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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Erregung nicht mehr. Er hörte nur ein Wort: »… keine Partisanen …«
    Da ließ er die Pistole sinken, lehnte sich weit zurück an die Mauer, schloß die Augen und hatte das Gefühl, laut schreien zu müssen.
    So fanden ihn Oberleutnant Pjelkow und Arischa Tulpanowa. Pjelkow grüßte militärisch. Er half Kramer aufstehen, nahm ihm sanft die Pistole aus der kraftlosen Hand und führte ihn die steile Treppe hinauf ins Freie.
    Die vier Sowjetsoldaten hoben die Trage Irenes hoch. Vorsichtig trugen sie die Besinnungslose Stufe für Stufe nach oben.
    Oben am Kellereingang stand der Partisanenführer. Massig, breit, mit wallendem Bart. Als Leutnant Kramer aus der Tiefe auftauchte, hob er die Hand, ballte sie zur Faust und ließ sie krachend auf Kramers Kopf niederfallen. Der Leutnant stürzte und rollte in die Trümmer eines ausgebrannten Autos.
    Oberleutnant Pjelkow zögerte nicht eine Sekunde. Noch ehe der Partisan eine Abwehr unternehmen konnte, hieb er ihm mit dem Kolben der deutschen Pistole gegen die Schläfe. Wie ein gefällter Baum fiel der Riese um, Pjelkow vor die Füße.
    Der trat mit einem großen Schritt über ihn hinweg und winkte zwei Unteroffizieren.
    »Mitnehmen! Zum Kommandeur. Fesselt ihn!«
    Dann beugte er sich zu Kramer, half ihm aufstehen, bot ihm sein Taschentuch an und stützte ihn bei den ersten schwankenden Schritten.
    »Ich muß Sie wegen meines Kameraden um Verzeihung bitten«, sagte er in einem harten Deutsch. »Er ist kein Soldat …«
    Kramer nickte. Er sah der Trage Irenes nach, wie sie auf den Jeep gelegt wurde. Mit Stricken band man Irene fest, damit sie nicht von der Trage rollen konnte.
    »Ich möchte Ihnen danken«, sagte er mit zitternder Stimme.
    Pjelkow winkte ab. »Das ist im Krieg nicht üblich …«
    Langsam fuhr der Jeep an. Im Schrittempo. Leutnant Kramer ging hinterher. Er fühlte sich so stark, bis zum Ural zu laufen. Zwei Rotarmisten begleiteten ihn.
    Er sah sie gar nicht.
    Er sah nur Irene, der er nachlief in das Leben.
    Zwanzig Minuten später traf die Nachhut ein. Weit auseinandergezogen schoben sich die beiden Infanteriezüge durch das Partisanengebiet.
    Sie fanden keinen Widerstand. Kein Schuß fiel. Der Wald war ausgestorben und still. Unheimlich still im Halbdunkel der Nacht. Nur verlassene Schützenlöcher, geräumte Scharfschützenstände in den Baumkronen.
    Und die qualmenden Reste des Fronttheaterbusses auf der Straße.
    Der Feldwebel, der die Nachhut führte, starrte verwundert auf den kleinen, verlorenen Haufen, der am Waldrand auf der Erde hockte: eine Handvoll Soldaten, zwei Zivilisten, drei Mädchen.
    »Menschenskind, wo seid ihr denn entlaufen?« fragte er Doelles. »Sitzen hier quietschvergnügt mitten im Partisanengebiet.«
    »Quietschvergnügt ist gut«, meinte Doelles trocken. »Deinen Humor möcht' ich haben.« Er sah sich suchend um. »Wo habt ihr denn die Handkarren von den Granatwerfern?«
    »Was willste denn damit?«
    Doelles wies mit dem Daumen nach hinten, wo die rauchvergifteten Mädchen lagen. »Sag bloß, ihr habt die Dinger nicht mehr«, kam ihm eine leise Ahnung.
    Der Feldwebel schob den Stahlhelm in den Nacken und kratzte sich schuldbewußt den Kopf. »Genau das. Die Karren waren so unhandlich im Wald.«
    »Na, dann frohes Fest«, murmelte Doelles erschüttert. »Wie sollen wir jetzt die Mädchen nach Hause kriegen?«
    Der Feldwebel grinste breit. »Auf den Armen natürlich. Du bist doch sonst so'n starker Mann.«
    Doelles schwieg betreten.
    »Haste ihr doch versprochen bei der Hochzeit, nicht?« ließ sich einer seiner Kumpels vernehmen. »Wie heißt das noch: Wo du hingehst, will auch ich …«
    »Ach, halt die Schnauze!« knurrte Doelles. »Also los. Dann wollen wir mal.« Er hängte sich die MP über den Rücken und hob Lore auf seine Arme. Zwei andere Landser trugen Erika und Sonja.
    »Wennde müde wirst, Jupp, ick lös dir jerne ab«, krähte eine Stimme.
    »Nich in die Tüte«, sagte Doelles grob. »Meine Lore schaff ich schon alleine. Bis nach Köln, wenn's sein muß.«
    Zwei Stunden später dämmerte der Herbstmorgen durch das Geäst der Bäume. Im Osten färbte sich der Himmel grau.
    Vor den Landsern öffnete sich der Wald zu einer weiten Ebene mit dichten Buschgruppen.
    Sie bemerkten den Panzer erst, als plötzlich Mündungsfeuer aus dem nächsten Gebüsch aufflammte. Dicht neben Doelles sauste die Granate in den Wald.
    »Mist, verdammter!« Doelles ließ Lore zu Boden gleiten, zerrte sie hinter einen Baumstamm und warf
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