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Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser

Titel: Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser
Autoren: Jochen Senf
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Hautveränderungen. Die Frauen nackt. Ihr ganzer Körper, Körperteil für Körperteil, Pore für Pore beim allmählichen Übergang von Wärme zu Frost in allen Phasen abgefilmt. Bis zur völligen Erstarrung.
    Hitzeexperimente. Bei mehrtägigem Wasserentzug. Bis zum Delirium. Gleiche Technik. Blasen auf der Haut. Zeitlupe. Zerspringende Lippen. Röcheln zertrockneter Kehlen.
    Sensorische Deprivation. Den Personen waren Säcke übergestülpt. Überdimensionale Kopfhörer. Körper in Overalls, die Ersteren vollständig bedeckten. Schwere Stiefel. Handschuhe. Filmen der nackten Menschen in regelmäßigen Abständen. Ihrer Sinne und ihres Verstandes verlustig. Desorientierung. Zuckende Kompassnadeln ohne Richtung. Heftige Grimassierungen. Augen aus den Augenhöhlen. Nasen zerschrumpelten. Einzelaufnahmen.
    Selbstverschuldete Folter. Langes Stehen bei ausgestreckten Armen. Einen Tag und länger. Bis zur völligen Erschöpfung. Die Beine schwollen an. Geschwollene Gelenke. Die Schmerzen qualvoll. Kein Mensch berührte sie. Opfer ohne Täter. Schmerzen selbst zugefügt. Selbst zugefügt. Identitätsverlust. Irres Lachen eines Delinquenten. Fiel um. Hat sich selbst totgelacht.
    Männer an Seilen von der Decke. Über ihre Köpfe Säcke gezogen, um den Hals verschnürt. Nur die Fußspitzen berührten den Boden. Sie versuchten sich auf den Zehen abzustützen, um den Druck auf die Gelenke zu verringern. Bald waren sie erschöpft.
    Kopf unter dem Sack kippte zur Seite. Leises Schaukeln am Seil. Ein Uhrpendel tickte aus.
    Elektroschocks. Unter ihnen Thomas Bosic. Erst erkannte ich ihn nicht. Sein Gesicht war verzerrt. Aber er war es.
    Durch die Bildtranchierung verloren diese Menschen alles Menschliche. Humanpräparate auf der Suche nach dem chirurgisch präzisen Folterschnitt.
    Martha Klein begleitete alle Experimente. Stellte Fragen. Notierte. Gab Anweisungen. Man hörte ihre Stimme. Klar, fest, präzise. Nüchtern.
    Dann sah ich die Rothaarige. Im Gespräch mit Martha Klein. Sie war deutlich zu erkennen, obwohl das Glas das Licht stark reflektierte.
    »Wann ist das aufgenommen worden?«
    »Vor drei Tagen.«
    »Hat es Ihnen gefallen?«
    Es war die Stimme des arroganten BND-Agenten. Er stand mit dem Tangotänzer und dem Dicken hinter uns. Sie waren unbemerkt eingetreten.
    »Poulet, was machen Sie denn da?«
    Poulet und Betty hatten keine Chance mehr, zu reagieren. Es ging ganz schnell. Sie wurden mit jeweils zwei Schüssen in den Hinterkopf getötet. Oberkörper fielen auf das Mischpult. Es sickerte kein Blut. Zumindest sah ich keines.
    »Räumt alles zusammen.«
    Ich war Zeuge eines Zeugenbeseitigungsprogramms.
    »Sie brauchen wir noch.«
    Ich hatte immer noch die Pistole von Marc Poulet in der Hosentasche. Ich konnte sie schlecht aus der Hosentasche wursteln, um sie mir erst einmal anzusehen. Wie funktionierte das Ding? Ich müsste sie rausreißen und sofort abdrücken. Gerettet! Fantasieren war schon immer meine Stärke.
    Der Tangotänzer und der Dicke verstauten sämtliche Videos in Kartons. Das gesamte belastende Foltermaterial.
    Die Kinderpornos kamen auf Sendung. Man sah auf den Monitoren im Studio Marc Poulet in pornografischer Aktion. Fieberhaft. Es wurde jetzt landesweit ausgestrahlt.
    »Sollen sie mal schön ermitteln.«
    Man sah auf den Kinderpornos nicht nur Marc Poulet. Auch Prominenz aus Stadt und Land verlustierte sich. Jemand hatte den Sender gestürmt, Marc und Betty erschossen, ließ die Bänder laufen. Ein Racheakt. Die Ermittlungen würden sich lange hinziehen. Der BND war aus der Schusslinie.
    Sie stellten mehrere Kanister Benzin in den Bungalow und versahen sie mit Zeitzündern. Daneben stellten sie die Kartons.
    Ich kam auf den Rücksitz neben den Dicken. Vorher hatten sie den Kofferraum geöffnet. Da lag Lea. Sie war gefesselt und geknebelt.
    »Unser Lockvögelchen.«
    Der Tangotänzer fuhr. Der Chef behauchte seine Fingernägel und polierte sie. Der Dicke kaute auf seinen Fingernägeln. Er roch nach abgestandenem Schweiß. Der Tangotänzer schaute hin und wieder in den Rückspiegel.
    Wir fuhren in den Ort Spichern, vorbei an den unzähligen Kriegerdenkmalen. Der Blick von den Spicherer Höhen ins Ehrental war grandios. In Spichern hielten wir. Vor einer Patisserie.
    »Auch ein Baiser?«
    Baisers sind ein spezielles Zuckerschaumgebäck. Zuckerküsschen. Baiser heißt aber nicht nur Küsschen. Es war mehr als Vorspiel. Baiser war auch der Akt alles Fleischlichen.
    »Nein, danke.«
    Der Tangotänzer holte
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