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Friesenschnee

Titel: Friesenschnee
Autoren: Gmeiner-Verlag
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dass sich der Gesuchte hier befunden hat. Jetzt saßen sie in der Falle.
    Stuhr war unschlüssig, ob er nicht zu den Pistolen schleichen und damit heldenhaft auf den Vorhang schießen sollte. Nun, ein geübter Schütze war er nicht, aber im Film endete so etwas meistens gut.
    Jenny begann, sich immer ängstlicher an ihn zu klammern, was jegliche Heldentat aussichtslos erscheinen ließ. Zudem verlangsamte sich die Rotation der Mündung zwischen den Vorhängen, bis der Lauf der Pistole genau zwischen Jennys Augen zielte.
    Halbedels spöttelnde Stimme knarrte wieder durch den Raum. »Lass den Lackaffen los. Sei ein liebes Mädchen wie früher und sammele die Pistolen ein. Du weißt genau, dass ich unschuldig bin.«
    Seine eigene Machtlosigkeit ärgerte Stuhr maßlos, und dass er Jenny, die nun von ihm lassen musste und schluchzend aufstand, nicht mehr beschützen konnte, das brach ihm fast das Herz.
    Mit verweinten Augen sammelte sie tapfer die Dienstwaffen ein und brachte sie zur Bühne. Halbedels freie Hand ergriff zunächst die Pistolen und beförderte sie hinter den Vorhang. Anschließend tauchte die Hand wieder auf und zog Jenny dichter an die Bühne. Er redete massiv auf sie ein, bis sie sich aus dem Griff herauswand und schreiend zu Boden stürzte.
    Die Pistolenmündung verschwand schlagartig hinter dem Vorhang, und dann peitschten in die Stille drei Schüsse, die jegliches Licht erlöschen ließen. Vermutlich hatte Halbedel seine Waffe auf den Schaltkasten gehalten, der die Beleuchtung speiste.
    Stuhr wollte sich in der Dunkelheit gerade zu Jenny schleichen, als er bemerkte, dass sich ein lautloser Schatten hinter der Bühne zur abgesperrten Treppe bewegte, die nach oben zum Ringbehälter führte. Das musste Halbedel sein!
    Stuhr änderte seinen Plan und folgte im Dunkel hinterher. In gebührendem Abstand erklomm er hinter Halbedel die Treppe und folgte ihm unbemerkt am Ringbehälter entlang bis zur nächsten Stiege, die quer über den Innenraum zum Dachreiter führte.
    Dieser wurde allerdings immer wieder von den suchenden Scheinwerfern auf dem Außengeländer in helles Licht getaucht, was Halbedel sichtlich irritierte. So verharrte er zunächst auf seiner Position und blickte mehrfach kurz nach unten. Er wartete vermutlich einen günstigen Moment ab, um über den Dachreiter auf das Dach zu fliehen.
    Im nächsten Moment tauchte eine Blendgranate das Innere des Wasserturms in gleißendes Licht. Während Stuhr die Augenlider zusammenpresste, vernahm er Hansens knappe Befehle, um den eindringenden Polizeikräften die Lage zu erklären. »Ich brauche Scharfschützen. Flüchtender ist bereits unterhalb der Kuppel. Blonde Komplizin liegt vor der Bühne, ausschalten. Achtung, viele Unbeteiligte, Streuschüsse und Querschläger unbedingt vermeiden.«
     
    Scheiße, fluchte Stuhr. Das Notlicht wurde eingeschaltet. Bis jetzt war er Halbedel unbemerkt auf den Fersen geblieben, doch nun musste er seine Deckung notgedrungen aufgeben und sich über das Geländer beugen. »Stopp, Hansen. Ich bin’s, Stuhr. Die Komplizin ist Jenny. Finger weg von ihr und Licht aus!«
    Ein von Halbedel auf der Stiege abgegebener Schuss pfiff nicht unweit an ihm vorbei und prallte vom Ringbehälter ab. Ein spitzer Schrei unter ihm ließ vermuten, dass jemand aus dem Publikum vom Querschläger getroffen worden war. Hansen stoppte sofort den Einsatz und ließ das Notlicht ausschalten. Stuhr blickte wieder nach oben, und er konnte gerade noch erkennen, wie Halbedel Richtung Süden aus dem Dachreiter floh.
    Stuhr fühlte sich jetzt im Dunkel der Kuppel sicher, und so beugte er sich in den Innenraum und informierte kurz den Kommissar. »Halbedel ist auf das Dach geflohen, Hansen. Ich folge ihm. Schickt einen Hubschrauber!«
    Eine verzweifelte Frauenstimme versuchte lauthals, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Es war vermutlich Jenny.
    Dennoch erklomm Stuhr entschlossen die letzte Stiege. Er bemühte sich, im Dachreiter trotz der offen stehenden Fensterluke von Halbedel unbemerkt zu bleiben.
     
    Wieder peitschte ihm ein Schuss um die Ohren, doch diesmal wurde niemand verletzt. Halbedel musste auf gut Glück geschossen haben.
    Stuhr näherte sich vorsichtig der Fensterluke und spähte hinaus. Schließlich konnte er Halbedel recht gut gegen die sich auf ihn zutastenden Lichtstrahlen der Scheinwerfer vom Parkplatz vor der Berufsschule ausmachen. Eine der Pistolen hatte Halbedel vermutlich in seine ausgebeulte Hosentasche gesteckt.
    Wenn Stuhr jetzt
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