Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt
Autoren: Christopher Ross
Vom Netzwerk:
ahnte zwar, dass die Zweibeiner, bei denen er wohnte, etwas Besonderes im Schilde führten, nur dass sie am nächsten Morgen in festlicher Kleidung vor den Altar treten und noch einmal die Ringe tauschen und sich anschließend auf einer riesigen Party vergnügen würden, verriet ihm sein Instinkt nicht. Die Bürger der kleinen Stadt sprachen seit Tagen von nichts anderem. Obwohl Clarissa und Alex noch nicht lange bei Port Essington lebten, schätzten sie den wortkargen Fallensteller, vor allem aber Clarissa, die zu jedem hilfsbereit und freundlich war und sogar als Lehrerin ausgeholfen hatte, als Mrs Pratt krank gewesen war.
    Die meisten wussten, dass beide aus dem Süden kamen und Clarissa als Haushälterin in Vancouver gearbeitet hatte. Den wahren Grund dafür, warum sie nach Norden gekommen waren, kannte nicht mal ihre Freundin in Kwinitsa. Sie hätte die abenteuerliche Geschichte sowieso nicht geglaubt.
    Manchmal konnte selbst Clarissa nicht glauben, welche Abenteuer sie während der letzten Jahre erlebt hatte. In Vancouver hatte Frank Whittler, der Sohn des reichen Eisenbahnmanagers, für den sie als Haushälterin gearbeitet hatte, sie beinahe vergewaltigt und anschließend behauptet, sie habe ihm Geld gestohlen. Als er die Polizei auf sie gehetzt hatte, war sie in die Wildnis geflohen. Ihr Leben verdankte sie einem geheimnisvollen Wolf, der sie zu Alex’ Hütte geführt hatte, als ihr Frank Whittler und die Verfolger zu nahe gekommen waren. Ein Geisterwolf, wie die Indianer behaupteten, der sie beschützte, seitdem sie ihn verarztet und ihm das Leben gerettet und hatte. Eine Reihe von glücklichen Zufällen, behauptete Alex, der nie etwas mit Geistern im Sinn hatte, und stets das Gesicht verzog, wenn sie von dem Wolf erzählte.
    Er war auch nicht dabei gewesen, als Bones den von seinem Hass besessenen Frank Whittler mit gefletschten Zähnen vertrieben hatte. Bones … So hatte sie den Wolf wegen seines knochigen, aber sehr zähen Körpers genannt. Wie eine Furie hatte er sich auf Whittler gestürzt und ihn davongejagt. Wenig später war herausgekommen, dass Whittler gelogen hatte, seine Verlobte war ihm weggelaufen, und er hatte sich nie mehr blicken lassen. Auch Alex, den er wegen Beihilfe zur Flucht vor Gericht bringen wollte, wurde nicht mehr gesucht. Dennoch hielt sie sich bedeckt, wenn ein Fremder in der Stadt auftauchte, aus Angst, Whittler könnte einen seiner Männer geschickt haben.
    An diesem Abend hatte sie keinen Grund, ihn zu fürchten. Die Kirche und das Gemeinschaftshaus waren festlich geschmückt, die Frau des Pfarrers und ihre Freundinnen standen in der Küche und backten Kuchen, und alle freuten sich auf die bevorstehende Hochzeit und das anschließende Fest. Noch war Port Essington eine halbe Geisterstadt, und die wenigen Einwohner, die im Winter geblieben waren, fühlten sich als große Familie. Der Großteil der Bürger würde erst im Frühjahr wiederkommen, wenn sich die Lachse in den Flussmündungen versammelten, und die Arbeit in den beiden Konservenfabriken wieder auf Hochtouren lief. Dann fuhren auch die Flussdampfer wieder über den eisfreien Skeena River nach Hazelton, voll beladen mit Handelswaren für die Menschen in dem bedeutenden Handelszentrum.
    Die Sonne stand schon weit im Westen und berührte das Wasser der scheinbar endlosen Bucht, als Clarissa den Schlitten über die Hauptstraße lenkte. In den meisten der teilweise auf Pfählen gebauten Häuser brannten bereits die Petroleumlampen, und ihr gelber Lichtschein spiegelte sich im Schnee und im nahen Fluss. Der Schnee auf den Giebeldächern war nach unten gerutscht. »In einer Woche ist der Schnee weg«, rief sie den Hunden zu. »Noch zwei oder drei Touren, dann könnt ihr euch auf die faule Haut legen.«
    Sie ließ ihren Blick über die Bucht und den breiten Skeena River gleiten. Einige Indianer paddelten in ihren Kanus über den eisfreien Fluss und suchten mit ihren Speeren nach Beute. Ein Fischadler kreiste weit über ihnen, die dunklen Schwingen weit ausgebreitet. Für einen winzigen Augenblick glaubte sie, die gelben Augen eines Wolfes am Waldrand zu erkennen, und sie fühlte sich bereits an Bones erinnert, doch sie verschwanden sofort wieder, und es wäre wohl auch ein zu großer Zufall gewesen, wenn er ihr nach zwei langen Jahren bis in den Hohen Norden gefolgt wäre. Auch sie wusste mittlerweile, dass Wölfe am liebsten im Rudel umherzogen und ihr angestammtes Revier nur in höchster Not verließen. Vielleicht hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher