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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Innere des glutheißen Wagens.
    Die Mädchen lagen ohnmächtig im Stroh, halb erstickt, mit von den Körpern gerissenen Kleidern.
    Fritz Garten und Hauptfeldwebel Müller nahmen die Mädchen ab, die Doelles aus dem Stroh zur Tür schleifte. Sie trugen sie vom Wagen weg an den Waldrand und legten sie in das Gras.
    Die Flammen fraßen sich weiter. Prasselnd hatten sie das Fahrerhaus ergriffen, leckten zu dem Aufbau, krochen an den Achsen entlang zum Benzintank.
    Doelles warf den Koffer aus dem Wagen. Die Kisten mit den Büchsen, die als ›Eiserne Portion‹ unter der Kontrolle der Mädchen waren. Konserven mit Gulasch, Schmalzfleisch, Nudeln und Schweinebraten. Büchsen mit ausgelassenem Fett. Teewürfel und Milchpulverdosen.
    »Doelles raus!« brüllte Müller vom Waldrand her. »Der Benzintank! Hau ab, Doelles!«
    Mit zwei Kisten unter dem Arm sprang Doelles aus dem Wagen. Er rannte humpelnd von ihm weg.
    »Achtung!« schrie Müller. Er drückte Gartens Kopf in das Gras.
    Fast gleichzeitig explodierte der Wagen mit ohrenzerreißendem Knall.
    Doelles lag einen Meter von dem schützenden Waldrand entfernt auf der Straße. Holzstücke. Balkenenden. Blechteile regneten auf ihn herab. Sein Körper wurde wie mit hundert Stöcken geschlagen.
    Er lag, das Gesicht auf die Straße gepreßt, den Stahlhelm in den Nacken geschoben, und hielt den Atem an. Jetzt – dachte er. Nein – aber jetzt – ein Stück des Motors, eine Felge, ein ausgezackter Teil der Kotflügel, in den Rücken oder in den Nacken oder in beide Schenkel. Jetzt – verdammter Mist, daß so das Ende ist! Ich hätte so gern den kleinen Juppi gesehen, dachte er. Nur einmal auf den Knien reiten lassen, nur einmal … Jetzt! Oh, auf das Kreuz, ich breche auseinander. Und jetzt wieder. Verdammt, o verdammt. Aber ich lebe ja noch, ich fühle noch, ich höre noch. Mein Gott, ist es denn nicht bald zu Ende?
    Sekunden später zogen Müller und Garten Doelles von der Straße.
    Er lebte. Ein Balkenstück war ihm in den Nacken geschleudert worden. Es hatte ihn besinnungslos geschlagen, ohne ihn ernstlich zu verwunden. Die Halswirbel schienen unverletzt zu sein.
    Von dem großen Kulissenwagen lagen nur noch Teile der Achsen und des Fahrgestells auf der Straße. Eine riesige Öllache brannte und schickte eine tiefschwarze Rauchwolke in den Himmel.
    Müller wusch Doelles' Gesicht mit dem Tee aus seiner Feldflasche. Er massierte das Herz und schlug ihm ab und zu kräftig an die Backen. Plötzlich öffnete Doelles die Augen. Müller hatte gerade wieder zugeschlagen.
    »Wohl verrückt, was?« murmelte Doelles und richtete sich ächzend auf. »Haut mich der Knallkopf in die Schnauze! Was soll das, Hauptfeld?«
    »Er ist wieder da!« Müller setzte sich und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Und wenn er ohne Hintern herumläuft, die große Klappe behält er!«
    Doelles sah sich tief atmend um. »Die Mädchen …?« fragte er stockend. »Lore … Sind sie …?«
    »Dort!« Müller nickte zum Wald hin. Walter Meyer hatte seine verbrannten Hände mit Hemdfetzen umwickelt und hielt bei Sonja Deppe Wache. »Sie wären bald erstickt. Aber der Sani hat sie schon behandelt.«
    »Sie leben!« sagte Doelles glücklich.
    »Hm.« Müller sah in den Himmel. Plötzlich wußte auch Doelles, was Müller dachte. Sein dreckverschmiertes Gesicht verzog sich.
    »Und was nun?« fragte er leise.
    »Ja. Was nun?« Müller starrte noch immer in den Himmel. »Wir sind ganz allein. Die anderen Wagen sind schon durch. Die Nachhut kommt in fünf Minuten. Sie hat nur drei Krads bei sich und vier Handwagen für die Minenwerfermunition.«
    »Dann werden wir die Mädchen in die Handwagen legen«, schlug Fritz Garten vor.
    »Und ich spanne mich davor und ziehe sie«, sagte Doelles, »und wenn ich durchlatschen muß bis Köln.«
    Im Wald von Stawenkow lag die 3. Kompanie des 1. weißrussischen Infanterieregiments.
    Oberleutnant Michail Pjelkow stand dem bärtigen Partisanenführer gegenüber, der seine Leute gerade in das von den Deutschen verlassene Dorf schicken wollte.
    »Rufen Sie Ihre Leute zurück!« sagte der Offizier zu dem Partisanen.
    Der Bärtige zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen. Seine Augen waren enge, böse Schlitze.
    »Haben Sie nicht verstanden?« fragte Oberleutnant Pjelkow mit Nachdruck. »Oder soll ich Sie entwaffnen lassen?«
    Widerwillig rief der Partisan seinen Leuten ein Kommando zu.
    Der Oberleutnant zog einen Zettel aus der Tasche und sah zu dem brennenden Dorf
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