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Frühling, Freunde, freche Fohlen

Frühling, Freunde, freche Fohlen

Titel: Frühling, Freunde, freche Fohlen
Autoren: Tina Caspari
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sie weit genug von der Boxenwand wegrutschen zu lassen. Bille atmete auf. Jetzt konnte sie sich zurückziehen und von der Stallgasse aus beobachten, ob alles normal verlief.
    Sie wagte nicht, sich auszudenken, was im Falle einer Komplikation geschehen sollte. Sie konnte nur inständig hoffen, daß bei einer Stute wie Jacaranda , die schon so viele Fohlen auf die Welt gebracht hatte, alles gut verlaufen würde.
    Jetzt begann Jacaranda zu pressen. Bille hielt den Atem an vor Spannung, als etwas Dunkelglänzendes unter der Schweifrübe erschien, zurückglitt und mit der nächsten Wehe wieder sichtbar wurde. Das ging so eine Weile, und noch einmal wurde Bille von heftiger Angst befallen; ihr Herz klopfte hart, und kalter Schweiß stand ihr auf dem Rücken. Aber dann erschien sichtbar die Nase des Fohlens zwischen winzigen Vorderhufen; und jetzt wußte Bille, daß das Fohlen normal lag und ohne Schwierigkeiten auf die Welt kommen würde.
    Da! Jetzt glitt es ins Stroh, lag einen Augenblick wie tot, doch dann fing es an zu zappeln. Bille atmete auf. Die Eihaut um die Nase des Fohlens zerriß. Es atmete, nieste ein wenig Schleim aus den Nüstern; Jacaranda wandte sich ihrem Neugeborenen zu und begann es zu beschnuppern und abzulecken. Bille brauchte nicht einzugreifen, alles war gutgegangen.
    „Ein kleiner Sohn ! Jacaranda , du hast wieder ein Hengstfohlen! Grauschwarz wie ein Eselchen ist es. Das wird sicher eines Tages ein stolzer Schimmel! Was meinst du — vielleicht sollten wir ihn ‚Januarsturm’ nennen? Weil er unterm Sturm geboren worden ist und so stürmisch auf die Welt kam. Ich werde es Daddy vorschlagen.“
    Jacaranda hatte ihr Kind gründlich trockengeleckt. Jetzt machte es den ersten zaghaften Versuch aufzustehen. Bille rührte sich nicht, um die Stute und ihren kleinen Sohn nicht zu stören. Sie wußte, daß ein Eingreifen jetzt nur Verwirrung stiften würde, denn in diesen ersten Lebensstunden wurde das Fohlen auf seine Mutter ,geprägt’ , es lernte sie als seine Mutter erkennen.
    Eine Weile schaute sie regungslos zu, wie der kleine Kerl sich aufrichtete, wieder zurückplumpste, beim nächsten Mal kurz auf allen vier Beinen stand, wieder umfiel und es gleich noch einmal probierte. Schließlich stand er breitbeinig und leicht schwankend im Stroh, und die zierliche, samtweiche Nase stupste suchend am Bauch der Mutter herum. Jacaranda fuhr mit sanft massierenden Strichen ihrer Zunge über den Rücken des Kleinen, der schließlich bis zum Euter vordrang.
    Jetzt konnte sie die beiden allein lassen. Leise räumte Bille Schüsseln und Eimer zusammen und verstaute Zellstoff und Handtücher im Schrank.
    Im Stall nebenan schlug eine Tür, dann hörte sie Eimer klappern. Das mußte Hubert sein. Oder der alte Petersen war vom Arzt zurückgekommen. Bille lief hinüber.
    „Was für ein Wetter!“ empfing sie der alte Petersen. „Ich hab geglaubt, ich komme heute überhaupt nicht mehr nach Hause. Ist irgend etwas losgewesen?“
    „Nur eine Kleinigkeit.“
    Bille verschränkte die Arme und grinste den alten Pferdepfleger an.
    „Eine Kleinigkeit? Was denn?“
    „Kommen Sie mit rüber, ich zeig’s Ihnen.“
    „Muß das gleich sein?“
    „Ich denke schon.“
    „Hast was kaputtgemacht, wie, und willst dein Gewissen erleichtern“, brummte der alte Mann. „Na schön, dann beichte mal.“
    Bille ging schweigend vor ihm her. Als sie in das Halbdunkel des Stutenstalls traten, nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn zu Jacarandas Box.
    „Wir haben wieder einen Sohn. Und was für einen! Ist das nicht ein Prachtkerl?“
    „ Dunnerlittchen ! Wann hast du denn das gemerkt?“
    „Gemerkt? Als die Eröffnungswehen einsetzten. Ich habe versucht, den Tierarzt zu benachrichtigen, aber das Telefon ist unterbrochen. Und dann habe ich alles so gemacht, wie Sie es mir beigebracht haben.“
    „Du hast das Fohlen ganz allein auf die Welt gebracht?“ fragte der alte Petersen kopfschüttelnd.
    „Ganz allein?“ Bille lachte. „Ach nein, ich würde sagen, Jacaranda hat mir geholfen.“
    „Gut gemacht, Mädchen, alle Achtung!“ Der Pferdepfleger schlug Bille freundschaftlich auf die Schulter. „Na komm, das muß begossen werden. Ich hab gerade Teewasser aufgesetzt. Einen kräftigen Tee mit Schuß können wir jetzt beide gebrauchen. Und dann gehen wir ans Füttern. Na, der Chef wird Augen machen, wenn er kommt!“

Ein Neuer im Schulstall

    „Auf das erste Fohlen dieses Jahres!“ Tom hob sein Sektglas übermütig in die
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