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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht
Autoren: Jennifer Estep
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oder etwas ähnlich Verrücktes. Aber ich hatte mir gedacht, mein Herz würde vielleicht weniger schmerzen, wenn ich zumindest wüsste, wo er sich aufhielt – und dass es ihm gut ging. Also hatte ich mich in sein Zimmer geschlichen, entschlossen, all seine Sachen zu blitzen, bis ich rausgefunden hatte, wohin er mit seinem Dad Linus verschwunden war. Das Erste, was ich gefunden hatte, war ein Zettel, der gut sichtbar auf seinem Schreibtisch lag.
    Ehrlich, Gypsymädchen.
    Hör auf, nach mir zu suchen.
    Alles Liebe
    Logan
    Ich wusste nicht, ob ich lächeln oder grummeln sollte, weil er mich so gut kannte.
    Nachdem ich die Nachricht gefunden hatte, hatte ich den Plan aufgegeben, Logans Aufenthaltsort herauszufinden. Doch ich konnte nicht widerstehen, immer wieder in sein Zimmer zu schleichen – besonders seit die Albträume begonnen hatten. Wenn ich die Augen schloss und sein Mythengeschichtsbuch oder eine der Trophäen berührte, konnte ich Logan fühlen, sehen und hören – den echten Logan, nicht den von den Schnittern in den Wahnsinn getriebenen Killer, in den er sich in meinen Albträumen verwandelte und der ein bösartiges Vergnügen daraus zu ziehen schien, mich wieder und wieder zu erstechen. Indem ich meine psychometrische Magie auf eine seiner Lederjacken oder die Schwerter anwandte, die hinten im Schrank aufgereiht standen, konnte ich fast so tun, als wäre Logan noch bei mir, als machte er sich im Moment bereit, sich im Speisesaal zum Mittagessen mit mir zu treffen, oder käme jeden Moment zum frühmorgendlichen Waffentraining in die Turnhalle. Es sorgte fast dafür, dass ich mich besser fühlte.
    Fast.
    »Nun, wenn du vorhast, den Rest der Nacht schmollend hier drin zu verbringen, dann schlafe ich noch ein bisschen«, erklärte Vic. »Weck mich, wenn es etwas zu töten gibt.«
    Damit schloss das Schwert sein Auge. Ich seufzte und schob es wieder in seine Scheide. Zumindest machte Vic keine Anstalten mehr, mir Vorträge zu halten. Oder noch schlimmer, mich voller Mitleid anzustarren.
    Ich wanderte zum Bett und setzte mich darauf, direkt neben ein Foto, und griff danach. Das Bild zeigte mich, wie ich auf den Stufen vor der Bibliothek der Altertümer saß, einen Arm um Logan gelegt. Er hatte dieselben schwarzen Haare und blauen Augen wie in meinem Traum, aber das spöttische, schelmische Grinsen auf seinem Gesicht erschien nie in meinem Albtraum. Es war ein willkommener Anblick, dessen ich nie müde wurde, besonders wenn man die schrecklichen Bilder bedachte, die mein Hirn ständig über Logan ausspuckte.
    Er lächelte zu mir auf, und ich ließ die Finger über sein Gesicht gleiten.
    »O Spartaner«, flüsterte ich. »Ich wünschte, du würdest gerade wirklich auf den Bibliotheksstufen sitzen. Und ich wünschte, ich wäre bei dir.«
    Logan grinste mich weiter an. Natürlich antwortete er nie, wenn ich so mit ihm sprach. Und er hatte auch auf keine meiner SMS oder Mailboxnachrichten reagiert. Manchmal erschien mir Logan wie ein wunderbarer Traum – der für immer verschwunden war. Vielleicht waren die Albträume deswegen so schrecklich … weil Logan nicht hier war, um mir zu zeigen, dass er kein Monster war; mir immer wieder zu beweisen, was für ein guter Mensch er war. Vielleicht war das der Grund, warum ich mich so oft in sein Zimmer schlich. Damit ich mich daran erinnern konnte, wie der wirkliche Logan war – und hoffen, dass er zur Vernunft kommen und bald an die Akademie zurückkehren würde.
    Dass er bald zu mir zurückkehren würde.
    Ich schnaubte. Ja, Vic hatte recht. Albträume hin oder her, ich benahm mich absolut, total jämmerlich.
    Auf dem Bett lag auch ein hübscher silberner Bilderrahmen mit einem Muster aus Blumen und Ranken. Logan hatte das Foto rahmen wollen, um es mir zum Valentinstag zu schenken. Ich hatte meine Psychometrie eingesetzt, um Bild und Rahmen zu blitzen. Er hatte gelächelt, als er den Rahmen in einem der Läden von Cypress Mountain ausgesucht hatte, und darüber nachgedacht, wie gut sich das Bild von uns auf meinem Schreibtisch machen würde, neben dem Foto von meiner Mom mit Professor Metis, als die beiden Teenager gewesen waren.
    Ich seufzte, und meine Hand glitt zu der Kette um meinen Hals. Sechs dünne, silberne Stränge schlangen sich um meinen Hals, und die diamantenbesetzten Enden des eleganten Schmuckstückes trafen sich in der Mitte, um eine Schneeflocke zu bilden. Die Kette war ein Weihnachtsgeschenk von Logan gewesen. Ein Geschenk, das ich fast immer trug,
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