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Fremder an meinem Ufer

Fremder an meinem Ufer

Titel: Fremder an meinem Ufer
Autoren: Lindsay Gordon
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Beliebtheit bei den Bürgern von Mercury Bay, die sie als eine Art Superheldin zum Anfassen betrachteten. Es gab sogar eine Gruppe weiblicher Undergroundpunks, etwas zwischen einem Fanclub und einer wohlmeinenden Gang, die versuchten, auf Skateboards so gut wie möglich ihre Form der Bewegung nachzuahmen.
    »Timbre!« Anna Davida winkte ihr zu, als sie die Lobby durchquerte. »Du bist wieder da! Toll siehst du aus!«
    Jess zog eine Grimasse. »Ach ja? Ist ja komisch. Ich bin gar nicht weggewesen.«
    Anna zog die Augenbrauen hoch. »Nicht?«
    »Timbre ist in ihrem Urlaub zu Hause geblieben.« Der Blaue Brahma stand gleich hinter der Tür zum großen Besprechungsraum. Er klang verwirrt und irgendwie missmutig.
    »Hi, Blue«, sagte Jess, denn sie achtete darauf, im Hauptquartier immer Codenamen zu verwenden. Es war ihr nicht leicht gefallen, sich das anzugewöhnen. »Habe ich noch etwas Aufregendes verpasst, nachdem du meine Balkontür zerschmettert hast?«
    Der Brahma runzelte die Stirn. »Damit hatte ich nichts zu tun, Timbre. Ich habe nur kurz vorbeigeschaut, um nach Cinder zu suchen.« Brahma klang säuerlich, als er den Namen, den Nathan in der Öffentlichkeit trug, aussprach.
    »Klar.« Jess lächelte selbstzufrieden. »Und, hast du ihn gefunden?«
    Der Brahma seufzte. »Endlich, ja. Gerade heute Morgen.«
    Nur ein paar Meter vor dem Besprechungsraum blieb sie wie angewurzelt stehen. Die meisten Vindicators waren anwesend, gingen in verschieden großen Grüppchen umher und plauderten, bevor die Besprechung begann; aber Jess konnte sie kaum hören, so laut dröhnte es in ihren Ohren. »Du hast ihn geschnappt?«
    »Geschnappt?« Der Brahma schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, diese Zeiten sind vorbei.« Er nickte Night Sparrow zu, der an ihnen vorbeiging. »Nein, er ist heute Morgen einfach aufgetaucht wie ein schlecht erzogener Hund, dem endlich wieder eingefallen ist, wo sein Futternapf steht.«
    »Das ist aber nicht fair, Blue.« Jasmin tauchte neben Brahma auf. »Hallo, Timbre.«
    »Hi, Jas.« Jess war wie vom Donner gerührt. Sie folgte Jasmin, die auf eine der größeren Gruppen in der Nähe des Podiums, auf dem der Major sprechen würde, zuging. »Was meinst du damit, dass er aufgetaucht ist? Hat er sich ergeben?«
    Jasmin lächelte. »Selbstverständlich n … Oh!« Sie schüttelte den Kopf. »Natürlich, du hattest ja während seines Prozesses Urlaub.«
    » Wessen Prozess?«
    »Meinem, vermute ich mal.«
    Diese Stimme kannte sie – sie war sich ziemlich sicher, dass sie sie besser kannte als jeder andere im Raum –, und trotzdem konnte sie es nicht glauben. Cinder – in seiner kompletten Ausrüstung, von der sich Jess deutlich erinnerte, sie in ihren Geheimschrank gesteckt zu haben – löste sich aus einer Gruppe in der Nähe des Podiums und nahm spöttisch Haltung vor ihr an. »Hi. Nicht angreifen. Ich bin einer von den Guten.«
    Jess klappte die Kinnlade herunter. »Wie …? Wer …?«
    »Gerichtliche Verfügung«, erklärte der Brahma. »Wenn ich mich recht erinnere, meinte der Richter, jede Gefängnisstrafe würde durch eine Aussetzung zur Bewährung oder Cinders wohldokumentierte Fähigkeiten unakzeptabel verkürzt, also hat er ihm stattdessen Sozialstunden verordnet.« Er sah mit unverhohlenem Abscheu auf Cinder hinunter. »Zehntausend Stunden, abzuleisten als provisorisches Mitglied der Vindicators.«
    »Das macht mehr oder weniger fünf Jahre, wenn ich keine Überstunden schiebe.« Grinsend boxte Nathan leicht gegen die Schulter des Brahma. »Big Blue hier ist mein Bewährungshelfer.«
    »Nenn mich nicht so.«
    »Schon gut.«
    »Aber …« Jess verstummte.
    »Alle mal herhören. Lasst uns anfangen, damit wir irgendwann einmal fertig werden.« Der Major hatte das Podium betreten und rief die Vindicactors wie immer zur Ordnung. »Wir haben viel zu tun.«
    Gespräche wurden leiser und erstarben, und die Helden nahmen ihre Plätze ein. Jess ließ sich auf ihren fallen. Sie fühlte sich erschlagen und wie betäubt. Nathan, der in der Reihe hinter ihr saß, beugte sich nach vor. »Bist du okay?«
    »Ich …« Sie rückte auf ihrem Platz herum. »Ich weiß nur nicht recht, was ich tun soll.«
    »Nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf und sah ins Leere. »Nein.«
    »Hmmm …«, murmelte Nathan. »Das ist interessant. Weißt du …« Er kam noch näher. Sie roch sein Haar. Es duftete nach ihrem Shampoo. »Ich dachte, wir könnten heute Abend ein neues Spiel spielen.«
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