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Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind
Autoren: A Hollinghurst
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seine Freunde sich ins Gras legten oder in Stechkähnen vorbeiglitten. »Übrigens wurde er in die Conversazione Society berufen«, äußerte sie vorsichtig.
    »Tatsächlich …«, sagte Clara mit einem angedeuteten Kopfschütteln.
    »Eigentlich dürfen wir davon nichts wissen, aber ich glaube, es geht um Philosophie. Cecil Valance hat dafür gesorgt, dass er aufgenommen wird. Sie debattieren über verschiedene Ideen. George meinte mal, sie sprächen zum Beispiel über die Frage: ›Existiert dieser Kaminvorleger, oder existiert er nicht?‹ Solche Sachen.«
    »Die ganz großen Fragen«, sagte Clara.
    Freda lachte schuldbewusst. »So wie ich es verstanden habe, ist die Mitgliedschaft eine große Ehre.«
    »Und Cecil ist älter als George«, sagte Clara.
    »Ich glaube, zwei, drei Jahre älter, und bereits ein Experte für bestimmte Aspekte des Indischen Aufstands. Offenbar macht er sich Hoffnungen auf eine Stelle als Fellow am College.«
    »Er ist sicher eine große Hilfe für George.«
    »Nun ja, ich glaube, dass sie gute Freunde sind.«
    Clara ließ ein paar Sekunden verstreichen. »Ganz gleich, aus welchem Grund«, sagte sie. »George blüht jedenfalls auf.«
    Freda griff die Vorstellung ihrer Freundin auf und lachte steif. »Ich weiß«, sagte sie. »Ja, er entwickelt sich zur Blüte, endlich!« Das Bild gefiel ihr, aber es hatte auch etwas Beun ruhigendes. Daphne steckte den Kopf durchs Fenster und rief: »Sie kommen!«, fast wütend auf die beiden Damen, weil sie davon noch nichts wussten.
    »Ah, gut«, sagte ihre Mutter und erhob sich wieder.
    »Keine Sekunde zu früh«, bemerkte Clara Kalbeck mit einem trockenen Lachen, als wäre auch ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt worden.
    Daphne sah sich rasch um, bevor sie sagte: »Er ist wirklich außerordentlich charmant, aber er hat ein ziemlich durchdringendes Organ.«
    »Du nicht minder, meine Liebe«, sagte Freda. »Und jetzt führ ihn herein.«
    »Ich mache mich davon«, sagte Clara leise und ernst.
    »Unsinn«, gab Freda erwartungsgemäß klein bei und ging in die Halle. Zufällig war gerade Hubert von der Arbeit nach Hause gekommen, stand, noch mit Bowler, vor der Eingangstür und warf zwei braune Koffer ins Haus.
    »Die habe ich mit dem Lieferwagen abgeholt«, sagte er.
    »Oh, das muss Cecils Gepäck sein«, sagte Freda. »Ja, hier steht es, › C. T. V. ‹. Sei vorsichtig.« Ihr älterer Sohn war ein kräftiger Junge mit einem erstaunlich buschigen Schnauzer, doch das Gespräch von eben noch im Ohr, erkannte sie auf den ersten Blick, dass er noch nicht zu voller Blüte gelangt war und dass ihn eine Vollglatze zieren würde, ehe es dazu käme. »Für dich ist ein Päckchen angekommen, das sehr verlockend aussieht. Guten Abend, Hubert.«
    »Guten Abend, Mutter.« Hubert beugte sich über die Koffer und küsste seine Mutter zur Begrüßung auf die Wange – es war das Steife, Komödiantische ihrer Beziehung, das ledig lich unterstrich, dass Hubert nicht leicht zu erheitern war, die Komik, die ihrer beider Auftritt anhaftete, vielleicht nicht einmal ahnte. »Das hier?« Er zeigte auf eine in rotes Glanzpapier eingewickelte Schachtel. »Sieht eher aus wie für eine Dame.«
    »Nun – das hoffe ich«, sagte seine Mutter, »es ist von Mappin’s.« Draußen am Gartentor, das den ganzen Tag of fen gestanden hatte, erschienen jetzt die Angekündigten, ver harrten kurz auf dem vom milden Licht beschienenen Weg, George und Cecil Arm in Arm, die gegen die Dämmerung anstrahlten, und Daphne, hinter ihnen, mit großen Augen und einer eigenen Rolle in dem Drama, der Figur, die die beiden entdeckt hatte. Im ersten Moment hatte Freda den Eindruck, Cecil würde George ins Haus führen, statt dass George seinen Freund der Familie vorstellte; und Cecil, als er in seinem sommerlichen Leinenanzug, nur den Hut in der Hand, die Schwelle überquerte, schien ungewöhnlich unbeschwert, als käme er geradewegs aus seinem eigenen Garten.

3
    O ben im Gästezimmer hievte Jonah den ersten Koffer auf das Bett und fuhr mit den Händen über das glatte Hart leder, in der Mitte des Deckels waren die Initialen C. T. V. ein geprägt, ihre goldene Farbe bereits verblichen. Er wand sich vor Verlegenheit, seufzte und lauschte auf die Geräusche des Gastes im Haus. Sie brachten sich gegenseitig zum Lachen, unten, und der Lärm drang nach oben, allerdings ohne einen Sinn erkennen zu lassen. Er hörte Cecil Valances Lachen, wie ein eingesperrter Hund, und stellte ihn sich in der Halle stehend
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