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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Blumenbestände aus, geräumiger als je, mit weinrothen Knospen runder schwerer, noch geschlossener Pfingstrosen, mit rosa-blonden Pfingstrosen, die schon ein wenig aufgehen und, wie von Guardi gemalt, in den Reflexen schimmern, die die Luft den Dingen in Venedig giebt, und weiße Pfingstrosen, die wie die lichten Konfirmandinnen aussehen, denen man nahe bei Saint-Sulpice begegnet, (so eingehüllt in ihre immer weißen Blätterkreise). Und Nelken, weiß und rosa, wie aus Watteau'schen Bildern und die beginnenden Rosen …
    Nádherný (3. 6. 1906), 8 f.
    V orige Woche hatte ich Nachrichten und Blumen aus Cannes, die mich so recht vermissen ließen, was dort alles schon an Herrlichkeit zu jedem Tage gehört. Unsere Sonne im Wallis, zwar recht warm und wohlwollend, hat es doch mit einer lange noch verschlossenen Landschaft zu thun, in der bei weitem noch nicht aller Schnee nachgegeben hat.
    Taxis II (23. 2. 1924), 789
    D er Frühling. Das Wallis ist kein Land, wo er recht zu Atem kommt, zu seiner eigentümlichen Tiefe, für die sein Zögerndürfen die Voraussetzung ist. Die im März schon zu heftige Sonne zieht alles Wachstum, wie mit Pfropfenziehern, aus der grauen, harten Erde. Und dann hat dieses Klima den fürchterlichen Aberglauben, keinen Regen zuzulassen; es ist in einem Grade regen-scheu, wie ich es nicht für denkbar gehalten hätte; jedes Mittel, Regen zu vereiteln und zu zerstreuen, ist ihm recht, – im Sommer hat das manchmal sein Angenehmes, daß man ums Naßwerden fast immer herumkommt –, aber jetzt , wo es still und fruchtbar zu regnen begehrt, lange Briefe, die der Himmel der Erde zu schreiben wünschte, verzweifelt man fast über die täglichen Zörne des Sturms, die das gute Gewölk mit unbeschreiblicher Virtuosität über die Berge schleudern. Das zerrt oft an den Nerven und, mehr noch, an den armen Blumen in den Beeten, die, sinnlos gepeitscht und gezüchtigt, den Kopf verlieren.
    Briefe II (Clara Rilke, 23. 4. 1923), 416
    DIE NACHT DER FRÜHLINGSWENDE
    (Capri, 1907)
    E in Netz von raschen Schattenmaschen schleift
über aus Mond gemachte Gartenwege,
als ob Gefangenes sich drinnen rege,
das ein Entfernter groß zusammengreift.
    Gefangner Duft, der widerstrebend bleibt.
Doch plötzlich ists, als risse eine Welle
das Netz entzwei an einer hellen Stelle,
und alles fließt dahin und flieht und treibt … .
    Noch einmal blättert, den wir lange kannten,
der weite Nachtwind in den harten Bäumen;
doch drüber stehen, stark und diamanten,
in tiefen feierlichen Zwischenräumen,
die großen Sterne einer Frühlingsnacht.
    Werke II , 26
    LIED VOM MEER
    Capri. Piccola Marina
    U raltes Wehn vom Meer,
Meerwind bei Nacht:
  du kommst zu keinem her;
wenn einer wacht,
so muß er sehn, wie er
dich übersteht:
  uraltes Wehn vom Meer,
welches weht
nur wie für Ur-Gestein,
lauter Raum
reißend von weit herein …
    O wie fühlt dich ein
treibender Feigenbaum
oben im Mondenschein.
    Werke I , 600 f.
    L aß einen Tag, der zögert vor dem Regen
und dessen lautloses Sichumdichlegen
nur dann und wann ein Hahnruf unterbricht,
laß einen solchen Tag dein Angesicht

hinhalten vor das frohe Rosasein
der kleinen Pfirsichbäume das wie ein
Weinen aus Freude ist
still überfließend.
    Werke II , 343
    U nd hier, um mich, ist Rom (das Sie grüßt), Rom, das seine Blütezeit hat, mit vollhängenden Glyzinen, mit täglich tausend neuen Rosen, mit allen seinen schönen Brunnen, die wie das ewige Leben sind, gleichmütig neu, ohne Alter, ohne Erschöpfung.
    Mitten im Lesen (Marietta von Nordeck zur Rabenau,
    14. 4. 1910), 213
    D rei Tage lag hier etwas vom Frühling in der Luft, dann kam letzte Nacht der volle Mond und hielt den Welt-Raum weit offen, Welt-Kälte strömte herein, heute windets, wölkts und weiß nicht, was es dürfte –, wir müssen noch warten. Frühling, Frühlinge –, früher (wie oft ich dieses Wort muss vornehmen) früher waren die in Paris unter den wunderbarsten, die ich kannte, oft in den freigebigsten Ländern entging mir das Fühlen hier herüber, wenns April wurde stand ich Orangenbäumen zerstreut gegenüber und dachte, nein athmete hierher. Frühling in einer Landschaft ist leicht, aber Frühling in einer Stadt. Ich weiß nur zwei, die's können, ihn an sich haben, als ob er überall aus ihren brautblassen Mauern bräche, als ob ihre Fenster ihn erst fingen, den Unsichtbaren, mit ihren Spiegeln und Hereinwürfen in die nahe fühlbare Welt (Rom nimmt ihn groß an sein Herz, Rom ist gerührt, Rom
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