Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friss oder stirb

Friss oder stirb

Titel: Friss oder stirb
Autoren: Clemens G. Arvay
Vom Netzwerk:
großen sind es drei bis vier. Unsere Kunden kaufen im Sommer kaum Frischgemüse zu, sie versorgen sich damit aus ihren Bauerngärtenparzellen.

    Clemens G. Arvay : Wie viel kostet eine solche Parzelle?

    Max von Grafenstein : Je nach Größe der Parzelle beträgt die jährliche Miete 230 bis 390 Euro. Man kann auf jeden Fall sagen, dass das Gemüse hier aus dem Bauerngarten günstiger ist als gekauftes Gemüse, zumindest wenn man die eigene Arbeitszeit nicht mit einrechnet. Aber unseren Kundinnen und Kunden macht die Gartenarbeit natürlich Freude.

    Selbsternteparzellen sind heutzutage weit verbreitet, sodass sie in nahezu jeder großen Stadt in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu finden sind und gemietet werden können. In Wien zum Beispiel gilt der Bio-Bauer Rudolf Hascha als Pionier des Konzepts der Selbsterntefelder. Zahlreiche andere Landwirte im Raum Wien sind diesem Vorbild gefolgt.

    Urbane Gärten und Gemeinschaftsgärten

    In Andernach in Deutschland, einem Städtchen am Rhein, finden sich Gärten, die allen Bürgerinnen und Bürgern gehören. Wo früher nur Zierpflanzen wuchsen, können sich die Menschen in Andernach nun kostenlos an Obst- und Gemüsepflanzen bedienen. Die Stadt bepflanzt öffentliche Grünflächen zunehmend mit essbaren Gewächsen, die sie zur freien Verfügung stellt. Deswegen wird Andernach auch als die „essbare Stadt“ bezeichnet, in der das Konzept des urbanen Gärtnerns seit 2010 von der Gartenbauingenieurin Heike Boomgaarden und dem Geoökologen Lutz Kosack ganz offiziell und im Auftrag der Stadtverwaltung umgesetzt wird.
    „Die Grundidee war, eine Stadt aufzuwerten und wieder zum Lebensmittel punkt zu machen“, sagte Heike Boomgaarden, „das heißt Lebensmittel in die Stadt zu bringen in Form von Gemüsepflanzen, Obstbäumen, Beerensträuchern und so weiter, auch mit dem Gedanken, die Stadt schöner und ästhetischer zu machen. Die Gärten durchziehen heute ganz Andernach.“
    Lutz Kosack: „Wir fordern die Menschen auf: Bedient Euch und nehmt Euch, was in den Gärten wächst, nehmt aber auch die Samen und zieht daraus Jungpflanzen für Eure eigenen Gärten.“ So lässt sich die Kulturpflanzenvielfalt erhalten und fördern, denn in Andernachs Stadtgärten gedeihen vor allem alte und seltene Sorten von Gemüse und Obst.
    „Ich habe hier in den Gärten bunt gestielten Mangold gefunden“, freute sich eine Bewohnerin der Stadt gegenüber einem Filmteam des TV-Senders 3sat [57] . „Dieser Mangold war schöner als jede Rosenpflanze. Ich genieße es, dass man jetzt hier so viel Neues kennenlernen kann.“
    Aber nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Stadtverwaltung in Andernach profitiert von den essbaren Gärten. Die Pflegemaßnahmen und die Kosten für die Bewirtschaftung der Grünflächen sind zurückgegangen. Die Stadt gibt nur mehr zehn Prozent der jährlichen Summe aus, die zuvor für die Aufrechterhaltung der Zierpflanzenbeete nötig war.
    Andere Stadtgärten wiederum werden von den Bürgerinnen und Bürgern selbst initiiert und organisiert. In Berlin beispielsweise wurde der ehemalige Flughafen Tempelhof teilweise zu urbanen Gemeinschaftsgärten umgestaltet, die unter dem Namen „Allmende Kontor“ bekannt sind. Wo einst Flugzeuge in den Himmel abhoben, gedeihen nun Tomaten, Paprikas, Auberginen, Kürbis- und Zucchinipflanzen, Salate und Blattgemüse, Beerensträucher und verschiedene Wurzelgemüse zwischen den betonierten, aufgegebenen Landebahnen, auf denen heute lediglich Skateboards und Fahrräder, aber keine Flugzeuge mehr entlang rollen. Aus Mangel an tiefgründigem Gartenboden wurden Hochbeete errichtet sowie große Kisten und alte Einkaufswagen mit Erde befüllt. Jeder Mensch, der dazu Lust verspürt, kann sich auf dem Flugfeld Berlin-Tempelhof als Bio-Gärtnerin oder Bio-Gärtner betätigen und sich ein oder auch mehrere Beete anlegen. Es steht mehr als genug Fläche zur Verfügung. Außerdem findet auf dem aufgelassenen Flughafen regelmäßig ein Bio-Bauernmarkt statt.
    In München erfreut sich beispielsweise der Gemeinschaftsgarten „o’pflanzt is!“ steigender Bekanntheit.
    In Wien beschäftigt sich unter anderen die Organisation „Gartenpolylog“ mit dem urbanen Gärtnern und initiiert laufend neue Gartenprojekte. Unter www.gartenpolylog.org findet sich nicht nur Information über gärtnerisch genutzte Flächen in und rund um Wien, sondern auch allerlei Wissenswertes über Lebensmittel und ökologisches Gärtnern.
    Es ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher