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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Freie, Wehende, grenzenlos Offene …
    Wunderly I (10. 1. 1920), 98 f.
    AUS EINEM FRÜHLING
    (Paris)
    O alle diese Toten des April,
der Fuhren Schwärze, die sie weiterbringen
durch das erregte übertriebene Licht:
als lehnte sich noch einmal das Gewicht
gegen zuviel Leichtwerden in den Dingen

mürrischer auf … . Da aber gehen schon,
die gestern noch die Kinderschürzen hatten,
erstaunt erwachsen zur Konfirmation;
ihr Weiß ist eifrig wie vor Gottes Thron
und mildert sich im ersten Ulmenschatten.
    Werke II , 54 f.
    I ch bin erst seit Ostern wieder in Paris, die Unruhe des vielen Herumgekommenseins verbindet sich mit der des Frühlings, Erinnerungen in Bündeln liegen innen herum und, statt sie zu ordnen, staunt man den Luxembourg an und weiß, auch ohne hinzusehen, daß dort draußen Versailles liegt und freut sich auf die ersten Konfirmandinnen, die jeden Tag kommen können, wie der Flieder gekommen ist und gestern die Kastanien und heute der Weißdorn.
    Nostitz (11. 5. 1911), 27
    DIE KONFIRMANDEN
    (Paris, im Mai 1903)
    I n weißen Schleiern gehn die Konfirmanden
tief in das neue Grün der Gärten ein.
Sie haben ihre Kindheit überstanden,
und was jetzt kommt, wird anders sein.
    O kommt es denn! Beginnt jetzt nicht die Pause,
das Warten auf den nächsten Stundenschlag?
Das Fest ist aus, und es wird laut im Hause,
und trauriger vergeht der Nachmittag …
    Das war ein Aufstehn zu dem weißen Kleide
und dann durch Gassen ein geschmücktes Gehn
und eine Kirche, innen kühl wie Seide,
und lange Kerzen waren wie Alleen,
und alle Lichter schienen wie Geschmeide,
von feierlichen Augen angesehn.
    Und es war still, als der Gesang begann:
Wie Wolken stieg er in der Wölbung an
und wurde hell im Niederfall; und linder
denn Regen fiel er in die weißen Kinder.
Und wie im Wind bewegte sich ihr Weiß,
und wurde leise bunt in seinen Falten
und schien verborgne Blumen zu enthalten –:
Blumen und Vögel, Sterne und Gestalten
aus einem alten fernen Sagenkreis.
    Und draußen war ein Tag aus Blau und Grün
mit einem Ruf von Rot an hellen Stellen.
Der Teich entfernte sich in kleinen Wellen,
und mit dem Winde kam ein fernes Blühn
und sang von Gärten draußen vor der Stadt.
    Es war, als ob die Dinge sich bekränzten,
sie standen licht, unendlich leicht besonnt;
ein Fühlen war in jeder Häuserfront,
und viele Fenster gingen auf und glänzten.
    Werke I , 387 f.
    D ieses Schwanken draußen des Frühlings ist ohnehin, selbst für die gesunde Natur, voll verwirrender Aufgaben; in den Jahren, wo es der Frühling nicht leicht hat, giebt es
im April oft etwas wie ein Auf-hoher-See-sein des Bluts, ein Schwanken, Getrieben- und Gefährdetwerden, Tage, da der Raum unbeschreiblich den Boden überwiegt, so daß fast nur er, gegen alle Unterlage, ins Bewußtsein fällt (mit dem Föhn!).
    Wunderly II (21. 4. 1922), 740
    S o erschreckt mich fast der voreilende Frühling, der seit Wochen schon unaufhaltsam weiterwirkt und gegen das Datum recht behalten will: er reißt einem alle Fenster auf, ruft, weht und drängt herein und gefährdet die eigentümliche Verdichtung des Interieurs, für die gerade die hiesigen starken Mauern mir so brauchbar schienen. Und wie sehr gilt sein Überfall und Eindrang nun erst für den innerlichen Innenraum! Wie Sie damals in Flinsberg den Sommer noch festhalten wollten, so ist mirs jetzt um den Winter zu tun, um das sich-verhalten-dürfen, dem er zuweilen so wunderbar deckend und einschließend zu Hülfe kommt.
    K. Kippenberg (9. 3. 1921), 397
    D ieser Frühling, dieser vorauseilende, der im recht zu bleiben scheint, die Daten kommen athemlos hinter ihm hergestürzt! Ich nehme Anstoß an ihm, denn da ich viel Zeit verloren habe, hätte ich Noth, noch zugedeckt zu bleiben wie ein Winterbeet und am Liebsten zugeschneit. Diese Aufdeckerei des Gemüths ist mir widerlich, wenigstens im Augenblick. Aber gegen Kraut, das wachsen will, ist kein Kraut gewachsen.
    Münchhausen (10. 3. 1921), 119
    D er Herbst war hier schlecht, der Winter mit dem vielen Scirocco und den langen Regen drückend, und der von Allen so sehr erhobene Frühling ist nur ein Hasten in den gefährlichen Sommer hinein, wie ein Fall ohne Aufenthalt.
    Andreas-Salomé (12. 5. 1904), 154
    H ier ist nach einem Gewitter neulich, Winter (frühlingüberspringend) gerade in Sommer umgeschlagen, und die Bäume drängen hinter der plötzlichen Jahreszeit her, fast ohne Hoffnung, sie einzuholen.
    Nostitz (1. 4. 1914), 70
    H ier versucht sichs voreilig im Frühling;
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