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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Hamburger Theatergruppe ›MischMasch‹ statt: ›Tod im Turm‹. Leider waren die Karten sofort vergriffen, ich hätte mir das Spektakel sonst gerne angeschaut.«
    Verblüfft musterte ihn der Kommissar. »Mit Verlaub, Kollege Fingerloos, ich hätte nicht vermutet, dass Sie kulturbeflissen sind.«
    Der Kollege von der Spurensicherung sah ihn erstaunt an. »Wieso kulturbeflissen? Ich wollte dort ausschließlich dienstlich hin. Man lernt schließlich nie aus bei Kriminalfällen.«
     
    Sie wurden von einem Kollegen unterbrochen, der aufgeregt mit einem Knüppel in der Hand in der Luft herumfuchtelte. »Vermutlich die Tatwaffe, Chef. Es sind Blutspuren dran, lag genau neben dem Wasserturm. Sieht so aus, als wenn der Täter in den Turm geflüchtet ist.«
    Kommissar Hansen fluchte und beorderte seinen Oberkommissar zu sich. »Es wird ernst, Stüber. Waffe überprüfen. Wir können nicht mehr warten, bis das Spezialeinsatzkommando da ist. Wir müssen hinein. Sofort.«
    Stüber zog mit ernstem Blick die Handschuhe aus und überprüfte sorgfältig seine Dienstpistole. Dann nickte er ihm entschlossen zu. »Kann losgehen, Chef.«
    Das mochte er an seinem Oberkommissar. Wenn es hart auf hart ging, dann stand er ihm bedingungslos zur Seite.

Arschwasser
    Bei den ersten Dialogen auf der Bühne hatten sich die Hände von Jenny und Stuhr wieder verfangen. In trauter Zweisamkeit, wie vor dem Heimkino, verfolgten sie jetzt das sich entwickelnde Kriminalspektakel. Es war leidlich spannend, aber nichts gegen die Fälle, in denen Stuhr bisher mit seinem jüngeren Freund Olli aus Hamburg für Kommissar Hansen ermitteln durfte.
    Dieser Halbedel wurde auf der Bühne seinem Namen allerdings vollauf gerecht, sowohl von der Rolle als auch vom schauspielerischen Können her.
    Dennoch betrachtete ihn Jenny fasziniert, was Stuhr maßlos ärgerte. Glücklicherweise war es nicht mehr lange bis zur Pause, und in Gedanken schenkte sich Stuhr zur Rache an Jenny ein mächtiges Weizenbier ein. Es war inzwischen mehr als absehbar, dass nach dem letzten Umbau vor der Pause endlich der Hauptverdächtige präsentiert werden würde. Die bisher eingeräumte Zeit für Monologe wie auch die exaltierte Theatralik ließen auf Halbedel schließen, der auf der Bühne einen windigen Hehler gab.
    Der Vorhang blieb allerdings ungewöhnlich lange geschlossen. Die aufkommende Unruhe beim Publikum wurde durch ein lauter werdendes Geplänkel hinter dem Vorhang übertönt. Das ließ vermuten, dass irgendein unerwartetes Ereignis für die Störung verantwortlich sein musste. Schließlich wurde es hinter dem Vorhang wieder ruhig, aber dann ging überraschend die Deckenbeleuchtung in dem alten Denkmal an. Schnell löste Stuhr seine Hand von Jennys.
    Es öffnete sich der Vorhang, die Vorstellung schien endlich weiterzugehen. Ein wenig verloren stand ein älterer kleiner Mann in einem schäbigen Trenchcoat auf der Bühne, der bisher noch nicht aufgetreten war. Wegen des heruntergezogenen Huts konnte die Deckenbeleuchtung das Gesicht nicht erhellen. Jetzt hob er die Hände, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Beschwörend versuchte er, auf das Publikum einzuwirken. »Guten Abend, verehrtes Publikum. Bitte behalten Sie die Plätze ein und bewahren die Ruhe. Eine schwere Straftat ist auf dem Betriebsgelände des Wasserturms verübt worden. Der Turm ist von außen abgeriegelt, Sie haben also nichts zu befürchten. Meine Kollegen suchen bereits das Gelände ab.«
     
    Das Publikum applaudierte johlend aufgrund dieser unerwarteten Wende in dem doch etwas eintönigen Theaterstück. Diese überraschende Einlage mit dem frischen Gesicht ließ Hoffnung aufkeimen, dass sich noch ein kurzweiliger Abend mit anregenden Pausengesprächen entwickeln könnte.
    Stuhr hatte allerdings als Erster den Ernst der Lage begriffen, denn die Stimme kannte er nur zu gut.
    Der Mann auf der Bühne bemerkte, dass er nun deutlichere Worte an die Zuschauer richten musste. Er nahm seinen Hut ab und stellte sich vor. »Gestatten, ich bin Kommissar Hansen von der Kripo in Kiel. Ich muss Sie enttäuschen. Das ist heute kein Theaterspaß mehr, sondern bitterer Ernst. Mein Kollege Oberkommissar Stüber und ich können niemanden heraus lassen, bis es die Sicherheitslage erlaubt. Ich bitte Sie in Ihrem eigenen Interesse, unbedingt Ihre Plätze einzubehalten, bis wir Sie einzeln zum Verhör aufrufen. Wer die Waschräume aufsuchen muss, hat sich vorher bei uns abzumelden.«
    Jetzt kam Unruhe im Publikum auf. Es
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