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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sich aufrecht hin. Aus den Augenwinkeln beobachtete er Jenny, die sich, glucksend vor Lachen, einen Finger vor die Lippen hielt und konzentriert zur Bühne blickte.
    Schon wieder forderte die Kultur ihren Tribut. Stuhr ergab sich seufzend seinem schweren Los. Das Schauspiel konnte beginnen.
     

Tod im Turm
    Bereitschaft am Wochenende war nicht das schlechteste Dienstgeschäft für Kommissar Hansen, denn dann herrschte in der Polizeidirektion weitgehend Ruhe. Das kriminelle Gesindel benötigte anscheinend auch Auszeiten von Prügeleien und Betrügereien.
    Wenn es ihn aber doch am Wochenende erwischte, dann mit tödlicher Sicherheit am frühen Abend während der Bundesliga-Berichterstattung der Sportschau. Natürlich war er als Landeskriminalbeamter auf Sicherheit bedacht und ließ auch bei seiner Vereinswahl nichts anbrennen. Bayern München war ein guter Garant für Meisterschaften und Pokalsiege, wenngleich sein verhasster Büroleiter Zeise immer wieder Versuche gestartet hatte, ihm diese Wahl zu vermiesen.
    In letzter Zeit hatten sie allerdings kaum noch über Fußball streiten können, denn Zeise war fast ausschließlich damit beschäftigt, seine nächste Beförderung in trockene Tücher zu bekommen. Seitdem stauten sich massenweise Anträge und Abrechnungen in seinem Dienstzimmer, und jeder, der nach seinen Vorgängen fragte, wurde damit beschieden, dass mit seiner jetzigen tariflichen Einstufung die Aktenhalde in absehbarer Zeit nicht abzuarbeiten sei.
    So geschah es, dass sich in der Folge sogar der eine oder andere Kollege unerwartet für Zeises Beförderung einsetzte, wenngleich Zeise nur noch auf sein Eigenwohl bedacht war und für niemand anderen einen Finger krumm machte.
    Kommissar Hansen schwor sich aber, schon aus Prinzip nicht bei diesem Korinthenkacker einzuknicken , obwohl er damit rechnen musste, dass Zeise seine eingereichten Reisekostenabrechnungen dann verfristen lassen würde.
     
    Heute schob Zeise glücklicherweise keinen Dienst. Gerüchten zufolge sollte er sich schon seit einiger Zeit politisch engagieren. Hansen mochte sich überhaupt nicht vorstellen, dass solche Hornochsen Platz auf der politischen Bühne bekamen. Andererseits war er sich nicht sicher, ob sie nicht bereits von ebensolchen Hornochsen regiert wurden, denn ungetrübt von jeglicher Sachkenntnis war nach der Wahl der mit dem richtigen Parteibuch gesegnete Dr. Magnussen als neuer Polizeidirektor eingesetzt worden. Das flößte vielen Furcht ein, denn bisher kannte man solche Vorgänge nicht in der Direktion. Solche Sachverhalte kannte er nur von Stuhrs Erzählungen aus der Staatskanzlei. Man würde sehen müssen, wie es weiterging. Ändern konnte man momentan sowieso nichts.
    So zog sich Hansen noch einen Kaffee aus dem Automaten, um ungestört das Heimspiel seiner Bayern gegen den Rivalen aus dem Ruhrpott zu genießen.
    Der Münchener Trainer hatte zwar seine Mannschaft gut eingestellt, es gelang ihr aber nicht, das runde Leder in den Kasten der ›Knappen‹ zu versenken.
    Trotz der fehlenden Tore blieb das Spiel spannend, bis ihn eine vertraute Stimme am Telefon vom Fußballvergnügen ablenkte. Es war Polizeihauptmeister Frisch von der Einsatzbereitschaft. »Alarm, Kommissar Hansen. Vermutlich ein Sexualstrafdelikt am Wasserturm in Ravensberg. Eine junge Frau liegt dort blutend am Boden neben einem toten Hund. Scheint sich um eine äußerst brutale Angelegenheit zu handeln. Der Notarzt ist bereits unterwegs, aber er bittet, dass für ihn Sicherheit garantiert ist. Ich habe vorsichtshalber großen Alarm ausgelöst und die Umgebung von der Schutzpolizei sperren lassen. Das Spezialeinsatzkommando ist angefordert, aber dessen Eintreffen wird noch eine Zeit brauchen. Sie merken, es eilt. Tut mir leid, Sie sehen bestimmt auch gerade die Sportschau, oder?«
    Das bestätigte Hansen grummelnd, während vom Fernseher her lauter Zuschauerjubel aufbrandete.
    Frisch meldete sich noch einmal. »Kommissar Hansen, ich habe noch eine wichtige Info für Sie. Sind Sie noch dran?«
    Gab es bereits erste Erkenntnisse? Hansen war gespannt. »Ja, sicher. Neuigkeiten vom Tatort?«
    Frisch konnte sich kaum einkriegen. »Nein, aber ich kann endlich einmal einen schönen Tod vermelden. Schalke hat in der letzten Minute noch das 1:0 erzielt. Auswärtssieg in München!«
     
    Kommissar Hansen beendete kommentarlos das Gespräch und wählte die Nummer seines ihm zugeordneten Oberkommissars Stüber. Bevor dieser Ausreden auftischen konnte, beorderte er
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