Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frost

Frost

Titel: Frost
Autoren: John Rector
Vom Netzwerk:
Sara reagierte nicht, aber ich wusste, dass ich irgendwie einen Nerv getroffen haben musste.
    Ich versuchte mich zu entschuldigen, aber sie unterbrach mich.
    «Ich werde mir einen Job in einem Black-Jack-Kasino besorgen», sagte sie. «Man hört doch immer von diesen Leuten, die eine Riesensumme gewinnen und tausend Dollar Trinkgeld geben. Kannst du dir das vorstellen?»
    «Das wäre toll», sagte ich. «Aber darauf musst du wohl noch ein paar Jahre warten.»
    «Dann mach du das doch. Du gibst bestimmt einen tollen Croupier ab.»
    «Ich kann nicht in einem Kasino arbeiten.»
    «Warum nicht? Du bist doch volljährig.»
    «Die wollen ein Führungszeugnis.»
    «Machen die so was?»
    Ich lachte. «Bei dem ganzen Geld, das da herumfliegt?»
    «Oh.» Sara schwieg einen Moment, dann zuckte sie die Schultern und sagte: «Du hast vermutlich recht, aber ich mach es trotzdem, wenn es so weit ist.»
    Wir unterhielten uns noch ein wenig darüber, was wir in Reno tun würden, dann sahen wir, wie Syl über den Parkplatz auf unser Auto zukam.
    Ich beobachtete ihn genau.
    Sara bemerkte es und sagte: «Hörst du jetzt mal auf, dir Sorgen zu machen?»
    Ich wollte es versuchen.
    Als Syl schon fast herangekommen war, stieg Sara aus, klappte den Beifahrersitz nach vorn und wollte sich auf den Rücksitz zwängen.
    Syl hinderte sie daran.
    «Ich sitze hinten», sagte er. «Es ist euer Auto.»
    «Für fünfhundert Dollar können Sie auch vorn sitzen, finde ich.»
    Syl lehnte ihr Angebot erneut ab, und Sara gab nach. Ich verstand sie. Fast unser ganzes Gepäck hatten wir hinten hineingequetscht. Es war eng auf dem Rücksitz, selbst für sie. Syl schaffte es irgendwie, aber leicht war es nicht.
    «Geht’s bei Ihnen dahinten?»
    «Ich fühle mich wie ein Baby im Mutterleib», antwortete Syl. «Warm und gemütlich.»
    Sara stieg ein und schloss die Beifahrertür. Sie drehte sich zu Syl um. «Wenn Sie doch lieber vorne sitzen wollen, dann sagen Sie es einfach. Ich habe kurze Beine.»
    «Das ist nett, Süße, aber es ist alles okay hier hinten.»
    Sara sah mich an und zuckte die Achseln.
    «Alle fertig zum Losfahren?»
    Sie nickten, und ich lenkte das Auto vom Parkplatz auf den Highway.
    ***
    Die Straße sah zunächst ganz gut aus. Am Rand lag zwar Schnee, aber die Fahrbahn war frei, und wir kamen schnell voran. Um uns herum schlängelten sich dünne Schneefäden über den Asphalt und verschwanden unter dem Auto.
    Wir sprachen nicht viel.
    Ich hörte, dass sich Syl hinter mir an etwas zu schaffen machte, und schaute in den Rückspiegel. Er rückte die Taschen auf dem Rücksitz zurecht, hustete und sagte dann: «Ihr beiden reist nicht gerade mit leichtem Gepäck, was?»
    «Alles, was wir haben, ist dahinten drin», sagte Sara.
    «Alles?»
    «Alles, was sich zu behalten lohnt.»
    Syl schwieg einen Augenblick, dann sagte er: «Lauft ihr beide vor etwas davon oder auf etwas zu?»
    «Was meinen Sie damit?»
    Syl hustete erneut. «Ihr habt euer ganzes Zeug ins Auto gepackt und fahrt quer durch das ganze Land. Entweder rennt ihr vor etwas weg oder zu etwas hin. Was von beiden ist es?»
    «Beides, denke ich», sagte Sara. «Wir wollen heiraten.»
    «Tatsächlich?»
    «Sobald wir einen Ort gefunden haben, an dem wir bleiben wollen.» Sie schaute mich an und lächelte. «Stimmt doch, oder?»
    Ich nickte.
    «Und was sagen eure Eltern dazu?»
    Sara lachte. «Meine sind nicht gerade überglücklich, aber sie kommen schon damit zurecht. Nates Eltern sind tot.»
    «Alle beide?»
    «Sie sind gestorben, als ich noch klein war», sagte ich. «Ich bin bei Pflegefamilien groß geworden, mit meinem kleinen Bruder.»
    «Und was sagt er dazu?»
    Ich schüttelte den Kopf. «Er ist auch tot.»
    «Er ist vor ein paar Jahren bei einem Autounfall gestorben», sagte Sara. «Nate saß am Steuer.»
    Ich schaute zu ihr hinüber und wollte etwas sagen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt, und ich konnte die Worte nicht finden. Normalerweise sprach ich nicht darüber, was mit meinem Bruder passiert war, schon gar nicht mit Fremden. Dass sie es einfach so wie nebenbei erzählte, schockierte mich.
    Ich starrte sie an, aber sie hatte sich zu Syl umgewandt und merkte es nicht. Als sie endlich zu mir sah, lächelte sie, berührte meinen Arm und sagte: «Es war wirklich hart.»
    «Tut mir leid zu hören», sagte Syl. «Wie hieß er denn?»
    Ich räusperte mich. «Vincent.»
    «Bist du so zu dieser Narbe gekommen? Bei dem Unfall?»
    «Nein», sagte ich. «Das war etwas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher