Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
sie mit einer entschlossenen Bewegung auf den Fußboden. In die äußerste Ecke des Zimmers.
    Leise ging er durch den Raum und setzte sich auf den Bettrand. Mit einer behutsamen, zarten Bewegung strich er die Decke über Irenes Körper glatt. Obwohl gar nichts glattzustreichen war.
    Irenes Gesicht war entspannt. Ihr Atem kam flach, aber ruhig und regelmäßig. In den Mundwinkeln saß etwas festgetrocknetes Blut.
    Auf dem Tisch blakte die Petroleumlampe. Ihr Schein tanzte auf dem stillen, gelösten Gesicht, gab ihm zuckendes Leben. Und Kramer sah unverwandt auf das Gesicht, horchte auf den leisen Atem.
    Es ist alles gut, dachte er. Es ist alles richtig. Ich habe richtig gehandelt. Vielleicht zum erstenmal in meinem Leben.
    Die Lampe blakte.
    Kramer sah auf. Ich sollte den Docht höher drehen, fiel ihm ein. Aber er wollte nicht. Er mochte nicht aufstehen. Er wollte auf dem Bettrand sitzen bleiben und in das geliebte Gesicht sehen. Immer …
    Fünf Minuten später verflackerte das Licht der Ölfunzel. Es war dunkel.
    Aus der Ferne heisere Stimmen. Das Klirren von Waffen. Partisanen …
    Die Stimmen kamen näher, waren jetzt dicht vor der Tür.
    Es ist richtig, dachte Kramer. Es ist alles gut und richtig.
    Und er wunderte sich, daß er keine Angst verspürte. Überhaupt keine Angst …
    Kurz nach zwei Uhr nachts traf die Kompanie Kramer auf die Reste der Dritten.
    »Unsere einzige Chance ist ein schneller Durchbruch«, erklärte der junge Oberleutnant dem Hauptfeldwebel Müller. »Wir fahren mit Höchsttempo, ohne Sicherung. Der Partisanenriegel liegt ungefähr zehn Kilometer von hier.« Er deutet auf die Karte. »Wenn wir Schwein haben, sind wir in einer Stunde durch. Wenn nicht …« Er beendete den Satz mit einem Schulterzucken.
    Eine knappe Viertelstunde später raste die Kolonne die enge Straße entlang.
    Der erste LKW war leer. Er sollte etwaige Minen auffangen und mit seiner Vernichtung den anderen eine Gasse bahnen.
    Ein leerer Wagen, bis auf den Mann am Steuer. Eigentlich noch kein Mann. Ein halbes Kind, ein Junge, auf den keine Frau und keine Kinder warteten, wenn er mit dem Wagen in die Luft flog.
    Höchstens eine Mutter. Eine Mutter …
    Hauptfeldwebel Müller hockte neben Doelles am MG, das auf einen LKW montiert war.
    »Wir haben fast die Hälfte«, sagte Doelles nervös. »Noch 'ne Viertelstunde.«
    Müller nickte. »Dann ist entweder alles vorbei – oder wir kommen durch, und der ganze Mist geht wieder von neuem los …«
    Von vorn das Kreischen von Bremsen.
    Müller richtete sich auf und starrte in das Dämmerlicht.
    Quer über die Straße lag ein gefällter Baum.
    Müller riß das MG hoch und sprang zur Erde.
    »Überraschungsdurchbruch in die Hose«, sagte er trocken, als er sich hinter seiner Waffe auf die Erde warf.
    »Feuererlaubnis!«
    Mit Karabinern und Maschinenwaffen kämmten die Landser den dichten Wald zu beiden Seiten der Straße ab, während zehn, zwölf Mann versuchten, den Baumstamm zur Seite zu wuchten.
    Fast eine Viertelstunde dauerte es, bis die Straßensperre beseitigt worden war.
    Dann fuhr die Kolonne wieder an.
    »Mensch, was würd' ich drum geben, wenn ich 'n paar Stunden älter wär'«, sagte Walter Meyer, als der Bus des Fronttheaters anruckte.
    »Halt die Schnauze, Walter«, kam Gartens Stimme aus dem Dunkel. »Als wenn die Mädchen nicht auch ohne deine Unkerei genug hätten.«
    »Wieso Unkerei?« sagte Meyer unschuldig. »Das sollte doch 'n Scherz sein. Zur Aufmunterung der Moral und so weiter.«
    Die drei Mädchen hockten dicht zusammengedrängt auf dem Boden des Wagens zwischen den Männern.
    Garten hörte Erikas Atem. Flach, rasch, nervös.
    Er wollte die Hand tröstend auf ihre Schulter legen. Aber er konnte es nicht. Seit Dr. Bertholds Tod waren sie wie Fremde nebeneinander hergelaufen. Nicht einmal Blicke wagten sie zu wechseln.
    »Wir sollten jetzt eigentlich gleich durch sein«, sagte er nach einer Weile. »Wenn in den nächsten fünf Minuten nichts passiert, dann …«
    Das harte Hämmern eines Maschinengewehrs schnitt ihm den Satz entzwei. Eine zweite Waffe setzte ein, eine dritte.
    Der Wald spuckte grüne Leuchtspuren nach den Wagen.
    »Deckung!« schrie Garten und riß Erika mit sich zu Boden.
    Sie wehrte sich nicht gegen seine Hand. Garten spürte, wie sich Erika an ihn klammerte.
    Müller lag hinter seinem MG und schoß blind in den dichten Busch. Er sah keinen Russen. Die Schüsse schienen aus dem Nichts zu kommen.
    Mit lautem Knall zerplatzte der linke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher