still und
dunkel.
    Maja schläft, während der Bär sie anglotzt, bedrohlich und
freundlich zugleich.

     
    2
    W as meinst du, sollen wir den Tee
draußen nehmen?«
    Pelle
schaltet den Wasserkocher ein, öffnet den alten Eckschrank und sucht zwei
Teetassen aus. Geschenke einer Künstlerfreundin von Gotland. Schöne Tassen mit
einer glatten Oberfläche. Sonnig gelb mit kleinen grünen Spritzern.
    Maja streckt ihren gerade erwachten Körper, zieht die Jacke über die
Schultern, fühlt sich verfroren, aber nickt zustimmend. Gerne draußen, gute
Idee. Vielleicht wird sie dann wacher. Ein paar italienische Mandelkekse,
vielleicht ein Gläschen Amaretto dazu, ja, das wäre schön.
    Teetassen, Likörgläser, eine Teekanne. Die hohen Küchenschränke, die
Pelle selbst gebaut hat, klappen auf und zu, ein paar Decken werden eingepackt,
die Füße in die alten Holzschuhe geschoben, Pelle nimmt seine weichen
marokkanischen Lederpantoffeln, und dann nichts wie raus. Der Frühjahrskies
knirscht unter den Füßen.
    Dann sitzen sie vor dem Schloss. Die Vögel zwitschern eifrig, Pelle
wippt mit dem rechten Lederpantoffelfuß, und die kleinen Knospen blitzen schon
hervor. Pelle streicht sich das halblange, lockige Haar nach hinten. Mitten auf
dem Kopf fängt es an, schütter zu werden, aber ansonsten ist es noch relativ
füllig. Aber stumpf. Ach, was hatte er für tolles Haar, als sie sich
kennenlernten! Wie Gold, dick und mit unglaublich schönen Korkenzieherlocken.
Lebendig, nicht so wie jetzt.
    Pelle stellt die Teetasse auf dem Tisch ab, den er selbst aus Granit
gehauen hat. So ein stabiler Tisch wird alles überleben. Eines Tages, nach dem
letzten Krieg, wenn die Erde ein völlig leerer Planet ist, wird es nur noch
zwei Dinge dort geben: Kakerlaken und Pelles Granittisch.
    Er fährt sich wieder mit den Fingern durch das glanzlose Haar. Maja
weist sich selbst zurecht, weil sie innerlich auf Pelle herumhackt und so
unglaublich undankbar ist. Pelle ist ein guter Ehemann. Wirklich! Aber er fängt
an, alt zu werden. Dreißig Jahre älter als Maja ist er. Verdammt, ist doch
klar, dass man mit vierundsechzig stumpfes Haar hat! Klar kriegt man Falten und
wird schneller müde. Und vergisst manchmal Sachen.
    Aber Moment mal! Wer von ihnen fährt eigentlich volles Tempo und
arbeitet den ganzen Tag, manchmal sogar nachts? Nicht Maja. Die schläft auf
ihrem Diwan, während Pelle rund um die Uhr arbeitet.
    Er hat immer noch schöne Hände. Langgliedrige, starke, geschickte
Finger, die jedes Material mit Leben füllen können. Hände, die zweihundert Kilo
Stein ins Atelier schleppen und dann mit einem einfachen Hammer und einem
Meißel den Stein in Gefühle, Gott und Liebe verwandeln können. Gute Sache.
    Vierundsechzig Jahre ist er, aber in vielerlei Hinsicht immer noch
wie ein Kind. Viel naiver, als Maja es je war. Wie letzten Sommer, als er unten
an der Südspitze der Insel eine ungeheure Menge blauen Ton fand. Er rief, bis
er heiser war: Maja, Maja, Maaajaaa! Wollte, dass sie kam, dass sie zusammen
was Lustiges mit dem Ton anfingen. Eigentlich wäre sie viel lieber liegen
geblieben, hätte Lakritz gegessen und gelesen, aber es fiel ihr schwer, Nein zu
sagen, wo er doch
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