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Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser

Titel: Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser
Autoren: Jochen Senf
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Spielchen waren das Druckmittel. Die hatten das Söhnchen zum Muttermörder gemacht. Oder sehen Sie das anders? Das sagten wir ihm.
    »Hören Sie, Sie vögelten die Mutter im Beichtstuhl, hinter dem Altar, auf den Kirchbänken, aber erst nach einer gewissen Zeit der Verlustierung der Mutter mit dem Söhnchen in der Badewanne. Ein untrennbares Ritual, das Sie beide aufgeilte. Das Söhnchen war Mittel zum Zweck. Ein Fetisch der Blutsbande. Wir hatten keinen Erfolg. Wir eliminierten Nemec. Zwangsläufig. Selbst da blieb Donati stur. Vögeln war Teil der Beichte. Das Beichtgeheimnis war heilig. Im Gegenteil, er forderte, Thomas Bosic laufen zu lassen. Das taten wir. Das wars dann aber auch von seiner Seite.«
    Ein knallroter Porsche parkte ein paar Meter weiter ein. Ein Müllmann rumpelte Mülltonnen aus einem Hauseingang. Ich war im freien Fall.
    »Wir starteten einen letzten Versuch. Die Pille, die Rosi Ihnen verabreichte. Volltreffer. Sie rasteten aus. Bis auf den letzten Grund des Ozeans. Tiefseetaucher. Die ganze Kaputtheit Ihrer Seele schwemmte hoch. Poulet hatte es aufgenommen. Im Lieferwagen. Dieses Band spielten wir Donati vor. Er war bereits der Mörder Ihrer Kinderseele. Sie wurden dadurch zum Mörder an Ihrer Mutter. Wir sagten ihm, dass wir Sie töten würden, wenn er uns nicht Poulets Material gäbe. Nicht nur Sie. Auch Thomas Bosic samt Schwester. Ein Faden, 30 Jahre lang, legte sich wie eine dünne Schlinge um den Hals seines Gewissens. Dem war er nicht gewachsen. Er gab uns das Material. Der Rest war einfach. Wir töteten die Mitwisser. Poulet und Betty. Martha Klein. Die beiden Kollegen. Subalterne Chargen. Das wars. Alle Beweise waren vernichtet. Das Projekt hat es nie gegeben. Ich hatte es initiiert. Eigenverantwortlich. Sozusagen auf eigene Kappe. Es gibt keine Mitwisser mehr. Nur Nichtwisser. Die Welt ist wieder normal.«
    Sie war eiskalt. Der Priester auch. Erst als es ihm an die eigene Seele ging, regte sie sich. Aber wahrscheinlich hatte er mein Leben gerettet.
    »Warum haben Sie mich laufen lassen?«
    Sie lachte.
    »Sie haben nichts in der Hand gegen uns. Dann hätten wir ja alle beseitigen müssen. Warum eine Schlachtbank errichten? Unnötig Aufsehen erregen? Außerdem, mein Lieber, wer würde Ihnen diese Geschichte denn abnehmen? Wen interessiert das? Die geheimen Folterkeller dieser Welt werden sich niemals öffnen. Keinen Spalt weit. Weil niemand es will. Man tut es. Basta.«
    »Thomas ist Zeuge.«
    »Thomas Bosic und Lea? Die pfeifen doch auf dem letzten Loch. Sie wissen, dass ihre Mutter tot ist. Wir haben es ihnen gesteckt. Die sind jetzt erst mal mit sich selbst beschäftigt. Thomas ist verwurstelt in seine Laufbänder. Da kann laufen, was will. Gerichtsnotorisch ist das nicht. Eher für die Klapse. Ich weiß, dass sie in Berlin sind. Bei Barbara Vogelweide. Sie wollen sich auch engagieren?«
    Das wollte ich. Aber das ging sie nichts an.
    Barbara Vogelweide hatte meine Drogenabsence miterlebt. Ich hatte sie darum gebeten, zu schweigen, bis ich sie um ein Gespräch bitten würde. Das wollte ich tun.
    »Ich habe noch was für Sie.«
    »Deswegen bin ich hier.«
    Ich stand auf und ging ins ›Dollinger‹. Am Tresen stand Jean.
    »Gib mir den Koffer.«
    Jean gab mir den gelben Koffer, den ich hinter dem Tresen deponiert hatte.
    Ich stellte den gelben Koffer neben sie.
    »Das gute Stück.«
    Sie erhob sich.
    »Sie zahlen wie das letzte Mal?«
    »Klar doch.«
    Sie warf mir zum letzten Mal ihren Röntgenblick zu. Sie hatte immer alles fest im Griff. Sie nahm den Koffer und ging auf den roten Porsche zu. Sie drehte sich noch einmal kurz um und winkte mit der freien Hand. Der arrogante Mensch des BND stieg aus dem Wagen und verstaute den Koffer auf dem Rücksitz. Ihn hatte ich nicht erwartet. Er war mir sehr willkommen.
    Ich holte das Kästchen aus meiner Jackentasche und montierte die Drähte.
    Jean kam mit einem Teller Austern.
    »Ist sie schon wieder weg?«
    Der Porsche fuhr aus der Parklücke. Die Ampel hatte Grün. Der Porsche fuhr über die Kreuzung.
    Jean stellte den Austernteller auf den Tisch. Er war schon immer ein verspielter Typ. Er legte den Hebel des Kästchens einfach um. Es gab einen furchtbaren Knall und eine große, knallrote Stichflamme schoss hoch. Der Porsche machte einen Riesensatz, zerplatzte in alle Windrichtungen, das Chassis plumpste zurück und brannte lichterloh.
    Es hatte funktioniert.
    »War ich das?«
    Jean zeigte mit dem Zeigefinger auf das Kästchen, dann auf das
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