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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet
Autoren: Emma Hamberg
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massiven Granittisch, der auf dem
Kiesplatz prangt.
    »Der hier könnte doch nach München reisen.«
    Alle, die um den Tisch sitzen, ja sogar Alex, recken die Hälse, um
zu sehen, was sie meint. Karin sieht sie fragend an.
    »Du willst den Tisch wegschicken?«
    Maja schüttelt den Kopf.
    »Nicht nur den Tisch, sondern auch sieben Stühle.«
    »Ach, er hat auch Stühle gemacht?«, erkundigt sich Karin neugierig.
Stühle aus Granit um einen Tisch, das ist . . . schön, das ist richtig, richtig
schön.
    Aber Maja lacht etwas wehmütig.
    »Nein, er hat natürlich keinen einzigen Stuhl gemacht. Aber die
werden wir jetzt machen.«
    Schweigen.
    »Wie stellst du dir das vor?«, sagt Karin schließlich.
    Sie steht auf, tritt zu Maja an die Tür und betrachtet den
großartigen blank polierten Granittisch.
    Maja fährt mit Feuereifer fort: »Ich habe es mir ganz einfach
vorgestellt. Skulpturen im öffentlichen Raum sind immer so feierlich. Ich finde
aber, dass Kunst eine Funktion haben sollte! Dieser Tisch wird eine Funktion
haben, man kann an ihm sitzen. Stundenlang kann man dasitzen und essen, reden,
streiten, nachdenken. Er ist weich wie eine Liebkosung, aber gleichzeitig
funktionell und stabil. Wir werden die passenden Stühle zu dem Tisch bauen, und
zwar aus Granit hauen.«
    »Stühle aus Granit hauen?«
    Jetzt taucht auch Jens in der Türöffnung auf und legt den Arm sanft
um Karins Taille. Sie tritt vorsichtig einen halben Schritt zurück, bis ihr
Rücken an Jens’ Brust lehnt.
    Maja fährt fort: »Genau. Stühle, auf denen man um den Tisch herum
sitzen kann. München soll mitten auf einem seiner Plätze einen eigenen
Speisesaal bekommen. Da können Jung und Alt zusammensitzen, ich glaube, das
wäre etwas. Die Leute können sozusagen mitten auf dem Platz picknicken.«
    Jens kratzt sich am Kopf.
    »Das klingt gut, aber wie . . . Das ist eine Riesenarbeit, und wir
haben noch nie . . .«
    »Ich habe mit einem Typen gesprochen, der Grabsteine macht, Alfons
heißt er. Der ist vor vielen Jahren bei Pelle in die Lehre gegangen, und man
könnte sagen, dass er Pelle noch etwas schuldet. Wie auch immer, er wird
jedenfalls in einer Stunde herkommen und uns zeigen, wie wir das anstellen
müssen. Ich weiß, das ist harte Arbeit, und vielleicht wird es auch gar nicht
funktionieren, aber ich muss es versuchen. Und wenn ihr mir helfen wollt . . .
Ich werde euch für eure Arbeit natürlich bezahlen!«
    Josefin leckt sich etwas Marmelade vom Finger.
    »Mich hast du schon bezahlt, also arbeite ich einfach weiter. Dann
werde ich eben Granit hauen, anstatt Brot zu backen, das ist doch egal.«
    Jens krempelt die Ärmel hoch, als würde er am liebsten gleich
anfangen. Sein Blick glitzert abenteuerlustig.
    »Ich will auch kein Geld. Aber ich helfe gern.«
    Karin geht barfuß über den knirschenden Kies zum Tisch und streicht
über seine weiche Oberfläche, dann sieht sie Maja an.
    »Wann kommt dieser Grabsteinmensch, in einer Stunde?«
    »Ja. Ziemlich genau.«
    »Dann räumen wir jetzt das Frühstück ab und machen uns fertig, damit
wir gleich loslegen können, wenn er kommt.«
    Maja schlägt die Hände zusammen, ja, sie kann überhaupt nicht
aufhören, sie zusammenzuschlagen. Am Ende steht sie da und klatscht mit Tränen
in den Augen.
    »Danke, ihr Lieben. Wie soll ich euch das nur je zurückgeben? Ich
weiß nicht . . . Also, diese Schwimmschule, das war ja die reinste
Katastrophe.«
    »Kein Problem. Jetzt legen wir los.«
    Karin streicht Maja über die Schulter. Jens und Josefin laufen schon
zwischen Speisesaal und Küche hin und her, wischen Krümel weg und räumen Essen
in den Kühlschrank. Nur Alex sitzt noch allein da und tut so, als würde er den
kalten Tee trinken, der in seiner Tasse schwappt. Maja zögert erst, doch als
die anderen in der Küche herumwirtschaften, schleicht sie zu Alex. Vorsichtig
legt sie ihm die Hand auf die Schulter, geht in die Knie und versucht, seinen
widerspenstigen Blick einzufangen.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll, Alex. Es tut so weh, dich so
traurig zu sehen. Und ich bin doch auch traurig . . .«
    »So traurig wirkst du aber nicht.«
    Aber ich bin es, denkt Maja. Ich bin es. Ich bin so ungeheuer
traurig, dass ich dich verletzt habe, dass ich dich ausgenutzt habe, dass ich
mit deinen Gefühlen gespielt habe, dass ich mich nicht wie ein erwachsener
Mensch benommen habe, sondern nur gierig genommen habe, was ich wollte, um dann
die Reste auszuspucken. Es tut mir so leid, so furchtbar leid. Es ist so
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