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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman
Autoren: Henrike Heiland
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sah anders aus.
    Ich konnte es nicht fassen - dieser Verräter! Gestern noch war er hier so nett durch die Räume gelaufen und hatte sich wunderbar mit mir unterhalten. War er gekommen, um mich auszuhorchen? Hatte er versucht herauszufinden, wie brenzlig die Situation für seinen Schwager werden konnte?
    Empört wandte ich mich ab und sagte zu den anderen: »Letzte Chance für die, die sich nicht verhaften lassen wollen. Oder die keine Lust auf Wasserwerfer haben.«
    Keiner sah besonders glücklich aus, aber alle blieben.
Und es kam sogar noch jemand dazu: Charles Bonham kroch auf allen vieren zu uns.
    »Mann, hab ich einen Kater«, brummte er. »Wie lang hab ich geschlafen?«
    Er zog sich an einer Fensterbank hoch und lehnte sich gegen die Scheibe. Keiner sagte ein Wort, und vermutlich dachten alle dasselbe wie ich: Würden sie stürmen, wenn ein Startenor im Gebäude war, den sogar die BILD-Zeitung gerne auf der Titelseite hatte?
    »Och, schaut euch das mal an«, sagte er und schielte aus dem Fenster. »Polizei! Was machen die denn hier?«
    »Ähm, das ist ein besetztes Haus, schon vergessen?«, erinnerte ihn Jonathan.
    So, wie er aussah, hatte er es nie gewusst. »Oh«, sagte er nur und setzte sich vorsichtig auf die Fensterbank. »Hat jemand eine Kopfschmerztablette?«
    Wir bekamen noch einen Besucher. Als die Tür aufsprang, dachte ich schon, die Polizei wäre reingekommen, aber es war Fabian Rietmann, der auf mich zusteuerte.
    »Wir verhandeln nicht«, sagte ich und warf ihm einen kühlen Blick zu.
    »Würde ich an Ihrer Stelle auch nicht«, erwiderte er und setzte sich auf den Boden. »Mal sehen, ob mich mein sauberer Schwager ernsthaft hier raustragen lässt. Oh, Herr Bonham!«
    »Pscht, er hat Kopfweh«, raunte Tiffy, die eine Schmerztablette aufgetrieben hatte. Sie schob sie dem Tenor in den Mund.

    »Sie … Sie sind gar nicht hier, weil Ihr Schwager Sie geschickt hat?«, fragte ich vorsichtig.
    Rietmann schaute mich grimmig an. »Der da? Nie im Leben. Ich habe gerade nochmal versucht, in Ruhe mit ihm zu reden. Ich finde Ihr Projekt großartig, und der Abend gestern sollte gezeigt haben, dass viele Leute Interesse an allen diesen Künstlern haben. Man muss es nur richtig aufziehen. Aber er sagte nur: ›Da kommt eine Zahnklinik hin, basta.‹«
    »Nett.«
    »Ja.«
    »Und jetzt?«
    »Sitzblockade. Oder wie nennt man das? Der lässt bestimmt nicht stürmen. Nicht mit mir hier drin. Und schon gar nicht mit Charles Bonham. Die Presse wird ihn zerfetzen! Ich schreib ihm eine SMS, die sich gewaschen hat.« Rietmann nickte zufrieden und fing an, auf seinem Handy herumzutippen.
    Ich stellte mich neben Bonham, der mit geschlossenen Augen die Stirn an der Glasscheibe kühlte und leise vor sich hinstöhnte. Von Lahnstein sprach wieder mit dem Einsatzleiter. Dann zuckte er kurz zusammen, nahm sein Handy aus der Anzugsinnentasche und sah auf das Display. Seine Lippen bewegten sich. Der Einsatzleiter machte große Augen und fing an, sich an der Oberlippe herumzuzupfen. Dann sahen beide gleichzeitig zum Gebäude hin, ließen die Blicke daran entlangwandern, landeten an meinem Fenster und zeigten auf uns.

    Sie hatten Charles Bonham entdeckt.
    Ich stupste Bonham sanft an. »Sie könnten wohl nicht mal eben freundlich nach unten winken?«, fragte ich höflich.
    Bonham blinzelte und winkte. Von Lahnstein sah ein bisschen aus wie Rumpelstilzchen.
    »Ich glaube, es funktioniert«, sagte ich. »Sie haben ihn entdeckt.«
    »Am besten ruf ich bei sämtlichen Fernsehsendern an. Sobald mein Schwager eine Kamera sieht, wird er butterweich.« Rietmann klang kämpferisch.
    Während er telefonierte, beriet ich mich mit den anderen, wie es weitergehen sollte, wie lange wir wohl durchhalten würden, jetzt, da von Lahnstein so richtig Ernst machte.
    »Wir brauchen einen Anwalt. Wir brauchen Presse. Wir brauchen Politiker, die sich für uns einsetzen. Wo sind die alle? Wollten wir die nicht schon gestern alle hier haben?«, sagte Tiffy.
    »Die sind wieder weg«, sagte Dorothee. »Die wussten nicht, dass es heute weitergeht.«
    »Hey, ich besetze nicht jeden Tag ein Haus! Als ich hierherkam, war es schon seit mindestens einem Jahr besetzt, und keiner hat sich daran gestört. Und die letzten Wochen war ich sehr wohl damit beschäftigt, uns zu retten«, giftete ich dünnhäutig zurück.
    »Kein Vorwurf gegen dich«, seufzte Tiffy. »Ich mein ja nur. Ich glaube, wir haben da einfach unsere Chancen verpasst.«

    »Quatsch, das könnt ihr alles
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