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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition)
Autoren: Stephanie Parris
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und Courcelles waren davon überzeugt, dass Ihr uns hintergangen habt. Aber wisst Ihr, worauf ich sie hingewiesen habe?«
    »Ja?« Ich bemühe mich, keine Gefühlsregung erkennen zu lassen.
    »Ich habe gefragt: Wo ist Archibald Douglas? Eh?« Sichtlich zufrieden mit seinen eigenen Fähigkeiten, Schlussfolgerungen zu ziehen, versetzt er mir einen leichten Rippenstoß. »Seit den Verhaftungen hat ihn niemand mehr gesehen oder von ihm gehört. Da liegt die Antwort. Und er gehört zu den Männern, deren Loyalität man für einen Schilling kaufen kann. Meint Ihr nicht auch?«
    »O doch.«
    »Nein, ich habe ihm nie getraut. Und dann ist William Fowler unter dem Verdacht, diese Mädchen am Hof ermordet zu haben, verhaftet worden, obwohl ich mir nicht erklären kann, welchen Grund sie zu dieser Annahme haben. Ich habe ihn immer für einen ruhigen, sanftmütigen Mann gehalten. Und wer weiß, was er ihnen auf dem Streckbett alles erzählt.« Er stößt zischend den Atem aus. »Ich werde hier in England noch lange Zeit in Angst vor Anschuldigungen leben, Bruno. Das ist vermutlich der Preis dafür, kein reines Gewissen zu haben. Aber eines sage ich Euch – ich werde nie wieder mich oder die Botschaft Seiner Majestät in solche geheimen Intrigen hineinziehen lassen, egal wer mich dazu zu überreden versucht.« Er seufzt tief. »Manchmal bezweifle ich, dass es überhaupt möglich ist, hinter der Fassade, die ein Mann der Welt zeigt, sein wahres Gesicht zu erkennen.«
    Ich grunze zustimmend und senke den Kopf, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
    Als wir uns dem Ende des Turnierfeldes nähern, entsteht Unruhe in der Menge; die Leute murren lautstark, weil jemand versucht, sich unter Einsatz der Ellbogen zum Tor durchzudrängen. Sowie der Mann sich auf einer Höhe mit uns befindet, dreht er sich um, und ich erkenne den spanischen Botschafter Mendoza. Hinter dem schwarzen Bart wirken seine Züge wie aus Granit gemeißelt. Er sticht Castelnau mit einem behaarten Zeigefinger fast in das Gesicht.
    »Mein Herrscher ist empört«, zischelt er durch die Zähne.
    Castelnau strafft sich würdevoll.
    »Wann ist er das nicht?«
    »Ich bin aufgefordert worden …« Mendoza senkt die Stimme. Vor Anstrengung, seine Wut zu unterdrücken, läuft sein Gesicht dunkelrot an. »Ich, Don Bernadino de Mendoza, bin aufgefordert worden, einem Komitee von Kronratsmitgliedern wie ein Schuljunge Rede und Antwort zu stehen! Ihr auch?«
    »Noch nicht«, erwidert Castelnau gleichmütig, als wir durch das Tor auf die Straße hinaustreten, wo Beamte und bewaffnete Wachposten uns anweisen, in ordentlichen Reihen unsere Plätze hinter den Barrieren einzunehmen.
    »Die Königin beschuldigt König Philip, sich gegen sie verschworen zu haben«, fährt Mendoza erregt fort. »Ist Euch klar, dass ich deswegen des Landes verwiesen werden könnte?«
    »Dasselbe Schicksal könnte mir drohen.«
    »Aber ich wüsste nicht, dass Ihr verhört worden seid. Und trotzdem war es jemand in Salisbury Court, der Walsingham unsere Pläne verraten hat.«
    »Walsingham hat Throckmorton verhaftet. Sie haben sein Haus durchsucht. Soweit ich weiß, hat er ebenso viele Briefe zwischen Euch und Maria hin und her befördert wie zwischen mir und ihr. Es ist denkbar, dass die Euren weniger vorsichtig verfasst waren.« Castelnau bleibt bemerkenswert ruhig. Mendozas Barthaare stellen sich auf, und er funkelt mich finster an.
    »Ich bin nicht derjenige, der einen bekannten Gegner der katholischen Kirche unter seinem Dach beherbergt hat. Ich habe es Euch schon einmal gesagt, Michel – Ihr lasst Euch zum Narren halten. Wenn ich aus England verbannt werde, wird mein Herrscher dafür sorgen, dass Ihr und Euer König einen hohen Preis dafür bezahlt.«
    Ich hole gerade tief Luft, um mich hitzig zu verteidigen, als mein Blick auf die Menge auf der anderen Straßenseite fällt und mein Herzschlag kurz aussetzt – ich bin sicher, ihn in der Masse der Gesichter ausgemacht zu haben, nur für den Bruchteil einer Sekunde lang: das spöttische Grinsen unter der alten, speckigen Kappe, das lakonische Zwinkern, und dann ist er fort, vom Menschenmeer verschluckt worden. Ich kneife die Augen zusammen, versuche ihn wiederzufinden, kann ihn aber nirgendwo mehr entdecken und frage mich endlich, ob sein Gesicht nur eine Ausgeburt meiner nächtlichen Albträume war. Aber ich darf kein Risiko eingehen, also ducke ich mich hinter Castelnau, kämpfe mich durch das Gewühl verärgerter Zuschauer und packe den
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