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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Er schrieb von seinem Stolz, daß auch sie ihren Teil zu den heroischen Kriegsanstrengungen des deutschen Volkes beitragen durfte. Sie solle sich immer ein Beispiel an dem Opfermut der Soldaten nehmen …
    Lore Sommerfeld ließ den Brief sinken. Ihre verträumten blauen Augen blickten ins Leere.
    Sie faltete den Brief zusammen und schob ihn in die Seitentasche ihres Wehrmachtsmantels. Sie fühlte sich plötzlich allein, entsetzlich allein.
    Fritz Garten stand am Fenster und sah hastig seine Post durch. Ein paar Briefe von Freunden und Kollegen, offizielle Schreiben von der Leitstelle Smolensk, von Truppenkommandos. Und ein weißer Umschlag mit einem großen Hakenkreuzsiegel: Reichstheaterkammer, Abteilung Fronttheater, Bereichsleiter Ost.
    Endlich, dachte Garten, als er den Umschlag mit den Zähnen aufriß. Hastig überflog er die Zeilen. Das Papier zitterte in seiner Hand. Eine tiefe Falte grub sich zwischen seine Brauen. Mit einem leisen Fluch knüllte er den Brief zusammen und schob ihn in die Tasche.
    »Ärger, Fritz?« Walter Meyer war leise an Garten herangetreten und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    Wortlos kramte Garten den Brief aus der Tasche und gab ihn seinem Kollegen.
    »Schon drei Wochen alt«, kommentierte Meyer nach einem flüchtigen Blick auf das Datum.
    »Na, wenn schon.«
    Walter Meyer nickte verständnisvoll und begann zu lesen: »… müssen Sie es schon meiner größeren Sachkenntnis und Übersicht überlassen, zu entscheiden, welche Programme für den deutschen Soldaten geeignet sind. Ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern, daß Ihre Einmischung in meine Angelegenheiten Sie schon einmal …«
    »Der Rest ist privat«, sagte Fritz Garten hastig und nahm Meyer den Brief aus der Hand.
    »Schon mal angeeckt, was?« fragte Meyer vorsichtig. »Bei Bereichsleiter Planitz persönlich?«
    Garten setzte sich auf einen Stuhl. Sein leerer Ärmel pendelte neben der Lehne.
    »Planitz ist der einzige Mensch auf der Welt, den ich hasse«, sagte er leise. »Ich könnte ihn mit meiner bloßen Hand erwürgen, so hasse ich ihn. – Es gibt etwas, was ich ihm nie vergessen und nie verzeihen werde, Walter.«
    Fritz Garten deutete auf seinen leeren Jackenärmel. »Planitz ist schuld daran, daß ich den Arm verloren habe. Den Arm und die Frau, die ich liebte.«
    Seine Augen wurden hart und kalt, als er hinzusetzte: »Und eines Tages wird er mir dafür bezahlen, Walter. Das schwöre ich dir.«
    In Dabuscha rüstete man mit steigendem Eifer für den Empfang der Theatergruppe. Die Halle glänzte vor Sauberkeit, über der Tür hing ein tannenumkränztes Willkommensschild. Am Kopfende der Halle hatten die Kompanietischler auf Böcken und Planken eine Bühne gebaut. Aneinandergeknüpfte Zeltbahnen bildeten kleine Umkleidekabinen. Obergefreiter Doelles half mit. Oh, wie er sich auf diese Vorstellung freute.
    Jupp Doelles' Geduld wurde noch auf eine harte Probe gestellt. Die Schauspieler wurden zunächst in die Offiziersmesse gebeten, um sich aufzuwärmen und zu Mittag zu essen. Erst eine gute Stunde später erschienen sie in Begleitung der Offiziere in der Halle, um sich mit der Bühne vertraut zu machen.
    Kurz nach acht traf der Bataillonskommandeur ein. Oberleutnant Peters machte Meldung. Der Kommandeur nickte. »Setzt euch, Kameraden!«
    Hinter der offenen Bühne ertönte ein Gong. Das Licht erlosch. Die vierhundert Männer im Saal wurden still.
    Lore Sommerfeld spielte ein zierliches, zerbrechliches Gretchen, rührend in seiner hilflosen Liebe.
    Ihr langes blondes Haar fiel in zwei dicken Zöpfen über ihre Schultern. Keiner der Männer im Saal dachte bei ihrem Anblick daran, daß er seit vielen Monaten keine Frau mehr gesehen hatte. Sogar die primitivsten Gemüter fühlten nichts als Mitleid mit ihr. Längst verschüttete Beschützerinstinkte rief ihre zarte Erscheinung wach.
    Garten als Mephisto machte sich an Lore-Gretchen heran.
    »Der Bazi, der lumperte«, knirschte ein muskulöser Bayer aufgeregt. »Wenn der dem Madl was tuat, derschlag i eahn.« Er ballte seine Holzfällerpranken. »G'selchtes mach i aus eahm, dem Lumpen, dem dreckaten.«
    Nach dem Gretchen-Monolog applaudierten die vierhundert Landser auf offener Szene. Die Spannung war abgeklungen.
    Die Frauen, mit Ausnahme von Lore Sommerfeld, hatten in den Zeltbahnkabinen ihre Kostüme gewechselt. Die Scheinwerfer verloschen. In der Dunkelheit wurden Kulissen gerückt.
    Dann blitzten die Scheinwerfer wieder auf. Vom Bühnenhintergrund angestrahlt,
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