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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Geldausgaben, alle blutigen Opfer des Schwedenkrieges dadurch vergeblich gemacht hatte, als das sächsische Heer auf allen Punkten geschlagen worden war, mußte er endlich froh sein, daß die Republik unter Vermittlung Peters von Rußland mit ihm Frieden schloß. Jener Mann, der es liebte, bei entsprechenden Gelegenheiten seine enorme Kraft zu zeigen und einen Pokal mit dem Druck seiner Faust wie Papier zusammenzubiegen, mußte sich nun zu den dunklen Schleichwegen der Intrige verstehen und das Maulwurfstalent verdächtiger Agenten in Bewegung setzen, um von jenem dünnen Königsreif noch zu halten, was möglich war. Versprechungen, Bestechung und der wollüstige Luxus, die üppige Weichlichkeit seines Hofes, in dessen Netze er die Elite des polnischen Adels zog, das waren die Mittel, die ihm den Königstitel und eine Schattengewalt erhielten, die freilich jeder neue Reichstag wieder fraglich machen konnte.
    Die Kriegskosten, die der Schweden- und Polenkrieg August verursacht hatten, waren schon mehr als zuviel für Sachsen, und doch beanspruchten Augusts Liebschaften vom Lande zwanzig Millonen, und zwar zu einer Zeit, in der das Geld so schwer wie heute flüssig war.
    Der schonungslos selbstsüchtige Wille, den die Autorität damals zur Befriedigung ihrer Lüste und Marotten als Recht beanspruchte, riß Tausende in schuldloses Verderben, er wirkte, von hoher Stelle als Dogma gelehrt, tief und ätzend auf die Familien und drückte sich mit dämonischem Siegel auf Unterricht und Erziehung, Sitte und Anschauung der Zeit ...
    Wer hätte aber wohl so bittere Gedanken haben sollen, wenn er, wie Bach, in das Tor Dresdens einfuhr? Durch Augusts Geschmack und Beispiel hatte die Residenz ein höchst majestätisches Ansehen erhalten. Eine gediegene, obwohl pomphaft steife Würde strahlte von den dunklen Mauern der Häuser und Paläste, zwischen denen sich geschäftige Handelsleute, Handwerker und Lakaien drängten, während das Elend in Winkelgassen und Gruben gedrängt wurde, die nur von Polizeidienern und Bettelvögten einen flüchtigen Besuch empfingen.
    Der Wagen hielt, und freudestrahlend empfing Volumier den alten, hochverehrten Freund, streichelte Friedemann die Wangen und führte beide hinauf in das trauliche Stübchen, wo der Imbiß harrte, während Diener und Magd das Gepäck in Empfang nahmen.
    Was hatten die Freunde nicht alles einander mitzuteilen! Ernstes und Drolliges, Kunstgespräche und Hofgeschichten, alles kam an die Reihe, aber keine Note wurde gespielt; Bach war von den Stößen der ehrwürdigen Landkutsche, die ihn hergebracht, doch sehr ermüdet. Volumier teilte ihm nur noch rasch mit, daß der Kurfürst -- oder der König, wie er am Hofe genannt wurde -— von Bachs Ankunft wisse, daß man Marchands Spiel am nächsten Tage an einem neutralen Ort unbemerkt hören könne und dann zum Kampf geschritten werden solle.
    Als Bach mit Friedemann endlich das Schlafzimmer betreten hatte und sich auszog, sagte er: »Hör' einmal, Friede, ich muß dir noch ein paar Lehren geben, ehe du ins Bett steigst. Merk gut auf, sonst kannst du mir leicht Feinde machen, wenn du unvorsichtig bist. Du hast, denk' ich, im Hause deines Vaters nur gute Musik gehört. Du bist, ich weiß es, mit sehr hohen Meinungen von den Dresdener Meistern hergefahren, und ich habe dich dabei belassen; denn nur, was man selbst erfährt, glaubt man. Morgen kommen wir in den Trubel und unter die Leute, ich sag' dir aber im voraus: du wirst mordsschlechte Musik in Dresden hören!«
    »Das hab' ich mir von dem Marchand gleich gedacht, lieber Vater.«
    »Nein, nein! Nicht allein der Marchand, -- in ganz Dresden hörst du keine gescheite Musik.«
    »Von Volumier auch nicht?« fragte Friedemann erschrocken.
    »Nein, auch nicht! Du wirst's wohl selber hören, aber ich sag's dir nur, damit du dir nichts merken läßt, und wenn du gefragt wirst, fein artig alles gerade sein läßt, -- oder lieber sagst, du verstehst es nicht.«
    »Aber dann bin ich dumm, Vater?«
    »Laß das die Leute lieber denken, als daß sie dich für einen naseweisen Jungen halten; denn daß du recht hast, glaubt dir doch keiner. Wenn sie dich spielen hören, werden sie schon sehen, ob du dumm bist oder nicht.«
    »Aber, lieber Vater, machen wir denn in Weimar allein nur gute Stücke?«
    »Das weiß ich nicht, mein Junge. Du wirst hier aber keine hören. Der Künstler, mein Sohn, er leiste, was er wolle, muß billig sein und die Schwächen seiner Genossen übersehen; denn das wahrhaft
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