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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling
Autoren: Rainer Maria Rilke
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herrliche Hummel-Garage mit ganz glatt gefahrenem Ausgang. Manchmal fährt die großartige
Carosserie drin (im Ganzen hat die ›Maschine‹ die Länge etwa meines halben kleinen Fingers!) bis eben an den Ausgang vor: dann sieht man, vorn, die zwei riesigen ovalen Laternen spiegeln, rechts und links, es riecht ein bischen nach Lack …, dahinter, über den Motor, ist eine kostbare Pelzdecke gebreitet. – Das ist nur ein Beispiel für die Welt unserer Untermiether –, sie sind Legion. Die Marienkäfer zwischen den Scheiben multiplizieren sich wie rasend miteinander, – nun sind die einzelnen viel weniger gut gemacht, es kommt ihnen kaum noch darauf an, zu der rothgrundigen oder schwarzgrundigen Vasenfamilie zu gehören, es geht alles durcheinander und die Punkte sind ihnen durchaus egal. Auch komm ich, was die auf den Rücken fallenden angeht, mit dem Umdrehen beim besten Willen nicht mehr nach, bei zweihundert ist das schon mehr das Amt eines Waisenhausvaters. Ich überlasse sie der Natur …, die ja immer mehr in ihre Rechte tritt (ob es gleich die letzte Nacht feige und fleißig geschneit hat!)
    Wunderly II (3. 3. 1922), 683 f.
    U nd draußen, Chère, (oh ich weiß, daß der Winter nicht vorüber ist) aber »es lernt« schon Anfangs-Gründe des Frühlings. Hörten Sie die Vögeleinfälle! Und heute ist der Hummel zum ersten Mal aus der Garage gefahren, splendide, je vous dis, und oben an das kleine Schlafzimmerfenster an … Es liegt viel Schnee, aber die Losung heißt: ›Thauen!‹, und die Sonne hat schon da und dort eine braune Stelle gegenüber, die schlaftrunken antwortet, – nicht mehr cette lumineuses absence blanche et unie. Wie sind wir doch gebunden in alles dies, mein Gott, wie gehts uns an!
    Wunderly II (6. 2. 1923), 869
    I ch lese schon Correctur und glaube, dass man das Buch noch im Laufe dieses Frühlings erscheinen lassen will. –
    Dieses Frühlings: er hebt jetzt an. Zwischen Regentagen, die wie szenische Verwandlungen auf offener Bühne sind, kommt es immer wieder dieses Leuchten, Freuen, Leichtsein und Lächeln. Und der ganze Garten ist erfüllt von der Gebärde, mit welcher die kleinen Wiesenblumen sich täglich aufthun und schließen …
    Key (3. 3. 1904), 57
    F liegen sieht man eigentlich nichts, aber es piept und stimmt an und übt, der Sonntag war von der strahlendsten Wärme, meine Fensterthür stand offen bis in den Abend hinein und zum ersten Mal empfand man dieses Hereinwirken der Jahreszeit ins merkwürdig erweiterte Zimmer, das Raum von draußen hereinnahm, statt sich, wie bisher, um die Ofenecke zusammenzuziehen. Da war schon eine von den dunkleren Vogelstimmen dabei, eine reifere, schon innerlich gesungene, die zu den anderen sich verhielt wie ein Gedicht zu ein paar Vokabeln –, wie glänzte sie zu Gott, schon, schon, wie gläubig war sie, wie von sich selber voll, eine Liedknospe noch in den Deckblättchen ihres Klanges, aber schon bewußt ihrer unaufhaltsamen Fülle, vor-seelig und vor-bang. Oder eigentlich, die Bangheit war schon völlig in ihr, der gemeinsame Schmerz der Kreatur, der sich nicht theilen läßt und der genau so ein-fältig ist, wie drüben, jenseits aller Überwindungen, die Seeligkeit.
    Wunderly I (24. 2. 1920), 161 f.
    W ahrscheinlich wars der große Wechsel von Luft und Umgebung, jetzt geht es viel besser, auch nimmt sich alles schon zu so fortgeschrittenen Tagen zusammen, die Bäume kommen hoch, rasch, rasch, beinah wie Milch im Aufkochen, man wagt kaum wegzugehen. Vorgestern war ich in Versailles den ganzen Tag, (übrigens mit dem endlichen kleinen Buch Gebsattels, das ich Ihnen kommen lasse –), mir kommt vor, als hätte die Welt lange keinen Frühling so stark aus sich herausgetrieben, die Athmung all dieses Grüns macht die Luft doppelt.
    Vollmoeller (25. 4. 1911), 85
    … .
W ie sich die gestern noch stummen
Räume der Erde vertonen;
nun voller Singen und Summen:
Rufen und Antwort will wohnen.
             … … . .
    Werke II , 163
    N un bin ich, liebe Lou, in meinem kleinen Garten-Haus und es ist nach vieler Unruhe die erste stille Stunde darin; nun hat alles in dem schlichten Raum seine Stelle, wohnt und lebt und läßt sich Tag und Nacht geschehen; und draußen, wo so viel Regen war, ist ein Frühlingsnachmittag, sind die Stunden irgend eines Frühlings, der vielleicht morgen nichtmehr sein wird, der aber jetzt ist wie von Ewigkeit her: so sehr im Gleichgewichte ist der leichte schlanke Wind, dem sich die
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