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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Gruppen von Kavalieren in weißer Perücke und mit schwarzem Schnurrbart flüsternd umherstanden.
    Der Musiksaal, das Ziel der Gäste, strahlte mit seinen Lüstern und Girandolen, seinem weißrötlichen Marmorstuck und seiner schweren Vergoldung im Glanze zahlreicher Wachskerzen. Er war von ansehnlicher Höhe und Weite und, zur Förderung der Akustik, in einem regelmäßigen Achteck erbaut. Links vom Eintretenden befanden sich drei hohe Fenster, in jedem Wandfelde eins, deren vergoldete Läden und rotdamastene Vorhänge dicht geschlossen waren. Dem Eingang gegenüber lag eine reich vergoldete. geöffnete Tür, die den Anblick des Speisesaals freiließ; dieser trug eine besonders aus Paris verschriebene himmelblau mit Silber garnierte Atlastapete. Dem Mittelfenster gegenüber befand sich der Eingang zu einer Gemäldegalerie; und hier stand, das Feld des Kampfes bezeichnend, ein Pianoforte von Schröters neuester Bauart. In den beiden Zwischenwänden, die von den Türen abgeteilt wurden, waren in roter Nische auf schwarzen Marmorsäulen die Büsten Augusts des Starken und Ludwigs XIV. aufgestellt. Schwer vergoldete Sessel, rings an den Wänden gruppiert, waren bereits von den Gästen eingenommen worden, während drei Diwans mit schwellenden Kissen, dem Instrument gegenüber, noch auf den König, die Königin und den Kurprinzen warteten.
    Welch eine stolze Versammlung alles dessen, was Sachsen an Reichem, Schönem, Vornehmem und Berühmtem bot! Welche Fülle strahlender und froher Gesichter!
    War es nicht gerade, als wüßten diese Leute nicht, was eine Träne ist? Als wäre unter ihnen der Schmerz ein Fremdling?... Wie das lacht und schwatzt und lustig ist, als sei die Ewigkeit ein Traum und das Glück eine gefesselte Magd! Und doch! Und doch tanzt dieses ganze Geschlecht auf seinem Grabe, und doch ist so manches Lächeln erlogen, und doch schlägt unter seidenen Gewändern oft ein gemartertes, wimmerndes Herz, windet sich unter Ordenssternen ein falsches, treuloses und gequältes Gewissen ...
    Der, dem das militärische Kleid so gut steht, ist der Oberstleutnant von Spiegel, eine ritterliche Gestalt mit flammendem Blick -- und doch nur ein dienstwilliger Sklave, der mit dem Abhub vorlieb nimmt, den ihm sein Herr aus Übersättigung gelassen; er wurde mit Fatima, einer orientalischen Schönheit, die von den Preußen bei Ofens Erstürmung zum Beutestück gemacht und später Flemings Kusine, der Frau von Brebentau, geschenkt worden war, beglückt, nachdem sie das Herz Augusts gerührt hatte. Eifrig unterhält er sich mit der Gräfin Haugwitz, die, in meergrünem Moiré, mit schwarzen Spitzen und der dreifachen Perlenschnur, recht schwärmerisch dreinblickt, wie eine gekränkte Unschuld, eine verkannte Seele; sie ist melancholisch geworden, die Gute, seitdem sie Frau Hofmarschallin ist, und als man sie noch Fräulein von Kessel nannte und sie Augusts diamantene Rosen an der Brust trug, war sie selbstbewußter. Nicht weit von dieser untergegangenen Sonne ruht auf schwellendem Sessel eine Dame in gelbem Atlas mit eitlem Unterkleid aus Silberzindel, ein sieghaft aufgehendes Gestirn: das blendend schöne Fräulein von Dieskau, die größte Meisterin in der Unschuldskoketterie, so dumm sie sonst auch sein mag. Nachlässig mit der Hand auf dem Arm des ernsten, biederen Gouverneurs von Dresden, General von Klenzel, trommelnd, erzählt sie ihm eine jener geheimen Anekdoten, die bei Hofe nicht allzu selten sind.
    In der Mitte des Saales, seine Gäste empfangend, steht der Minister und Feldmarschall Graf von Fleming neben seiner Gemahlin. Er ist sich des Einflusses bewußt, den er auf den König durch seine Freundin und Schülerin, die Komtesse von Denhof, ausübt, jenes schöne Weib, das, strahlend in rotem Damast und besät mit Spitzen und Rubinen, am Arm der Mutter zu ihm tritt; er hat die Gräfin, nachdem er die allverhaßte Kosel gestürzt, zur Gebieterin über Augusts Herz gemacht und hofft, durch sie dauernder als alle anderen den König zu fesseln. Sein Herz hebt sich bei dem Stolz des heutigen Tages, an dem er den Hof zum erstenmal empfängt, an dem er als Mäzen des allseits bewunderten Marchand glaubt träumen zu dürfen, ein kleiner Ríchelieu zu werden.
    Links vom Eingang in den Saal stehen, in ein angeregtes Gespräch vertieft, der Oberkämmerer von Vitzthum, der sich noch nie in Regierungsgeschäfte gemischt und sich bislang in der Gunst Augusts gehalten halt, und der Baron Hektor von Klettenberg, Kammerherr und
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