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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition)
Autoren: Bernd Flessner
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Pütthus. »Dann ist er also nicht durch diese Tür.«
    Dafür erschienen zwei Uniformierte in besagter Tür, denen Pütthus sofort Anweisungen erteilte. Greven führte Frau Tjarden ins Wohnzimmer, das ihm unverändert schien. Zunächst wollte er eine grundsätzliche Frage klären.
    »Frau Tjarden, sind Sie sich sicher, dass jemand im Haus war?«
    »Ich höre noch sehr gut, falls Sie das meinen. Dor is een west. Dat wet ik wis!«
    »Gut, dann lassen Sie uns einmal nachsehen, was er gesucht haben könnte«, sagte er und schob die Haushälterin durch die Zimmer im Erdgeschoss. Im engen Flur kam ihnen Grassinger mit der Nachricht entgegen, dass die Hintertür unbeschädigt sei und über keine Kette verfüge.
    »Fehlalarm, wenn du mich fragst.«
    »Das werden wir sehen«, entgegnete Greven und folgte Frau Tjarden in Grönmanns Büro. Auch hier schien die nächtliche Welt in Ordnung. Die Haushälterin hob kurz die Schultern und blickte Greven Hilfe suchend an. Die beiden Kollegen vom Raub betraten das Büro und erhöhten durch ihre schlichte Anwesenheit den Druck.
    »Keine Spur«, meldete Pütthus.
    Frau Tjarden, die ihren Blick wieder nach vorne gerichtet hatte, hielt plötzlich in ihrer Bewegung inne. Langsam hob sie den rechten Arm und wies auf ein schmales Regal voller schwarzer Aktenordner. Ein Traum für jeden Ordnungsfanatiker und Buchhalter. Abgesehen von zwei Ordnern, die sich der einheitlichen Oberfläche der beschrifteten Rücken widersetzten. Es waren nur ein oder zwei Zentimeter, aber sie reichten der Haushälterin aus.
    »Heb ik doch seggt. Dor is een west.«

 
     
     
     
    29
     
    Ein Himmel aus unzähligen verschiedenen Grautönen lag über dem Schloss. Ab und zu spuckte die kalte Luft Regentropfen aus, ohne dass es tatsächlich zu regnen begann. Der kraftlose Wind konnte sich ebenso wenig entscheiden und blies mal aus östlicher, dann wieder aus entgegengesetzter Richtung. Die kahlen Äste der Buchen und Eichen im Schlosspark bewegten sich nur, wenn man genau hinsah.
    Woher Häring den marineblauen Mantel hatte, wusste Greven nicht. Gekauft hatte er ihn auf keinen Fall, denn er entsprach nicht seinem aus Modemagazinen geborgten Stil. Ein Leihmantel also, nicht mehr neu, dafür aber warm. Offensichtlich hatte sein Kollege beschlossen, nicht mehr so zu frieren. Seine Halbschuhe hatte er gegen feste Stiefel eingetauscht. Greven trug auch nicht seinen Mantel, sondern hatte den Trenchcoat übergestreift, der nur bedingt warmhielt. Dafür besaß er den großen Vorteil, wie Mona ihm mit klaren Worten erklärt hatte, sich leicht reinigen zu lassen. Man konnte ihn einfach in die Waschmaschine stecken.
    »Hier muss es sein«, sagte Häring und klingelte.
    Der Hausherr ließ sie nicht lange warten und bat sie in ein kleines Büro im Erdgeschoss.
    »Meine Wohnung liegt oben«, erklärte Abbo von und zu Aldenhausen. »Aber nicht nur das ist sehr praktisch. Lager und Versand sind gleich nebenan. Früher lagen dort die Gesindeunterkünfte. Heute stapeln sich dort Leuchttürme und Südseemuscheln.«
    »Die Geschäfte gehen gut?«, fragte Greven fast beiläufig, während er in dem angebotenen Sessel Platz nahm.
    »Ich kann nicht klagen«, antwortete der mit einem grauen Lagermantel bekleidete Mann, den wohl kaum jemand auf Anhieb für einen Aristokraten gehalten hätte. Sein dünnes, graues Haar war nach hinten gekämmt, seine Ohrmuscheln nicht nur von beachtlicher Größe, sondern auch deutlich vom eher runden Kopf abstehend. Ein Kaufmann, ein ostfriesischer Kaufmann, wie er in Grevens Jugend noch häufig anzutreffen gewesen war. Der Computer auf seinem Schreibtisch besaß einen alten Röhrenmonitor, das graue Telefon verfügte bereits über einen gewissen musealen Charme, hatte aber große Chancen, auch die nächsten Jahre noch zu überleben.
    »Wie lange betreiben Sie schon den Handel mit Souvenirs?«, fragte Häring.
    »Seit einunddreißig Jahren. Wir hatten letztes Jahr Firmenjubiläum. Tja, wir zählen zu den alten Hasen in diesem Geschäft. Damals habe ich in einer der alten Gesindewohnungen angefangen. Ich hatte Betriebswirtschaft studiert und wollte mich unbedingt selbständig machen. Also habe ich mich umgesehen und nach Marktlücken gesucht. So bin ich auf die Souvenirs gekommen. Inzwischen versorge ich nicht nur die Inseln, sondern eigentlich alle Sielorte.«
    »Wo werden diese Modelle gebaut?«, fragte Greven und wies mit dem Finger auf eine kleine Musterschau, die ein langes Bord an der Wand füllte.
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