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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ihn kurzerhand vor dessen Haustür. In der letzten Zeit schien Stüber zunehmend Heiratsgedanken mit der Witwe Eilenstein zu hegen, mit der er seit einiger Zeit zusammenlebte. Vermutlich ausschließlich wegen des steuerlichen Splittingvorteils und weil er dann nicht mehr so einfach zu nächtlichen Einsätzen gerufen werden konnte.
    Hansen begab sich auf den Hof der Direktion und stieg in sein Dienstfahrzeug ein. Wenig später sammelte er seinen lustlosen Oberkommissar ein.
    Stüber zog nach der Begrüßung, als er auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, sofort seine Handschuhe aus der Manteltasche. Vermutlich wollte er sich heute Abend nicht die Hände schmutzig machen. Sofort nach der Begrüßung ließ er den Hauptkommissar ungefragt an seinen Gedankenspielen teilhaben.
    »Chef, es wird bald so weit sein. Die Hochzeitsglocken beginnen, sich langsam in Bewegung zu setzen. Was meinen Sie? Stüber-Eilenstein oder Eilenstein-Stüber? Was klingt besser?«
    Kommissar Hansen schüttelte ungläubig den Kopf. »Wenn Sie mich fragen: beides Scheiße, Stüber. Das passt nicht so richtig zusammen. Wenn Sie dienstprivat einen gut gemeinten Rat von Ihrem Vorgesetzten annehmen mögen: Das mit der Frau Eilenstein sollten Sie sich noch einmal gut überlegen. Sie kennen mich, Stüber. Ich rede nicht gerne um den heißen Brei herum.«
    Stüber nickte verdrossen, aber er schien tatsächlich ein wenig in sich zu gehen, denn er schreckte auf, als Hansen es wagte, ihn kurz über die bisher bekannten kargen Details des bevorstehenden Einsatzes zu unterrichten.
    Dann passierten sie bereits die Absperrungen am Wasserturm. Hansen stoppte auf dem kleinen Parkplatz vor der Schule am Ravensberg, auf dem sich die Polizeikräfte gesammelt hatten.
     
    Von hier aus begab sich Hansen mit seinem hinterher trottenden Oberkommissar zu dem kleinen Rundweg, auf dem gleißende Scheinwerfer schon von Weitem auf den Tatort verwiesen. Als sie sich näherten, bemerkten sie die Mitarbeiter der Spurensicherung, die begonnen hatten, das Gelände um den alten Turm zu durchforsten.
    Eine elegante Erscheinung löste sich aus dem Gehölz und eilte auf sie zu. Es war der Kollege Fingerloos von der Spurensicherung, der Hansen kurz den aktuellen Stand referierte.
    »Wer auch immer die Außenbeleuchtung vom Wasserturm eingeschaltet hat, er hat der jungen Frau mit ziemlicher Sicherheit das Leben gerettet. Sie wurde offensichtlich in der Dunkelheit von einem Unbekannten hinter den Busch gezerrt und mit einem Ast niedergeknüppelt. Es gibt Würgespuren, und es ist nicht auszuschließen, dass sie sexuell bedrängt worden ist. Als der Notarzt sie untersuchte, hatte sie nur noch schwach geatmet. Sie ist inzwischen mit dem Rettungswagen auf dem Weg zur Intensivstation. Dem dort war allerdings nicht mehr zu helfen.« Achselzuckend wies Fingerloos auf einen kleinen toten Vierbeiner, der mit Kreidestrichen umrissen war.
     
    Kommissar Hansen kniete sich hin und besah das tote Tier. Sein Schädel war blutverkrustet.
    Ungefragt begann Fingerloos zu dozieren. »Offensichtlich hat er einen kräftigen Schlag mit einem Knüppel auf die Rübe bekommen. Vermutlich mit dem gleichen Knüppel, der auch die Frau malträtiert hat. Am Halsband des Hundes haben wir eine Kapsel mit einer Telefonnummer gefunden. Ansonsten haben wir bei der jungen Frau nichts entdeckt: kein Portemonnaie, keine Papiere. Nur einen Wohnungsschlüssel. Ist manchmal schon erstaunlich, wie wenig von einem Leben übrig bleibt.«
    Jetzt begann ausgerechnet der emotionslose Fingerloos zu philosophieren, der sonst ohne Regung selbst an schlimmsten Tatorten mit großem Appetit Wurstbrote verzehren konnte.
    »Den Namen hinter der Telefonnummer, Fingerloos.«
    »Kerstin Kramer, Hansastraße 22. Ich habe bereits zwei Kollegen mit dem Wohnungsschlüssel losgeschickt.«
    Hansen quittierte das mit einem zufriedenen Nicken. »Gibt es schon irgendwelche verwertbaren Spuren, die Rückschlüsse auf den Täter zulassen?«
    Fingerloos nickte. »Der Wucht der Schläge und der Schwere der Verletzungen nach muss es sich um einen männlichen Täter handeln. Neben verschiedenen Spuren zum Rundweg hin haben wir gerade Fußspuren zum Wasserturm hin gefunden. Wir müssen abwarten, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Täter dorthin geflüchtet ist und sich unter die Theaterbesucher gemischt hat.«
    Der Kommissar sah ihn ungläubig an. »Ein Theater im Wasserturm?«
    Fingerloos nickte. »Ja, dort findet ein Sondergastspiel der
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