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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition)
Autoren: Bernd Flessner
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Fuß bereits in der Tür und die Augen im Foyer. Irgendwo dort musste er lauern. Leider war der große Garderobenspiegel von Mänteln und Jacken verhängt.
    »Es dauert auch nicht lange, ich habe sowieso kaum Zeit. Ich wollte ihr nur eine kleine Freude machen.«
    »Geben Sie her!«, sagte der Teenager mit Tränen in der Stimme. »Sie ist nicht da.«
    »Natürlich ist sie da. Ihr Wagen steht doch vor der Tür. Und der von deinem Großonkel auch.«
    Der Türspalt vergrößerte sich langsam und Folef von und zu Aldenhausen trat in das weiche Tageslicht. In den Händen hielt er ein Gewehr mit aufgesetztem Zielfernrohr. Ein modernes und sehr wirkungsvolles Kleinkalibergewehr. Damit, vermutete Greven, musste er Grönmann erschossen haben.
    »Wenn Sie unbedingt reinkommen wollen, dann kommen Sie«, sagte der Graf mit subtiler Wut in der Stimme.
    Greven riss die Augen auf, als habe er mit allem gerechnet, nur nicht mit ihm.
    »Was ist denn in Sie gefahren? Geben Sie mir sofort die Waffe!«
    »Ich denke nicht daran«, entgegnete der Graf schroff. »Stattdessen werden Sie mir Ihre Waffe geben, und zwar langsam und ohne irgendwelche Finten.«
    »Ich habe meine Waffe nicht dabei. Ich bin nicht im Dienst«, antwortete Greven betont überrascht, während er mit den Augen das Foyer, die Türen und die Treppe absuchte.
    »Mantel und Jacke ausziehen. Aber langsam!«
    Greven legt seinen kunstvoll verpackten Blumenstrauß auf dem Stuhl hinter der Tür ab, die der Graf mit einem Fußtritt schloss. Mantel und Jacke streifte er in Zeitlupe ab und deponierte sie auf den Lehnen. »Wo ist Sophie?«
    »Er hat sie im Labor eingesperrt«, antwortete Annalinde, nach wie vor mit den Tränen kämpfend.
    »Hosenbeine hoch!«
    »Bitte«, sagte Greven und zog beide Hosenbeine langsam hoch. Doch auch hier verbarg sich keine Waffe. Das durchaus mögliche Versteck musste der Graf aus Krimis kennen.
    »Umdrehen und Hände oben lassen!«
    Der Graf tastete mit der Linken vorsichtig seinen Rücken und seine Gesäßtaschen ab.
    »Ich sagte Ihnen doch, ich bin nicht im Dienst. Und jetzt sagen Sie mir bitte, was hier gespielt wird.«
    »Monopoly«, sagte der Hans-Albers-Verschnitt und stieß ihm den Lauf in den Rücken. »Los, ins Esszimmer. Alle beide.«
    Übertrieben humpelnd marschierte Greven los.
    »Ihr Knie. Ich habe davon gehört. Von der lieben Frau Dr. Wilms. Pech für Sie.«
    Annalinde erschien neben ihm und warf ihm einen Blick zu, der Bände sprach. Todesangst sah ihn an, eine Art Angst, die das Mädchen noch nie gespürt haben dürfte, eine Angst, mit der sie nicht umgehen konnte, die ihr jeglichen Boden unter den Füßen entzog. Ihr eindringlich mahnender Blick verlangte nach einer Antwort, die er ihr in Form eines Augenzwinkerns zu geben versuchte. Offenbar mit Erfolg, denn die harten Konturen ihres Gesichts wurden etwas weicher. Allein diese Reaktion hatte das Risiko gerechtfertigt, das er eingegangen war.
    »Hinsetzen! Hände auf den Tisch! Alle beide!«
    Folef von und zu Aldenhausen wies ihnen zwei Stühle am Esstisch zu, an dem Greven vor Kurzem erst Perlhuhnbrust gegessen und sich für einen Glückspilz gehalten hatte. Der Graf nahm sich einen Stuhl an der anderen Seite des Tisches und richtete das Gewehr auf ihn.
    »Was wird hier gespielt?«, wiederholte Greven seine Frage.
    »Wir warten«, antwortete der Graf. »Wir warten auf Sophie. Ich habe ihr eine Stunde Zeit gegeben.«
    »Eine Stunde? Wozu?«
    Deutlich waren die Ungeduld und die Erregung zu erkennen, die in den Augen des Grafen arbeiteten. Annalinde suchte auf dem Tisch Grevens Hand.
    »Sich zu entscheiden, mir mein Eigentum auszuhändigen«, antwortete der Graf. »Oder mich für meinen Verlust zu entschädigen.«
    »Ihr Eigentum?«
    »Jetzt tun Sie doch nicht so«, sagte der Graf sichtlich erbost. »Der Friesische Adler, den Sie morgen schlachten wollen.«
    »Der soll hier sein?«, fragte Greven nach.
    »Im Schloss ist er jedenfalls nicht«, sagte der Graf. »Aber das wissen Sie ja bereits.«
    »Onken hat also eine Fälschung gefälscht, eine Kopie kopiert. Und als Heydens Hehler das gemerkt hat, hat er ihn zurückbeordert, um den echten Adler zu besorgen. Aber Onken hatte den Schwindel selbst nicht bemerkt.«
    »Er hat immer nach Fotos gearbeitet. Das Original wollte er nicht einmal in die Hand nehmen. Aus Respekt vor der Arbeit und vor der Geschichte. Ein komischer Kauz. Ein Spinner.«
    »Dann ist Heyden bei Ihnen aufgetaucht. Ihnen galt ja auch die Drohung. Ich meine, Onkens
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