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Hauch der Verfuehrung

Titel: Hauch der Verfuehrung
Autoren: Stephanie Laurens
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    London, Anfang Juni 1831
    »Mr. Cunningham, wie ich bereits unmissverständlich klargemacht habe, hege ich kein wie auch immer geartetes Interesse, ein Porträt von Lord Tregonnings Tochter anzufertigen.« Gerrard Reginald Debbington lehnte elegantlässig in einem Polstersessel im Rauchsalon des exklusiven Herrenklubs, dessen Mitglied er war. Seine wachsende Erbitterung zügelnd erwiderte er den Blick von Lord Tregonnings Mittelsmann. »Ich habe diesem Treffen hier zugestimmt in der Hoffnung auf Lord Tregonnings Einwilligung, mir Zugang zu den Gärten von Hellebore Hall zu gewähren, obwohl er von meiner Ablehnung seines Wunsches nach einem Porträt erfahren hat.«
    Er war schließlich der bekannteste Landschaftsmaler seiner Zeit; Lord Tregonnings berühmte Gärten waren längst überfällig für einen Besuch eines Künstlers von seinem Rang und Namen.
    Cunningham erbleichte. Er räusperte sich, blickte auf die Papiere, die auf einem kleinen Tischchen zwischen ihnen lagen.
    Um sie herum füllte diskretes Stimmengemurmel die Luft, das nun jäh verstummte; Gerrard nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass sich der eine oder andere Kopf zu ihnen umdrehte. Andere Klubmitglieder erkannten ihn, doch als sie Cunningham bemerkten und dass es um etwas Geschäftliches ging, verzichteten sie darauf, sich einzumischen.
    Cunningham war Mitte zwanzig und somit ein paar Jahre jünger als der neunundzwanzigjährige Gerrard. Sein nüchtern schwarzer Rock über praktischem Leinen und einer bisquitfarbenen Weste sowie die konzentrierte Aufmerksamkeit, die er seinen Papieren schenkte, wiesen ihn eindeutig als geschäftlichen Vertreter von jemandem aus.
    Als Cunningham schließlich zu einer Antwort ansetzte, hatte Gerrard im Kopf eine Skizze fertig mit dem Titel: »Unterhändler bei der Arbeit«.
    »Lord Tregonning hat mich angewiesen, Ihnen auszurichten, dass er Ihre Vorbehalte verstehen kann, ja, dass es Sie ehrt, keinen Auftrag für ein Porträt einer Person annehmen zu wollen, die Sie noch nicht gesehen haben; doch gerade diese Vorbehalte bestärken ihn nur in seiner Überzeugung, dass Sie genau der Künstler sind, den er für diese Aufgabe benötigt. Seine Lordschaft hat begriffen, dass Sie seine Tochter so malen werden, wie Sie sie sehen, ohne irgendwelche Ausschmückungen oder Verschönerungen. Und genau das wünscht er - er möchte, dass das Porträt eine wahrheitsgetreue Wiedergabe ist, eine Darstellung von Miss Tregonning, wie sie leibt und lebt.«
    Gerrard presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.
    Ohne aufzusehen, fuhr Cunningham fort: »Zusätzlich zu dem angebotenen Honorar können Sie sich innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr so viel Zeit lassen, wie Sie es für notwendig erachten, um das Gemälde fertigzustellen. Während dieser Zeit haben Sie dann auch uneingeschränkten Zugang zu den Gärten von Hellebore Hall und die Erlaubnis, sie nach Belieben zu zeichnen. Sollten Sie es wünschen, können Sie auch einen Freund oder Begleiter mitbringen; Sie beide werden für die Dauer Ihres Auftrags auf Hellebore Hall untergebracht.«
    Gerrard zügelte seine Ungeduld. Er musste das Angebot nicht noch einmal hören, egal, wie reizvoll verpackt es war; er hatte es vor zwei Wochen ausgeschlagen, als Cunningham ihn zum ersten Mal angesprochen hatte.
    Er fing Cunninghams Blick auf. »Ihr Arbeitgeber ist Opfer eines Missverständnisses geworden. Ich male meine Bilder nicht im Auftrag, das habe ich in der Tat noch nie getan. Malen ist eine liebe und interessante Beschäftigung für mich, mein Steckenpferd sozusagen, dem nachzugehen ich reich genug bin. Porträtmalerei hingegen übt bestenfalls eine flüchtige Faszination auf mich aus. Ich mag darin erfolgreich sein, aber sie fesselt mich nicht, sie lässt meine Künstlerseele kalt, wenn Sie so wollen.«
    Das stimmte zwar nicht ganz, aber unter den gegenwärtigen Umständen würde es gewiss durchgehen. »Ich wäre entzückt über die Gelegenheit, die Gärten von Hellebore Hall zu malen; doch ist dieser Wunsch nicht stark genug, um mich zu der Einwilligung zu bewegen, ein Porträt anzufertigen, das zu malen ich keine Lust und keine Veranlassung habe.«
    Cunningham erwiderte seinen Blick. Er holte verkrampft Luft, schaute kurz auf seine Papiere, dann hob er den Kopf und betrachtete einen Punkt irgendwo oberhalb von Gerrards linker Schulter. »Seine Lordschaft hat mich beauftragt, Sie in diesem Fall darüber zu informieren, dass dieses sein letztes Angebot sein wird ... und dass
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