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Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari

Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
Autoren: Sylke Brandt
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1.

    Die Äonen des Vergessens sind das Nebelmeer, aus dem unser Volk erstiegen ist zu dem Dämmerschein, der in Hoffnung über uns strahlte. Wir stehen auf dem Grat der Zeit und blicken zurück auf das unbekannte Nichts, was die Geburtsstunde unserer Entstehung war, und was an Weisheit uns dieser Blick schenken kann, hat die Kaste erhoben und bewahrt seit Anbeginn. Magie und Wunder sind die Schatten, die jene großartige Ära vor dem Nebel auf uns noch heute wirft, und wer erwählt ist und voller Gaben, so wie ihr, meine Schüler, der mag sie nutzen und erkennen zum Ruhm und zur Ehre unserer Kaste, unseres Volkes.
    Nun blickt Ihr aber auf die Gegenwart, das Heute mit seinem Leid und seiner Mühsal, und fragt mich, wo denn der Hoffnungsschimmer geblieben sei, der uns aus dem Vergessen führte? Wo denn das Wirken Andaschis sich manifestieren würde außer ins uns, den Ausgewählten, die die göttlichen Kräfte nutzen und Wunder sehen und wirken?
    Ihr zweifelt nicht an der Unermesslichkeit des Lichtgottes, ich sehe Demut in Euren jungen Herzen, doch auch die Ungeduld eurer wenigen Jahre, die euch nach mehr streben lässt, als ihr jetzt zu erkennen vermögt.
    Also sei euch diese Prophezeiung auf den Weg Eures Lebens gegeben: nicht zu meiner Zeit, nicht zu Eurer und nicht zu der Eurer Schüler und deren und so fort bis in eine Zukunft der tausend Jahre mag es geschehen, doch irgendwann wird Andaschi uns, die wir ihm in Hingabe dienen und diese Welt zu seiner Freude leiten und formen, ein Geschenk machen, das größer ist noch als der Hoffnungsschimmer, der uns aus dem Vergessen führte. Und alles Leid wird vergangen sein, alle Mühsal aus dem Gedächtnis getilgt, aller Schmerz verblassen unter dem Licht des einen, der durch Andaschis Gnade zu uns kommen wird, der Funke, der heller strahlen mag als das Feuer, das ihn schuf: des Lichtgottes eigener Sohn.

    Belehrungsschrift des Hohen Magierpriesters Ta-Chelam an seine Adepten Ke-Baara und Ke-Tzing, gesagt, gehört und geschrieben in Anda, der Heiligen Lichtstadt.

    Sonja DiMersi blickte aus der Sichtluke und strich sich müde über die stoppelkurzen, weißen Haare. Die Ikarus ruhte zwar nahe und reglos bei der Station Vortex Outpost im Raum, aber von hier aus konnte sie nur das Weltall sehen: glitzernde Sternpunkte und dazwischen tiefste Schwärze.
    ›Was für ein Anblick‹, dachte sie. ›Gigantische glühende Feuerbälle und dazwischen eisiges Vakuum. Beides tötet jedes Wesen in Sekundenbruchteilen. Und alles, was uns davor bewahrt, ist die Technik, sind die dünnen Raumschiffhüllen.‹
    Sie furchte die Stirn und schüttelte den Kopf. Sie versuchte solche Überlegungen zu vermeiden, aber gerade, wenn sie sich erschöpft fühlte, schlichen sie sich noch allzu oft ein: Die Schatten der Erinnerung lauerten auf Momente wie diesen. Nun, es gab mehr als genug zu tun, um sich abzulenken.
    DiMersi wandte sich von der Sichtluke ab, schloss ihren Arbeitsoverall und streifte die festen Handschuhe aus Neo-Kevlar über, deren Magnetverschlüsse sich mit einem leisen, klackenden Geräusch eng um ihre Gelenke legten. Sie hatte gestern die Nachricht erhalten, dass eine Ladung Ersatzteile für die Ikarus geliefert werden sollte – eine überraschende, aber nicht minder willkommene Großzügigkeit. Die Ikarus war ein ausgemusterter Leichter Kreuzer der Redirischen Raumflotte und Zubehör war schwer aufzutreiben.
    Mittlerweile kannte DiMersi als Chefingenieurin auf dem zu einem Rettungskreuzer umgebauten Schiff jede Schraube persönlich und hatte eine Ewigkeit damit zugebracht, durch die Wartungsschächte zu kriechen und wie ein Geist hinter den Verkleidungen der Gänge zu arbeiten. Irgendwann hatte Darius Weenderveen sie scherzhaft gefragt, ob sie die Gesellschaft ihres Laserbrenners und ihres Strukturscanners mehr schätze als die von Menschen. Sie hatte darauf nichts erwidert. Keine Antwort, die sie ihm hätte geben können, hätte ihm gefallen ...
    DiMersi warf sich den Werkzeuggurt über die Schulter und öffnete die Kabinentür, um die Arbeiter des Transportshuttles an der Frachtschleuse zu empfangen. Die Lieferung würde die Lücken in ihrer kargen Ausstattung schließen. Der Gedanke war genug, um Sonja DiMersis düstere Stimmung aufzuhellen und als sie mit raschen Schritten durch den schmalen Gang eilte, war sie fast gut gelaunt.

    »Und wo soll der Kasten hin?« Das verschwitzte Gesicht des Mannes schien zu glühen, so rot war er unter seiner Last angelaufen.
    DiMersi warf
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