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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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hörbar war.
    »Das ist eine schöne Geschichte!« sagte die Bachin. »Sollst so mir nichts dir nichts reisen? Und bis nach Dresden? -- Mein Gott, wer soll denn so rasch alles herrichten?«
    »Ja, aber hin werd' ich wohl müssen, Schatz, sonst denken sie, ich hab' Angst vor dem Parlewu. Und das geht doch nicht!«
    »Ja freilich, freilich! Das seh' ich ein. -- Aber ich seh' auch ein, daß Volumier den Marchand los sein will, und da ist der ehrliche Bach gut genug dazu, wenn die Dummköpfe nicht können. Wenn aber einer für dich was tun soll, damit du nach Dresden kämest und eine Stelle beim Kurfürsten kriegtest, da ist kein Mensch zu Hause.«
    Bach lachte:»Natürlich! das wäre auch zu viel verlangt! Sieh, Frau, beim Handwerk hört die Freundschaft auf. Sie werden sich doch nicht den Marchand vom Halse schaffen, damit ihnen der Bach das Spiel verdirbt! Was schadet's denn auch? Ob ich in Dresden sitze oder hier: kann ich denn da mehr werden als der Sebastian Bach? Na, willst du mit?«
    »Wo denkst du hin! Ich bleib' bei den Kindern, und« -- setzte sie leiser hinzu -- »du weißt, ich muß mich jetzt mit dem Fahren in Obacht nehmen. Nimm dir nur den Friedemann mit! Du machst dem Jungen eine Freude und bist nicht allein. Heute abend sprechen wir weiter. Ich muß gleich dazu tun, daß du reisen kannst.«
    Damit eilte die Bachin hinab, und an den Geräuschen im Hause konnte man erkennen, daß die Reisevorbereitungen bereits im Gange waren.
    Vater und Sohn blieben allein. Sebastian Bach betrachtete mit innerer Genugtuung den Knaben, der mit fliegenden Pulsen die letzte Note hinschrieb, dann einen langen Blick auf die Arbeit warf, die Hand noch einmal zögernd nach der Feder streckte, dann aber, rasch den Vater anschauend, doch aufstand.
    Lächelnd trat der Vater ans Pult. »Du wolltest wohl was ändern? Man muß nie gleich nach der Arbeit verbessern. Was steht, das steht!« Damit setzte er sich und prüfte die Arbeit. -- »Was hast du denn ändern wollen?« fragte Sebastian plötzlich.
    »Ich dachte, da wäre eine schlechte Ausweichung, es müßte halt einen besseren Übergang geben.«
    »Ich weiß keinen, der besser paßt. Du siehst also, daß man in der ersten Hitze nicht gleich drauflosstreichen soll. Als ich so alt war wie du, habe ich mir auch immer Fehler hineingebessert. Na, ich bin aber zufrieden. Der Schluß ist ganz im Sinne des Übrigen geschrieben. Du wirst ein braver Musiker werden, wenn du so fortmachst, Friedemann.« Und er zog den seligen Knaben auf seinen Schoß, und Friedemann, seine Arme um des Vaters Hals schlingend, preßte sein glühendes Gesicht an dessen Brust.
    »Na, laß es jetzt nur gut sein,« sagte Bach hastig nach einer Weile, »ich muß auf eine Woche nach Dresden an den Hof zu Meister Volumier; die Mutter kann nicht mit wegen der Geschwister, da sollst du mich begleiten.«
    Lauter Jubel war Friedemanns Antwort. Was Wunder, daß sich in seiner Seele von den Meistern in Dresden, von der Hofkapelle, der Kammermusik und der glänzenden Oper, die Kurfürst August damals hielt, Vorstellungen gebildet hatten, vor denen die Märchen aus Tausendundeiner Nacht verblassen mußten.
    Dies wußte der alte Bach sehr wohl, und den Knaben mit einigen leichten Aufträgen fortschickend, überließ er ihn sich selbst und seinen phantastischen Träumen ...
    Einige Tage später verließ Sebastian Bach mit Friedemann das stille Weimar. Einen letzten Gruß noch, ehe das heimische Dach ihren Blicken entschwand, sandten Gatte und Sohn der daheimbleibenden Bachin zu; sie hatte, das jüngste ihrer Kinder, Bernhard, auf dem Arm, genug zu tun, um den wilden Christoph zurückzuhalten, während der dreijährige Emanuel laut weinend dem Vater nachschrie, weil er meinte, der komme nicht wieder.
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    Die Einfachheit und Ruhe, die fast nie gestörte Gleichförmigkeit einer kleinen Stadt wie Weimar, eines Hauses wie des Bachschen, bildete den schreiendsten Gegensatz zu dem wirren Treiben der Residenz Dresden, zu dem vielfarbigen Wechsel der Begebenheiten am Hofe Kurfürst Augusts des Starken.
    Weimar hatte sich während der letzten dreißig Jahre wenig verändert, und Hof und Stadt lebten in einem patriarchalischen Gleichmaß der Tage. Weder Staats- noch Skandalaffären, weder üppige Pracht noch drohende Wetter der Zukunft hatten die Bewohner dieses Ländchens beunruhigt. Weimarisch Thüringen war einfältig, genügsam und anspruchslos; Elend und Mangel waren aber auch noch fremde Gäste in diesen friedlichen Tälern. Man
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