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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition)
Autoren: Bernd Flessner
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dauert heutzutage nur ein paar Minuten, wie Sie wissen. Und Holland? Das ist gar nicht mein Ziel. Aber was geht Sie das alles eigentlich noch an? Doch dazu später. Die Stunde ist um, die Frist abgelaufen. Sehen wir mal, wie weit Sophie gekommen ist. Aufstehen, Hände nach oben!«
    Betont mühsam erhob sich Greven von dem Küchenstuhl und ging humpelnd voraus. Der Graf lenkte sie ins Foyer und dann zur Werkstatt, wo sich auch Christian von Reetens Labor befand. Annalinde wich Greven nicht von der Seite, schmiegte sich fast an ihn an. Er legte seinen Arm um sie, aber der Gewehrlauf trennte sie wieder. Vor der geheimen Labortür hielten sie an.
    »Aufmachen!«
    Als Annalinde zögerte, Greven kannte den verborgenen Griff nicht, stieß ihr der Graf den Lauf unsanft in den Rücken, so dass sie kurz aufschrie. Greven ballte die Fäuste, blieb aber ruhig.
    »Los, mach endlich auf!«
    Weinend griff Annalinde hinter den Gartenschlauch. Lautlos glitt die Tür auf, hinter der es stockdunkel war. Dafür war aus dem Labor ein unterdrücktes Schluchzen zu hören. Die Hand als Schutz vor dem Licht vor ihre Augen haltend, erschien Sophie von Reeten, wie ihre Tochter mit zerzaustem Haar und verlaufener Schminke. Die Dunkelhaft und das von Folef von und zu Aldenhausen installierte Damoklesschwert hatten ihr heftig zugesetzt, hatten sie altern lassen, hatten ihr Selbstbewusstsein bröckeln lassen. In der Werkstatt ließ sie die Hand sinken und blinzelte ihre Tochter an, die sie sofort an sich zog. Greven warf sie einen erstaunten, fragenden Blick zu, den er nur mit einem Achselzucken beantworten konnte.
    »Schluss jetzt mit dem Austausch familiärer Gefühle. Also, wo ist die Statuette?«
    »Ich weiß es nicht!«, schluchzte Sophie von Reeten, noch immer ihre Tochter im Arm haltend.
    Der Graf hob die Mündung des Laufs Annalinde an die Schläfe und wiederholte seine Frage. Als Greven mit einer kleinen Bewegung auf die Geste reagierte, ließ der Graf das Gewehr kurz sinken, aber nur, um ihm einen Stoß mit dem Gewehrkolben in den Bauch zu versetzen, der ihn völlig unvorbereitet traf. Der Schmerz war nur kurz punktuell spürbar, breitete sich dann aber schnell auf den ganzen Bauchraum aus und zwang ihn in die Beuge. Seine Hände schoben sich schützend vor den Magen, kamen aber viel zu spät. Auch er konnte nun Tränen zur prekären Lage beisteuern. Als er den Kopf hob und sich allmählich wieder aufrichtete, klebte die Mündung bereits wieder an Annalindes Schläfe.
    »Wir haben deinen goldenen Vogel nicht!«, schrie Sophie von Reeten. »In dem blöden Karton waren nur Kochbücher und Ordner mit alten Rechnungen. Aber bestimmt kein Gold.«
    »Wo sind diese Ordner?«
    »Das habe ich dir schon gesagt. Im Altpapier. Warum sollte ich sie aufheben?«
    »Weil ich so erfahren hätte, was Thalke mit dem Vogel gemacht hat, du blöde Schlampe!«
    »Sie hat den Adler nicht«, stöhnte Greven. »Sie gibt Ihnen ihr Vermögen. Alles, was sie hat. Da kommen ein paar Millionen zusammen.«
    »Halten Sie sich da raus!«, fauchte der Graf, ohne von Annalinde zu lassen, die laut und mit geschlossenen Augen weinte, fest an ihre Mutter geklammert. Während der Graf nachdachte, suchte Greven nach einer Lösung. Er hatte mehrere Varianten durchgespielt, hatte aber nicht mit einem derartig aggressiven Gegner gerechnet. Der konnte zwar nicht mehr entkommen, da die Villa inzwischen umstellt sein musste, aber er konnte vorher abdrücken.
    »Leider fehlt mir die Zeit, weil Sie hier ja unbedingt erscheinen mussten«, sagte der Graf und sah ihn an. »Ich werde also Sophies Angebot annehmen. Geh an deinen Computer und fang an. Hier sind die Daten.« Der Graf machte einen Schritt zurück und zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche, die er Sophie von Reeten überreichte. »Fang sofort an! Ich will alles, jeden Cent! Ich nehme Annalinde mit, damit es keine Probleme gibt. Ich sehe unterwegs nach. Wenn ich zufrieden bin, lasse ich sie gehen. Los, hau ab!«
    Die Mündung des Laufs näherte sich wieder der Schläfe des Teenagers, der seine Mutter nicht gehen lassen wollte. Ein Blick des Grafen aber reichte aus, dass sie den Klammergriff ihrer Tochter löste, einen Schalter an der Wand betätigte, in das plötzlich helle Labor ging und sich an den Rechner setzte.
    »Und Sie geben mir Ihren Autoschlüssel!«, befahl ihm der Graf, der alles verloren hatte, der nicht mehr zurück konnte, der in eine Sackgasse gestürmt war, dem sein Schloss nicht genug gewesen war. Schon als
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