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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition)
Autoren: Stephanie Parris
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und die Bücher in der Truhe betrachte, erkenne ich, wie sehr er mir fehlen wird. »Mit all Euren Büchern?«, beende ich den Satz wenig überzeugend.
    »Janes Bruder wird hier wohnen und sich um die Bibliothek kümmern«, erwidert er obenhin. »Ihr könnt sie natürlich benutzen, wann immer Ihr wollt, Bruno, macht Euch deswegen keine Sorgen.«
    Ich bin versucht, ihn zu fragen, ob Jane es auch als einmalige Gelegenheit ansieht, ihre Familie zu entwurzeln und mit zwei kleinen Kindern durch halb Europa zu reisen. Ihr Gesicht verrät mir die Antwort – aber ich weiß nicht, was sie von mir erwartet. Dee hat Recht, bezüglich der Morde sind am Hof noch immer Gerüchte im Umlauf, und die Prophezeiungen verset zen die Leute in Unruhe – all das muss die Regierung ersticken, wenn die Ordnung wiederhergestellt werden soll. Welche andere Wahl hätte er denn? Mein Freund würde sich unweigerlich auf der falschen Seite der neuen Gesetze wiederfinden. Elisabeth verbannt ihn quasi, um sein Leben und seinen Ruf zu retten. Man muss es ihm zugutehalten, dass er sich entschlossen hat, diese Verbannung als einen neuen Anfang zu betrachten. Genau das habe ich während der vergangen sieben Jahre versucht, aber es fällt mir mit jedem Jahr schwerer. Alter und Entfernung wecken ein Heimweh in mir, das alle Freiheiten, die ich in England genieße – lesen, schreiben und veröffentlichen zu können, was ich will, ohne die Inquisition fürchten zu müssen –, nicht ganz aufwiegen können.
    »Kommt.« Dee winkt mich in sein privates Studierzimmer, wo ich einst zugesehen hatte, wie Ned Kelley die apokalyptischen Worte der Geister erfunden hat. Auch hier werden Dees magische Gerätschaften für die Reise verpackt. Der Kristall und mehrere Wachssiegel liegen in einer verzierten, mit dem roten Seidentuch umwickelten Schatulle, daneben stapeln sich die Notiz- und Tagebücher.
    »Dann erzählt mir jetzt alles.« Er klopft auf den Deckel einer der Truhen und fordert mich auf, Platz zu nehmen. »Haben sie Howard angeklagt?«
    »Er wird noch verhört. Alles, was sie gegen ihn in der Hand haben, ist die Liste sicherer Häfen und katholischer Edelleute, die sie bei Throckmorton gefunden haben, als er auf der Straße abgefangen wurde. Sie behaupten, sie wäre in seiner Handschrift verfasst, aber er streitet das natürlich ab. Und die Königin ist sehr darauf bedacht, vorsichtig mit ihm zu verfahren.« Elisabeths Entschluss, Howard so behutsam wie möglich zu behandeln, ist für mich ein Quell großer Sorge, was ich Dee aber verschweige. Ihre Weigerung, eine peinliche Befragung zuzulassen, hat dazu geführt, dass er und der Kronrat in eine Art Sackgasse geraten sind, und auch wenn er formell des Verrats bezichtigt wird, kann es passieren, dass sie ihn freilässt, um ihre katholischen Untertanen zu beschwichtigen. Wenn das geschieht, wird er die Suche nach mir unverzüglich wieder aufnehmen, davon bin ich überzeugt.
    »Aber sie haben doch sicher Arundel House durchsucht?« Dee fährt fort, überall herumzuhantieren, hebt Gegenstände auf und stellt sie wieder zurück. Er fühlt sich zwischen seinen zur Hälfte verpackten Habseligkeiten sichtlich unwohl.
    »Vom Keller bis zum Dach, hat Walsingham gesagt.« Ich zögere. »Sie haben das Buch nicht gefunden, John. Er hätte es erwähnt, wenn das der Fall gewesen wäre, da bin ich ganz sicher.«
    Dee schüttelt bekümmert den Kopf.
    »Nicht auszudenken, dass Ihr es in den Händen gehalten habt. Hört zu – während ich in Böhmen bin, werde ich jede Abhandlung, jedes Manuskript und jedes antike Traktat über Geheimschriften studieren, das ich finden kann. Ich werde Kaiser Rudolfs berühmteste Gelehrte zu Rate ziehen. Und in der Zwischenzeit müsst Ihr Euch das Buch verschaffen.« Er zeigt mit dem Finger auf mich.
    »Es wurden keine Beweise gegen Philip Howard gefunden, als sie Throckmortons Haus durchsucht haben«, sage ich. »Der Earl und seine Frau haben sich wohlweislich vom Hof zurückgezogen, bis über das Schicksal seines Onkels entschieden ist. Ich könnte darauf wetten, dass Howard ihm vor seiner Verhaftung das Buch in Verwahrung gegeben hat.«
    Dee überdenkt dies mit schief gelegtem Kopf. »Nun – da habt Ihr ja während meiner Abwesenheit eine Aufgabe.« Er lächelt traurig. »Throckmorton wird hängen, nehme ich an? Und Fowler?«
    »Wenn sie im Tower mit ihm fertig sind«, erwidere ich, und dann verstummen wir beide. Getreu seiner Ankündigung hat Fowler nichts gestanden; die erfahrensten
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