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Fremder an meinem Ufer

Fremder an meinem Ufer

Titel: Fremder an meinem Ufer
Autoren: Lindsay Gordon
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Neopren aussah. »Plauderst du so mit jedem, der hier vorbeikommt?«
    Jess stellte fest, dass sie tatsächlich errötete, als ihr die einfache Tatsache aufging, was sie getan hatte. Sie hatte einen Mann aufgenommen, der auf der Flucht vor den Behörden und bestenfalls wenig mehr als ein Fremder und schlimmstenfalls ein krimineller Gegner war, und es mit ihm getrieben. Anschließend hatte sie ihn, splitternackt bis auf die Schutzhandschuhe, an ihr Bett gefesselt. Unschuldig stellen konnte sie sich wohl kaum. Sie neigte den Kopf, unterdrückte ein Lächeln und versuchte ihr Haar so schwingen zu lassen, dass es ihr Gesicht verdeckte. »Nein. Das ist das erste Mal.«
    Er beobachtete sie mit einer Mischung aus Argwohn und etwas, das sie nicht deuten konnte. »Ich kann ehrlich nicht sagen, ob das gut oder schlecht ist.« Er warf einen Blick auf seine linke Hand. »Feuerfeste Sachen?«
    Sie nickte. »Hat man ausgegeben, als du letzten April ausgebrochen bist.« Sie fand es sinnlos, ihre Verbindung zu den Vindicators zu leugnen – offensichtlich hatte er gehört, wie Brahma ihren »offiziellen« Namen gebraucht hatte. So wichtig war es ohnehin nicht; die meisten professionellen Superhelden benutzten sie nur, um den Paparazzi zu entwischen.
    Sein Blick glitt zu den dicken Lederriemen, die seine Arme festhielten. »Die hier sehen aus, als könnte man sie vielfältiger anwenden.«
    Wieder errötete sie. »Die sind vom letzten Jahr, als Captain Conundrum aus dem Gefängnis von Utumno geflüchtet ist.«
    »Aha.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Jetzt verstehe ich natürlich, dass sie vollkommen harmlos sind.« Er ließ den Blick an seinem Körper hinabgleiten und zog ihren mit. »Obwohl es mich wahrscheinlich beruhigen sollte, dass das abgesehen davon die übliche Festnahmemethoden der Vindicators von Mercury Bay oder der Polizei sind.«
    Sie erwiderte seinen Blick. »Du musst es ja wissen.«
    »Allerdings.« Er behielt ihr Gesicht mehrere Sekunden im Auge. »Also …« Er schlug die Beine übereinander – eigentlich nur die Fußknöchel –, lehnte den Kopf zurück und sah aus wie jemand, der sich an einem Strand sonnt und nicht eine Sorge auf der ganzen Welt hat. »Du wolltest plaudern?«
    Das Gespräch hatte nicht so begonnen, wie Jess gehofft hatte, aber sie war sich sicher, dass sie diese Eröffnung nutzen konnte, um die Situation wieder umzudrehen. »Ich hatte eigentlich vorgehabt, dir einen Gefallen zu tun und dir lieber zu erklären, was mit dir passieren wird, als …« Sie unterbrach sich und zog einen Mundwinkel hoch. »Als es dich auf die harte Tour herausfinden zu lassen.«
    Er neigte den Kopf leicht zur Seite. »Das klingt ein wenig unheimlich. Hast du plötzlich beschlossen, die Seiten zu wechseln? Höre ich deinen ersten Monolog? Wenn das so ist, muss ich sagen …«
    »Sei still«, fauchte sie. »Außer, du willst, dass ich dich wieder bewusstlos mache, dich anziehe und der Polizei einen anonymen Tipp gebe.«
    Er wollte antworten, überlegte es sich jedoch anders und schwieg.
    Jess nickte. »So ist es besser. Verstehst du, ich könnte dich festnehmen. Aber die Sache ist die, dass ich Urlaub habe.« Sie trat um den Bettpfosten herum und setzte sich auf den Rand der Matratze. »Ich hatte nicht wirklich etwas vor, aber mir war zweifelsfrei klar, dass ich nichts mit der Arbeit zu tun haben wollte. Dich festzunehmen, wäre aber Arbeit, und das widerspräche dem ziemlich.«
    »Ich hoffe, du verzeihst mir diese Bemerkung«, gab er zurück, »aber in diesem speziellen Fall hast du das Prinzip ›verschiebe nichts auf morgen, was man nicht genauso gut auf übermorgen verschieben kann‹ auf eine völlig neue Ebene gehoben.«
    »Nun ja«, sagte sie. Eine ihrer Hände lag auf seinem Bein und spielte mit dem feinen Haar darauf. »Wir verstehen uns ja auch ganz gut.«
    Er rückte ein wenig auf dem Bett herum, gerade so viel, dass die Lederriemen um die Bettpfosten sich bewegten. »Abgesehen von den offensichtlichen Gegensätzen muss ich dir zustimmen.«
    »Und …« Sie sah zu, wie sich ihre Hand fast von ganz allein an seinem Schenkel hinaufbewegte. »Es ist fast, als wärst du mein Eigentum.«
    »Wie bitte?« Das hätte empört klingen können, doch seine Stimme war sanft.
    Sie zuckte die Achseln. »Ja, ich kann dich festnehmen.« Ihre Fingernägel kratzten über seine Hüfte. »Oder wir beide könnten für den Rest meines Urlaubs ein kleines Spiel spielen. Du bist mein Eigentum.«
    Er sah sie an, doch sie wich seinem
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