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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet
Autoren: Emma Hamberg
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war vor ungefähr
einem Monat zu Besuch. Hat die ganze Zeit geraucht und ununterbrochen geredet.
Als Gastgeschenk hatte sie Teetassen dabei, die etwas zu schön waren, und ein
kleines Bild, das nicht schön war, aber dafür ziemlich krass.
    Maja steckt die trockene Zigarette in den Mund und geht zum
Schweißgerät. Das Gas voll aufgedreht, und schon fängt die Zigarette Feuer.
Jetzt kriegt die Sache Schwung.
    Hustend raucht Maja, während sie in ihren vielen Sachen herumsucht,
ob sich noch etwas Interessantes findet. Wenn sie wollte, könnte sie einfach
aus ihrem Atelier hinausgehen, durch die Bibliothek und den Wohnsalon und in
die Küche, die Tür zur Speisekammer öffnen und einen der wahnsinnig tollen
Weine holen, aber das will sie nicht. Sie will keinen wahnsinnig tollen, exklusiven
Wein, den Pelle wer weiß wo geordert hat. Sie will Spaß. In einer Schublade mit
alten Flaschen liegt eine ungeöffnete Colaflasche. Das muss reichen. Cola ist
cool.
    Die Fluppe im Mundwinkel, die Cola in der Hand und jetzt ab die Post
mit Lars Roos. Maja setzt sich wieder ans Fenster, mit einer Kiste
Lakritzpfeifen unter dem Arm. Wenn man auf einer Insel wohnt, heißt es bunkern.
Ein letzter Zug an der Zigarette, igitt, nicht besonders lecker. Sie drückt sie
in einem alten ausgewaschenen Joghurtbecher aus und steckt sich stattdessen
eine Lakritzpfeife in den Mund.
    Ihr Blick konzentriert sich voll und ganz auf den Pool. Sie sieht,
wie er langsam von der Dunkelheit ertränkt wird. Das Rosa ist vom Himmel
verschwunden, jetzt kommt das Schwarz. Schon bald kann sie das Schwimmbecken
nicht mehr sehen, sondern nur noch ihr eigenes Spiegelbild im Fenster. Maja.
Mit einer Cola und einer Lakritzpfeife. Und da ist noch der Pool.
    Ach, verdammt, sie muss ein bisschen Ordnung schaffen in ihrem Kopf.
Maja holt Papier und Stift, kaut ein paar Sekunden auf dem Stift herum und
notiert schnell ein paar Punkte:
     
    1. Die
Lust am Schaffen wiederfinden
    2. Vielleicht
     auch ein bisschen Geld damit verdienen
    3. Mehr
     spielen
    4. Spüren,
     dass ich mein Leben lebe
    5. Scheiß drauf
     
    Der letzte Punkt ist vielleicht nicht sonderlich gut
durchdacht. Aber die anderen. Das ist genau, was sie will.
    Maja faltet das Stück Papier zusammen und steckt es in die
Tasche. Dann stellt sie sich wie der Bär hin und starrt in Richtung Horizont.

     
    4
    S ollen wir ein paar Leute einladen? In
einigen Wochen ist unser Hochzeitstag, da könnten wir doch die Party des Jahres
steigen lassen, oder? Pugh, Channa und ich können den anderen Bescheid sagen,
dann machen wir Musik. Mit Tanzen und so, wäre das nicht super? Was meinst du?«
    Pelle nimmt eifrig einen großen Schluck vom Wein und sieht fast so
aus, als würde er jetzt sofort aufstehen und alle anrufen. Maja stochert in der
sahnigen Senfsoße.
    Kaninchen im Brotmantel mit Senfsoße. Pelle hat sich Mühe gegeben,
er merkt, dass es Maja nicht gut geht. Dass es momentan nicht gut läuft bei
ihr. Aber ein gebackenes Kaninchen sollte einen doch aufheitern!
    »Also, ein Fest ist nicht das, was ich brauche. Ist natürlich eine
schöne Idee, aber das meine ich nicht.«
    Pelle sinkt wieder auf den Stuhl zurück. Er muss ja nicht sofort
telefonieren. Okay. Der Speisesaal ist groß, genauer gesagt: riesig. Meist
essen sie in dem gemütlichen Frühstückszimmer, einem süßen Kämmerchen hinter
der Küche. Doch heute Abend hat Pelle sich Mühe gegeben. Hat Kaninchen im
Brotmantel gebacken, hat alle Kandelaber im Saal mit Kerzen bestückt und sie
angezündet und ein weißes gestärktes Tuch aus dem alten Leinenvorrat des
Schlosses (durch den sie sich langsam, aber sicher ohne größere Ehrfurcht
hindurcharbeiten) über den rosa lackierten Esstisch gelegt (der sich erst nach
dem Lackieren als ein sehr elegantes Stück des Tischlermeisters Wahlgren von
ca. 1850 entpuppte, dumm gelaufen).
    Immerhin haben sie den gigantischen altdeutschen Kristalllüster
nicht mit Spraylack bearbeitet. Er hängt nach wie vor mit einem Hauch von
letztem Selbstbewusstsein über dem knallrosa Tisch. Das Rosa harmoniert
seltsamerweise mit den Wandmalereien: romantisierende Bilder von Bauern, die im
Gras spielen, Trauben direkt von der Rebe essen, sich auf dem Blumenbett
lieben, Heu ernten und Brot brechen. Wie schön muss es für die Reichen gewesen
sein, mit dieser Sichtweise auf ihre Untertanen ihr Gewissen beruhigen zu
können.
    Pelles große Sammlung von Jazzplatten befindet sich im Speisesaal,
und die Trompete von Miles Davis
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