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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt
Autoren: Christopher Ross
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    Heya! Heya!«, feuerte Clarissa die Hunde an. »Wollt ihr wohl laufen, ihr müden Gesellen? Ihr wisst doch, was morgen für ein Tag ist! Alex würde es uns nie verzeihen, wenn wir zu spät kommen. Heya, bewegt euch endlich!«
    Clarissa stand mit beiden Beinen auf dem Trittbrett ihres Schlittens und strahlte vor Glück. In dem Paket auf der Ladefläche war ihr Brautkleid, ein Traum aus cremefarbener Seide, wie ihn sich sonst nur wohlhabende Ladys aus Vancouver oder Victoria leisten konnten. Die Seide hatte ihr ein japanischer Kapitän geschenkt, den Alex auf einen Jagdausflug mitgenommen hatte, und genäht hatte es ihre indianische Freundin aus Kwinitsa, die einige Jahre bei einem Schneider in die Lehre gegangen war.
    Sie hatte es persönlich abgeholt, damit noch ein paar Änderungen vorgenommen werden konnten, und mit kostbaren Pelzen bezahlt. Seit zwei Jahren lebte sie mit Alex schon in der Wildnis, in einer Blockhütte ungefähr zwanzig Meilen nördlich von Port Essington, dem Handelszentrum am Zusammenfluss von Skeena und Ecstall River. Vor einem Friedensrichter hatten sie sich gleich nach ihrer Ankunft das Jawort gegeben, doch morgen würden sie ihren Bund auch vor Gott beschließen und nach dem langen und harten Winter endlich wieder einen Grund zum Feiern haben. Allein bei dem Gedanken an den köstlichen Kuchen, den die Frau des Pastors backen wollte, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Über ihren Beerenkuchen ging nichts!
    »Vorwärts, Smoky! Was ist los mit dir? Hast du das Laufen verlernt?« Smoky war ihr Leithund, seit Billy vom Huf eines wütenden Elchs getroffen worden und wenig später gestorben war. Er war nicht mehr so übermütig wie vor etwas mehr als zwei Jahren, als sie zum ersten Mal dabei geholfen hatte, ihn vor einen Schlitten zu spannen, und kräftiger und besonnener. Nur manchmal, wenn sie wie jetzt auf einem ausgetretenen Pfad unterwegs waren, blitzte noch der jugendliche Übermut durch, und er legte sich mit dem jungen Charly an, der direkt hinter ihm lief und sich nur schwer unterordnen konnte.
    Sie mochte die Fahrten mit dem Hundeschlitten, auch jetzt im beginnenden Frühjahr, wenn die Tage länger wurden, und der Schnee langsam unter den Kufen schmolz. Hier unter den Bäumen war er noch kalt und fest, und die Hunde brauchten keine Angst zu haben, sich am felsigen Boden die Pfoten aufzureißen. Wie Clarissa erfreuten sie sich an der klaren Luft, die unter den mächtigen und weit ausladenden Douglasfichten noch frischer und würziger war und ihnen das Gefühl gab, wirklich am Leben zu sein. Clarissa genoss jeden Atemzug, sog die Luft tief in die Lungen und konnte nicht verstehen, warum sie Vancouver nicht schon viel früher verlassen hatte und in die Wildnis gezogen war. Das Gefühl, in dieser Einsamkeit mit der Natur zu verschmelzen und nur den Atem der Huskys und das Knarren der Schlittenkufen zu hören, war unvergleichlich und erfüllte sie mit tiefer Zufriedenheit. Fernab der Zivilisation im kanadischen Busch zu leben, noch dazu mit einem aufrichtigen Mann wie Alex Carmack, war mehr, als sie vom Leben erwarten durfte.
    Clarissa lenkte den Schlitten aus dem Wald und auf die verschneite Wagenstraße, die nach Port Essington führte. Der frische Abendwind blies ihr ins Gesicht und färbte ihr schmales Gesicht und die hohen Wangen, die ihr ein leicht exotisches Aussehen verliehen. Unter ihrer Pelzmütze flatterten schwarze Haare hervor. Das Leben in der Wildnis bekam ihrer Haut gut, es hatte die ungesunde Blässe vertrieben, die man bei den Frauen in den großen Städten so schätzte. Ihre dunklen Augen strahlten, als würde ein unsichtbares Feuer darin brennen, und wenn sie einen Fuß vom Trittbrett nahm und den Schlitten anschob, verriet sie trotz ihrer schlanken Gestalt eine ungewöhnliche Entschlossenheit, die selbst Fallensteller und Indianer beeindruckte. Kaum noch etwas erinnerte an die Frau, die sich nach dem Tod ihrer Eltern als Haushälterin bei wohlhabenden Familien durchgeschlagen hatte.
    »Gleich haben wir es geschafft«, rief sie den Hunden zu. »Was meint ihr? Ob mir das Kleid steht? Ich würde wie eine Prinzessin darin aussehen, sagt meine Freundin in Kwinitsa, aber was wird Alex dazu sagen? Der kennt mich doch nur in langen Hosen oder im Rock. Ich wette, er wird ohnmächtig, wenn er mich im weißen Kleid sieht.« Sie kicherte. »Oder er biegt sich vor Lachen. Ich kann ihn mir auch nicht im Anzug vorstellen.«
    Smoky verstand kein Wort, er drehte sich nicht mal um. Er
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