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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet
Autoren: Emma Hamberg
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steuert
direkt auf das Ufer zu und gleitet bis zu Majas Gummistiefeln. Gewandt steigt
sie über die Reling, packt das Boot und zieht es noch ein Stück weiter zum Ufer
hinauf. Nachdem sie kurz verschnauft hat, umarmt sie Maja flüchtig. Sie riecht
nach Shampoo und Regenjacke.
    »Ah, du sitzt hier und zeichnest. Läuft’s gut?«
    »Nein, ganz und gar nicht.« Maja muss über ihre eigene öde Antwort
lachen.
    Josefin strahlt. Sonnenverbrannt, glatt, jung, stark, weiße Zähne,
ein paar kleine Sommersprossen auf der Nase und dann das nussbraune Haar. Wie
ein junges Damtier. Josefin kommt einmal die Woche und bringt Essen, Zeitungen,
Filme, Zigarillos und alles, was sonst so gebraucht wird auf dem Schloss.
Natürlich besitzen Maja und Pelle auch ein eigenes Boot, mit dem sie zum
Festland hinüberfahren können, aber sie vertrauen Josefin mehr als sich selbst,
und deshalb lassen sie sie in jedem Fall kommen. Sicherheitshalber. Damit sie
nicht wie die Schiffbrüchigen auf dieser gottverlassenen Insel sitzen und
verhungern. Josefin hat ein Boot, das alles kann. Und vor allem: eine Seele,
die alles kann.
    Während sie in ihrem Boot herumwühlt, sagt sie in ihrem klangvollen
Västgöta-Dialekt: »Also, mal sehen, was ich hier für euch habe . . . drei Tüten
Lebensmittel . . . Leider hatten sie keine Austern.«
    »Wie schön. Ich hasse Austern. Pelle will die immer.«
    »Aber sie hatten schöne Muscheln, also hab ich zwei Kilo davon
gekauft.«
    Stolz hält sie ein Netz mit prächtigen Muscheln hoch, das Maja in
Empfang nimmt.
    »Okay. Prima.«
    »Und noch irgendwas gab es nicht, ansonsten hab ich alles gekriegt.
Weißwein, Petersilie, Knoblauch, Mehl, Hefe, Kalbshack, Milch . . . Ja, und
wenn ihr frischen Barsch kaufen wollt, dann sollt ihr direkt beim Fischhändler
anrufen, die kommen dann her mit den Fischen, alles andere ist zu kompliziert.
Oder ihr angelt selbst! Wäre das nicht was?«
    »Vielleicht, haha.«
    Maja nimmt die Tüten entgegen, die Josefin ihr reicht.
    »Und ich hab eine neue Sorte Himbeerjoghurt gekauft, ich weiß ja,
dass du auf süße Sachen stehst. Und hier sind die Tageszeitungen. In der
Bücherei habe ich die Filme ausgeliehen, von denen du gesprochen hast. Hier.«
    Maja nimmt Zeitungen und Filme in Empfang und schiebt sie in die
Lebensmitteltüten.
    »Gut, und dann noch die Zementsäcke. Die sind richtig schwer. Sollen
wir sie einfach hier auf den Hügel legen, oder soll ich sie zum Steg bringen?
Von wo kann man sie am leichtesten wegtragen?«
    »Von hier, denke ich. Dann muss man nur den Pfad hinauf.«
    Maja zeigt auf den kleinen Trampelpfad, der sich zwischen den
Laubbäumen hindurch zum Schloss schlängelt, das rosa auf dem Hügel thront.
Josefin nimmt einen Sack und hievt ihn auf die Steinklippe. Dann noch einen und
einen dritten.
    »Ihr solltet von hier zum Schloss Gleise bauen. So wie die vom
Steinbruch im Wald.«
    Josefin spricht atemlos, während sie mit den Säcken kämpft. Der
Steinbruch. Der geheimnisvolle Berghügel, der ein paar Hundert Meter weiter im
Tannenwäldchen liegt. Ein Loch, aus dem man vor dreihundert Jahren den Granit
holte, auf den das ganze Schloss gegründet ist. Über die Gleise schickte man
die Steinblöcke in Loren vom Steinbruch zum Schloss. Pelle hatte die Insel dank
dieses Steinbruchs entdeckt und sich sofort in sie verliebt. Damals arbeitete
er viel mit Granit und bekam auf diesem Weg so viel Material, wie er nur
wollte, das er über die Schienen direkt ins Atelier transportieren konnte.
    Gleise vom Lastensteg zum Schloss, keine dumme Idee. Maja weiß nicht
recht, wo sie zupacken soll, also bleibt sie stehen und schaut Josefin beim
Arbeiten zu.
    »So! Braucht ihr sonst noch Hilfe? Irgendwelche Maschinen, die
repariert werden müssen, ein Fest, bei dem gespült werden muss, oder so?«
    »Nein, im Moment wüsste ich nichts. Aber bald werden wir wohl Hilfe
beim Laubharken benötigen.«
    »Klar, kein Problem. Am Wochenende kann ich kommen. Samstag?«
    »Ja, Samstag ist super.«
    »Habt ihr immer noch dieselben mickrigen Rechen wie voriges Jahr?«
    »Ja.«
    »Okay. Dann kaufe ich neue und setze sie mit auf die Rechnung.«
    »Klingt gut.«
    Josefin schiebt das Boot ins freie Wasser hinaus. Es gleitet, als
hätte es Butter unterm Kiel. Maja fällt plötzlich ein, dass sie eine schlechte
Gastgeberin ist.
    »Warte mal, willst du vielleicht einen Kaffee oder so?«
    »Nein danke. Ich muss rüber nach Klinten und roden. Aber nächstes
Mal gern! Zeichne lieber weiter, Maja. Und
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